Peacemaker
schüttelte den Kopf.
Der bärtige Mann drückte einen Knopf an der Vorrichtung, und ein kleines rotes Lämpchen fing an zu blinken.
»Ich habe also eine Mission für Sie. Sie lautet: ›Omar möchte nicht seinen eigenen Arsch in die Luft jagen.‹ Es läuft folgendermaßen: Sie bleiben für den Rest Ihrer Schicht hier hocken, lassen den Finger auf dem Auslöser und lächeln jedes Arschloch an, das durch diese Tür marschiert. Wenn Sie jemand nach Cole Ransom fragt, zucken Sie einfach mit den Schultern und stellen sich dumm. Wenn jemand wissen will, wo Ihr Kumpel steckt, zucken Sie ebenfalls mit den Schultern und stellen sich dumm. Ich nehme an, darin sind Sie gut.«
Omar war versucht zu erklären, dass Geldmangel das Einzige gewesen sei, was ihn daran gehindert habe zu studieren, doch ihm war bewusst, dass das in diesem Augenblick keinen Sinn gehabt hätte.
»Wenn Sie Ihre Mission beenden, rufe ich Sie später an und erkläre Ihnen, wie man die Bombe entschärft. Aber wenn ich verhaftet oder erschossen werde oder wenn der Helikopter zurückgerufen wird oder wenn ich es aus irgendeinem Grund mit der Angst zu tun bekomme, dann kann ich mich natürlich nicht melden. Und glauben Sie mir, ganz egal, welches Entschärfungskommando Sie holen, sie werden niemals herausfinden, wie man diese Bombe deaktiviert.«
Omar spürte, wie ihm ein Schweißtropfen den Nacken hinunterlief.
»Operation ›Omar möchte nicht seinen eigenen Arsch in die Luft jagen‹.« Der bärtige Mann schenkte ihm ein zynisches Lächeln. »Sie und ich, wir sitzen jetzt im selben Boot, verstanden?«
Omar nickte.
»Werden Sie Ihre Mission in den Sand setzen?«
»Nein, Sir. Ich möchte am Leben bleiben.«
»Ausgezeichnet!« Der bärtige Mann holte sein Handy hervor, wählte eine Nummer und sprach mit jemandem am anderen Ende der Leitung, als er zur Tür hinaus und auf den wartenden Helikopter zuging, ohne sich dabei besonders zu beeilen. Die Stimme des Mannes am anderen Ende der Leitung war zu leise, als dass Omar ihn hätte verstehen können, doch er hatte gehört, wie dieser den bärtigen Mann begrüßt hatte: Abu Nasir.
Sobald der bärtige Mann in den Helikopter geklettert war, hob dieser ab. Omar sah ihm hinterher, bis er außer Sichtweite war. War das tatsächlich Abu Nasir?
Omar saß eine gefühlte Stunde lang zitternd da. Dann warf er einen Blick auf die Uhr. Nicht einmal eine Minute war vergangen. Funktionierte die Bombe wirklich so, wie der bärtige Mann behauptet hatte? Wahrscheinlich. Würde ihm Abu Nasir jemals verraten, wie er sie entschärfen konnte? Wahrscheinlich nicht.
Omars Hand fing bereits jetzt an zu schmerzen. Er dachte an seinen dreijährigen Sohn und erinnerte sich, was er in jenen ersten Minuten nach Hakims Geburt empfunden hatte. Die Sonne war kurz davor gewesen aufzugehen, und der Himmel hatte in einem tiefen Weinrot geleuchtet. Das ist die Farbe des Glücks , hatte er sich damals gedacht. Omar rann ein weiterer Schweißtropfen den Nacken hinunter, und er fragte sich, ob er seinen Sohn jemals wiedersehen würde. Wahrscheinlich nicht, dachte er niedergeschlagen. Wahrscheinlich nicht.
ZEHNTES KAPITEL
Gideons Vater hatte seine Waffen in einem fensterlosen Raum mit zwei Riegelschlössern an der Tür aufbewahrt. Jedes Mal, wenn sein Vater diesen fensterlosen Raum betrat, verriegelte er beide Schlösser. Und wenn er ihn wieder verließ, verriegelte er die Tür abermals, zuerst das obere Schloss, dann das untere, in unveränderlicher Reihenfolge.
Niemand durfte diesen Raum betreten, nicht einmal die wenigen Männer, die sein Vater als Freunde betrachtete. Doch Gideon hielt sich immer in der Nähe auf und wartete darauf, dass sein Vater hineinging oder wieder herauskam, um in dem kurzen Moment, wenn die Tür aufging, einen Blick von dem geheimnisvollen Inneren zu erhaschen. Tag für Tag inhalierte Gideon den scharfen Geruch von Hoppe’s-No.-9- Waffenreiniger, der durch die offene Tür waberte, und spähte hinein, bis er sich jeden Quadratzentimeter des Zimmers eingeprägt hatte. Seine Wände waren mit Mahagoni getäfelt und mit den Schädeln von Hirschen, von Elchen und sogar von einem Braunbären dekoriert. Die Waffen waren in einer langen Vitrine aufgereiht: zuerst die Schrotflinten, dann die Gewehre, das älteste links, das neueste rechts, beginnend mit einem Holland-&-Holland-Hahngewehr Kaliber zwanzig und endend mit einer AR-15 für .223 Remington-Patronen. Auf der makellosen Werkbank stand neben einer Ladepresse
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