Pech und Schwefel (German Edition)
Gebäuden vorbei, sowie an heruntergekommenen Schenken. Der Straßenlärm war im Armenviertel lauter, als auf dem Marktplatz, was die Zwillinge ein wenig einschüchterte. Aber vor allem jagten ihnen die vielen Raukarii auf den Straßen Angst ein. Kaum einer trug anständige Kleidung, alles war zusammengeflickt oder zerrissen. Die Gesichter verschmutzt und die meisten rochen unangenehm.
»Es ist nicht mehr weit«, sagte Clay immer wieder und forderte sie auf schneller zu laufen.
Sie erreichten einen großen Platz, in dessen Mitte ein Galgen stand. An dem breiten Holzbalken baumelten drei verwesende Leichen im Herbstwind. Verängstigt und geschockt klammerten sich die Brüder aneinander und konnten erst wieder aufatmen, als sie in eine weitere, dunkle Gasse einbogen.
»Wir sind da«, verkündete Clay und blieb direkt vor einer morschen Holztür stehen. Ringsherum gab es nichts weiter als Stein. Die Tür war der einzige Weg um weiterzukommen. »Ich hoffe, ihr beiden habt euch den Weg gemerkt. Denn ich habe keine Lust Stadtführer zu spielen.«
Verlegen senkten sie den Blick und dachten darüber nach, wie sie denn hierher gekommen waren. Doch sie wussten es nicht.
»Also dann, los geht’s«, sagte der Raukarii und klopfte in einem bestimmten Rhythmus gegen die Tür. Neugierig beobachten ihn die Brüder. Zuerst zwei Mal, dann machte er eine Pause. Dann wiederholte er das Ganze mit drei Mal Klopfen hintereinander. Wieder entstand eine Pause und mit einem quietschenden Geräusch öffnete sich die morsche Holztür.
»Wo warst du solange?«, fragte ein junger Raukarii, der von Statur aus klein war und dem die rechte Hand fehlte.
Ronor und Nomarac erkannten ihn sofort wieder, während sie mit stechendem Blick gemustert wurden.
»Was machen die hier?«, wollte er wissen und runzelte argwöhnisch die Stirn.
Clay stellte sich hinter die Kinder und legte ihnen jeweils eine Hand auf die Schulter. Mit einem fröhlichen Lächeln stellte er Ronor und Nomarac vor.
»Ich war in der Stadt und habe mich umgehört«, sprach Clay betont langsam, dabei funkelten seine bernsteinfarbenen Augen auf. »Doch wichtiger ist, dass sich Ronor und Nomarac uns angeschlossen haben. Wenn sie die Aufnahmeprüfung bestehen, gehören sie zu uns.«
»Aufnahmeprüfung?« Die beiden sahen Clay erschrocken an.
Clay lachte. »Na, wir wollen doch wissen, ob ihr euer Handwerk beherrscht. Ich habe ja gesehen, dass ihr beim Bäcker mehr Glück als Verstand hatte, und ich kann nur Diebe aufnehmen, die ihr Handwerk beherrschen. Nun gut, ich gebe zu, euer Niedlichkeitsfaktor spielt auch eine Rolle, aber da ich nun weiß, dass ihr höchstwahrscheinlich keine Mutter mit einem Baby auf dem Arm bestehlen könnt, müsst ihr es eben lernen. Wenn ihr das könnt, müsst ihr unter unseren Augen einen Test bestehen und dann nehmen ich und meine Kumpanen euch in unserer Bande „Jäger der Nacht“ auf. Verstanden? Aber jetzt geht erstmal rein.« Er machte einen Schritt zur Seite und lud die Brüder ein in einen kargen, rechteckigen Raum zu treten. Das Dach bestand lediglich aus ein paar losen Brettern, die Wände waren genauso morsch wie die Tür. Kaum standen sie drin, wurde die Tür auch schon wieder geschlossen.
Erst jetzt in dem dämmrigen Licht sahen die beiden, dass der Raum größer war, als er von außen gewirkt hatte. Clay und sein Kumpan gingen voran bis zu einer weiteren Tür auf der anderen Seite, sie bestand lediglich aus ein paar löchrigen Brettern. Als Clay sie zur Seite schob, erschien dahinter ein schmaler, dunkler Gang. Nur um Gänsemarsch konnten sie nacheinander hineinschlüpfen.
Ronor begann leicht zu zittern und Nomarac kämpfte innerlich gegen eine ungewollte Panik an.
Am Ende des Ganges befand sich eine Falltür, die im Boden eingelassen war. Clay hob sie an und sofort strömte flackerndes Licht heraus. Anschließend kletterte er an einer Strickleiter nach unten, und forderte die Brüder auf ihm zu folgen. Als letzter kam Nyn.
»Wir sind da. Hoffe es gefällt euch«, begrüßte sie Clay in ihrem Versteck.
In diesem Moment kamen drei weitere junge Raukariimänner auf sie zu und starrten die Neuankömmlinge mit einer Mischung aus Misstrauen und Neugier an.
»Das ist Ayor«, sagte Clay und legte die Hand auf die Schulter des jungen Mannes. Dann ging er weiter und stellte Vorkim und Amon vor.
Alle sahen in dem Halbdunkeln fast gleich aus. Jeder von ihnen trug zerrissene Hosen, löchrige Hemden oder ärmellose Westen, hatte lange
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