Pearl Harbor
gespülter Ölkanister .den Amerikanern verraten könnte, daß sich japanische Schiffe hier oben aufhielten.
Am 25. November empfing Admiral Nagumo aus Tokio den Bescheid, daß die Aktion zu beginnen sei. Das war zwei Tage vor dem letzten Zusammentreten des kaiserlichen Rates, der den Angriff bestätigte. Am Morgen des 26. November verließ der Flottenverband die Tankanbucht. Gegen acht Uhr lag die Gegend dort wieder so einsam wie zuvor. Am Horizont verschwammen die letzten Rauchfahnen der abdampfenden Schiffe mit dem Grau der Wolken.
Für die Besatzungen der Schiffe begann das eintönige Bordleben. Die Piloten hingegen hatten alle Hände voll zu tun. Zunächst stellte Admiral
Kusaka in der Messe seines Flaggschiffs »Akagi« ein Relief der Gegend um Pearl Harbor auf. Es enthielt alle Details, die die Piloten beim Angriff kennen mußten. Hier wurden sie in ihre Ziele eingewiesen - die Armeeflugplätze Hickam und Wheeler, die Seefliegerstützpunkte Ewa und Kaneohe. Für die Piloten begann der letzte theoretische Unterricht vor dem Angriff. Nach dem Dienst wurden sie von der übrigen Mannschaft mit Liebesdiensten verwöhnt. Anstatt der üblichen Reismahlzeiten aßen sie Eier und Nudeln, tranken Milch und Wein. Täglich badeten sie mehrmals, wurden massiert und frisiert und rauchten unzählige Zigaretten. Die meisten von ihnen trugen den Hashamaki, das traditionelle Stirnband des japanischen Kriegers. Eine jahrelange Erziehung hatte ihnen eingebleut, daß sie Auserkorene seien, aus der Masse des Volkes auserwählt, um Heldentaten zu vollbringen und ihr Leben dabei zu opfern. Ihre geistige Vorstellungswelt war beherrscht von einer seltsamen Mischung aus religiösem Fanatismus und weltlicher Eroberungsgier. Der heimtückische Angriff auf Pearl Harbor, den sie in wenigen Tagen ausführen würden, erschien ihnen als eine große patriotische Tat.
Die Schiffe des Verbandes stampften schwer im starken Seegang. Eisige Winde fegten über die Flugdecks der Träger. Schnee fiel. Die Sichtverhältnisse waren schlecht. Aber das war nur von Vorteil für einen Angreifer, der ungesehen bis in die Nähe seines Ziels gelangen wollte. Die Schiffe verheizten das beste Öl, das es in der ganzen Marine gab.
Es verbrannte unter geringer Rauchentwicklung und gab hohe Leistungen. Immer noch waren die Sicherheitsmaßnahmen geradezu pedantisch. Nicht ein einziger leerer Ölbehälter durfte über Bord geworfen werden, kein Stückchen Abfall, nichts.
Unterseeboote umkreisten den Verband und hielten Ausschau nach fremden Schiffen.
Es galt, jede vorzeitige Entdeckung zu verhindern. Aber hier, im kalten, stürmischen Nordpazifik, gab es kaum Schiffe. Ungesehen dampfte der Verband weiter.
Nach einigen Tagen mußten die ersten Schiffe nachgetankt werden, kein leichtes Unterfangen bei der stürmischen See. Die acht Tanker, die zum Verband gehörten, fuhren dicht an die aufzutankenden Kreuzer und Träger heran. Die Schläuche wurden angeschlossen, aber sie rissen immer wieder ab, weil der Seegang die Schiffe heftig hin und her warf. Gar oft verwandelten sich die Decks in Rutschbahnen, wenn aus den gebrochenen Schläuchen Öl auf die Planken lief. Die Mannschaften banden sich Strohballen um die Schuhe, um auf den schlüpfrigen Planken nicht auszurutschen.
Trotzdem wurden einige Matrosen über Bord gespült. Es war unmöglich, sie zu retten.
Admiral Nagumo wußte, am 1. Dezember würde der kaiserliche Rat die letzte Entscheidung über den Angriff treffen. Er wartete ungeduldig. Aber erst am 2.
Dezember erreichte ihn über Funk die Meldung, auf die er gewartet hatte: »Niitaka kayama nobore-Erklimmt den Berg Niitaka! « Dieser verschlüsselte Befehl gab das letzte Startzeichen. Unverzüglich traten die Mannschaften und Offiziere auf den Schiffen zum Appell an. Jubel brach aus, als ihnen der Befehl übermittelt wurde,
»Banzai«-Rufe gellten. Von nun an gab es kein Zurück mehr.
Am 3. Dezember empfing Admiral Nagumo aus Tokio einen verschlüsselten Spionagebericht über die in Pearl Harbor liegenden Schiffe. In Pearl Harbor befanden sich 2 Schlachtschiffe, ein Flugzeugträger, 8 Kreuzer und 12 Zerstörer. Aber er wußte, daß sich diese Zahlen in den nächsten Tagen noch ändern würden.
Am nächsten M orgen überfuhr der Verband die Datumslinie. Neue Spionageberichte über Pearl Harbor trafen jetzt fast stündlich ein. Die Agentur in Honolulu arbeitete eifrig. In den Rundfunkgeräten an Bord war der Sender Tokio kaum noch zu hören.
Dafür
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