Pearl Harbor
fühlte er sich von einer kräftigen Hand hochgehoben und auf die Füße gestellt.Er erschrak tödlich. Dies war der erste amerikanische Soldat, den er in seinem Leben sah.
Und dieser Soldat sah furchterweckend aus. Er hatte ein breites, rosiges Gesicht, war riesengroß und hatte Fäuste wie Schraubstöcke.
»He«, rief der Soldat ihn an, »komm zu dir! Hiermit bist du Gefangener der Vereinigten Staaten.« Er deutete auf die Unterhose, die Sakamaki als einziges Kleidungsstück noch trug. »Ausziehen!« Als der Japaner nicht sofort reagierte, gab ihm der Sergeant Akui kurzerhand eine mächtige Ohrfeige, die ihn wieder in den Sand warf.
Dann legte er sein Gewehr vorsichtig ab, holte noch einmal aus, und als er sah, daß sich der Japaner nicht wehrte, zog er ihm zunächst die Unterhose aus. Er untersuchte sie und warf sie dem Japaner wieder zu. Dabei brummte er mehr zu sich: »Keine Waffen.
Okay.« Während der Japaner verschämt die Unterhose wieder anzog, fuhr ihn Akui an:
»Ist noch jemand in dem Topf da draußen?« Als der Japaner nicht antwortete, holte Akui wieder aus und schrie: » Stell dich nicht so an, du Affe! Jeder Japaner versteht amerikanisch! Los, sind da noch welche?«
In der Tat verstand Fähnrich Kazuo Sakamaki, Absolvent der kaiserlichen Marineakademie, genug von der Sprache der Amerikaner, um genau zu wissen, was der Sergeant von ihm wollte. Er schüttelte den Kopf und senkte ihn.
»Okay, du halblanger Tojo , brummte Akui. »Setz dich hier in den Sand. Und wage nicht aufzustehen. Sonst prügle ich dich so durch, daß du denkst, ein Tank hat dich überfahren! «
Er hob das Gewehr und gab in schneller Folge ein paar Schüsse ab. Wenig später war ein Offizier zur Stelle, der verwundert auf den Japaner blickte. Sakamaki hatte sich mit seinem Schicksal abgefunden. Er ahnte, daß ihm eine lange Gefangenschaft bevorstand.
Aber der Gedanke, daß er immerhin lebte, bereitete ihm eine gewisse Genugtuung.
Sergeant Akui stellte sich in Positur. Lautstark meldete er: »Sir, ich habe einen Gefangenen gemacht. Er kommt aus dem U-Boot, das da draußen gestrandet ist.«
»Hat er sich gewehrt?« fragte der Offizier mißtrauisch. Er sah, daß die linke Gesichtshälfte des Japaners leicht angeschwollen war.
Akui bewegte leicht die Schultern und erklärte: »Nein, Sir. Das heißt..., ich habe es nicht dazu kommen lassen,«
Erst als man ihn vom Strand wegbrachte, fiel es Sakamaki auf, daß nicht einmal die Sprengladung in seinem Kleinst-U-Boot funktioniert hatte. Die Amerikaner würden das Boot an Land ziehen und untersuchen. Aber das kümmerte den Gefangenen nicht mehr.
Intermezzo auf Niihau
Während auf Oahu fast jeder stündlich mit einer japanischen Invasion rechnete, die dem Bombenangriff folgen würde, ahnte niemand, daß es wirklich im Laufe des Tages eine Invasion gegeben hatte. Allerdings eine Invasion besonderer Art.
Sie führte dazu, daß eine winzige Insel, die westlichste der Hawaii-Inseln, für geraume Zeit unter japanische Kontrolle geriet. Das alles geschah allerdings auf eine höchst ungewöhnliche, beinahe groteske Art und wurde erst lange nach dem Angriff auf Pearl Harbor bekannt. Allerdings schrieb man auch dann nicht viel darüber, und der größte Teil der Bewohner der Hawaii-Inseln erfuhr nie davon.
Niihau war ein kleines Eiland am westlichen Ende der Inselkette. Ein Amerikaner, Mister Robinson, war der Eigentümer der Insel. Er züchtete Schafe und Rinder und wohnte auf einer kleinen Ranch. Mister Robinson war ein eigenartiger Mensch. Er hatte den gesamten Boden auf der Insel erworben, um dort für sich und seine Familie eine Art tropisches Paradies zu reservieren. Neben seiner Viehzucht interessierte ihn nichts. Er ließ nicht zu, daß Niihau Telefonverbindung bekam, er duldete auch keine Radios auf der Insel. Ebenfalls gestattete er es nicht, das Waffen auf Niihau gebracht wurden. So blieb er der einzige, der dort über ein Jagdgewehr und zwei Pistolen verfügte. Fremde gab es nie auf Niihau. Keinem Touristen war es erlaubt, die Insel zu betreten. Nur einmal in der Woche kam ein Boot von Kauai herüber, der nächsten größeren Insel der HawaiiKette. Es brachte Konsumartikel und ließ Post und Zeitungen zurück. Die Bevölkerung von Niihau bestand aus einigen Dutzend eingeborenen Hawaiianern. Zugewandert war vor vielen Jahren ein Japaner namens Sintani, ein alter Mann, der etwas von der Bienenzucht verstand und dem Mister Robinson seine Bienenvölker anvertraut hatte. Vor
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