Pearl Harbor
in ihren Folgen noch nicht abzusehende Meldung. Aus dem Weltraum haben sich rätselhafte Fahrzeuge genähert und sind in Amerika gelandet. Es entstiegen ihnen Lebewesen, die in ihrem Aussehen außerhalb unserer Vorstellungswelt liegen. Über ihre Absichten is t nichts bekannt. Wir schalten jetzt um zum Ort der Landung, um Sie weiter zu informieren.«
Zunächst hatte fast jeder Hörer das für bare Münze genommen. Auch später, in dem geschickt als Reportage aufgemachten Horrorhörspiel, war nur wenigen ein Licht aufgegangen. Es hatten sich erschütternde Szenen abgespielt. Leute waren voller Angst auf die Straße gelaufen und hatten Schutz bei der Polizei gesucht, andere wieder hatten stillschweigend ein Gewehr von der Wand genommen, es geladen, die Fensterläden geschlo ssen und sich in Erwartung der Marsmenschen hinter der Haustür ver-barrikadiert. In Krankenhäusern waren Leute vor Angst aus den Fenstern gesprungen.
Selbst Offiziere der Armee, die sich in Urlaub befanden, waren ohne Aufforderung sofort zu ihrer Truppe zurückgekehrt.
Deshalb nahm das Publikum die kurze Durchsage vor Beginn des Symphoniekonzertes nicht sonderlich ernst. Man war gewitzt geworden. Mit solchen Tricks überrumpelte man einen cleveren Amerikaner nur einmal! Erst als auch die Fußballübertragung unterbrochen wurde, horchte man auf. Und diesmal fügte der Sprecher hinzu, daß es sich um eine absolut authentische Nachricht handle.
Die Japaner hatten Pearl Harbor angegriffen? Was war geschehen? Der Durchschnittsamerikaner wußte über die politischen Vorgänge, die sich bis zu diesem Augenblick abgespielt hatten, nur relativ wenig. Das, was er wußte, war zuvor von einer nicht sehr zuverlässigen Clique von Zeitungsleuten zurechtgestutzt worden. Über die wahren Vorgänge drang nur wenig an die Öffentlichkeit. Die Legende, daß der Amerikaner der am besten informierte Bürger der ganzen Welt wäre, blieb zwar auf-rechterhalten, war aber letztlich doch nur eine Legende. Nirgendwo war die öffentliche Meinungsbildung mit so vielen ausgezeichneten Medien ausgestattet wie in Amerika.
Nirgendwo aber ließ sie sich auch leichter von unkontrollierbaren Kräften beeinflussen.
Die Isolationisten beispiels
weise hatten eine nicht geringe Zahl von Publikationsmitteln zur Verfügung. In ihren D
arstellungen des in Europa tobenden Krieges verfuhren sie so, daß sie ihr Ziel, die Nichteinmischung Amerikas, keinesfalls gefährdeten. Viele Amerikaner waren um diese Zeit weder über den ganzen Umfang der Nazigreuel noch über die von Japan ausgehende akute Kriegsgefahr genügend informiert. Man lebte weitab vom Schuß. Die mahnende Stimme Roosevelts, der die Bedrohung aller freien Menschen in der ganzen Welt durch die verbrecherische Allianz der Achsenmächte erkannt hatte, wurde von zu vielen amerikanischen Bürgern überhört. Man widmete sich angenehmeren Dingen.
Man ließ sich einlullen in eine Traumwelt von Nichteinmischung und Sicherheit. Der Schlag von Pearl Harbor kam deshalb um so unerwarteter. Erst durch ihn wurde die Nation buchstäblich wachgerüttelt. In den vergangenen Monaten war viel über die
»gelbbäuchigen kleinen Japse« geschimpft worden, die Amerika im Südpazifik den Rang ablaufen wollten. Oft geschah es auf einer Ebene, die mit sachlichen Untersuchungen und Erörterungen nichts mehr zu tun hatte. Die Groschenblätter mit ihren Millionenauflagen, die von den einfachen Bürgern Amerikas verkonsumiert wurden, zeichneten sich nicht durch sachliche, faktentreue Berichterstattung aus. Erst im weiteren Verlaufe des Krieges sollten viele Amerikaner erfahren, was sich in der Periode, die Pearl Harbor vorausging, wirklich im Pazifik abgespielt hatte.
Japan war entschlossen, eine Großmacht zu werden. Es hatte sich auf den Weg zur Weltherrschaft begeben. Für jeden, der die wirtschaftlichen Potenzen des Inselreiches einigermaßen genau kannte, wurde klar, daß die relative Armut Japans an Naturschätzen dem ehrgeizigen Vorhaben seiner herrschenden Kreise sehr konkrete Grenzen zog. Auch der Ausweg der Aggression, den Japan wählte, um diese Grenzen zu überwinden, kam nicht unerwartet. Im letzten Jahrhundert hatte Japan nichts unversucht gelassen, sein Territorium zu erweitern und Reichtümer an sich zu reißen.
In diesem Prozeß war mit diplomatischen wie militärischen Mitteln gearbeitet worden.
Was im Falle der Kurilen-Inseln durch Verhandlungen erreicht worden war, das erreichte man in anderen Fällen, wie beispiels weise
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