Pechstraehne
insgesamt drei Schüsse abgegeben. In sein Haus bin ich mithilfe eines Tricks eingedrungen, wobei er mir selbst die Tür geöffnet hat.«
Lenz schluckte.
»Wenn dem wirklich so ist, und das glaube ich Ihnen nun einfach mal, müssen Sie ab jetzt nichts mehr ohne anwaltlichen Beistand sagen, Herr Anselm. Dann brechen wir …«
»Nein«, wurde er erneut von dem grauhaarigen Mann unterbrochen, »ich will keinen Anwalt und ich will keine Spielchen spielen. Ich gestehe einfach den Mord an Sven Vontobel, auch wenn Ihnen das vermutlich etwas ungewöhnlich und auf den ersten Blick zu einfach erscheinen mag.«
»Gut, das habe ich alles verstanden«, bemerkte der Hauptkommissar. »Und ich gebe Ihnen durchaus recht damit, dass wir so etwas bisher in unserer Polizeilaufbahn noch nicht erlebt haben. Aber das sollte keine Rolle spielen. Also erzählen Sie. Wie kam es dazu?«
Anselm lehnte sich in seinem Korbstuhl zurück und legte die Arme auf die Lehnen.
»Die Einzelheiten, wie es zu meinem Entschluss kam, können wir gern später besprechen. Ich vermute, dass der eigentliche Tathergang Sie im Augenblick mehr interessiert?«
Lenz, der noch immer nicht davon überzeugt war, dass Anselm die Wahrheit sagte, fixierte den Mann mit schief gelegtem Kopf.
»Wie Sie wollen«, erwiderte er.
»Es war am Sonntagnachmittag. Ich hatte die Runden im Schwimmbad hinter mir, das Essen und meinen Mittagsschlaf. Gegen 15.30 Uhr bin ich aufgestanden, habe meine Waffe gereinigt und geladen, mir einen guten Anzug angezogen und bin mit der Straßenbahn zum Haus von Herrn Vontobel gefahren.«
Er dachte kurz nach.
»Nein, natürlich nicht direkt bis zu seinem Haus, sondern nur bis zur nächstgelegenen Haltestelle. Dort bin ich ausgestiegen und den Rest zu Fuß gegangen. Als ich dort ankam, habe ich einfach geläutet.«
»Wussten Sie, dass er zu Hause sein würde?«, wollte Hain wissen, der, so gut es ihm möglich war, mitschrieb.
»Nein, woher denn? Ich habe also geläutet, und Herr Vontobel hat sich an der Sprechanlage gemeldet.«
»Aber es stand doch nicht zu erwarten, dass er Sie in sein Haus lassen würde«, warf Lenz ein.
»Selbstverständlich nicht. Dem bin ich dadurch aus dem Weg gegangen, dass ich mich eines Tricks bedient habe.«
»Wie sah der aus?«
»Ich habe ihm erklärt, wer ich bin, und dass er mich, wenn er nicht auf der Titelseite der Bild-Zeitung erscheinen wolle, besser in sein Haus lassen sollte.«
»Und das hat geklappt?«
»Zuerst nicht. Aber als ich nachgelegt und erwähnt habe, dass ich Material gegen ihn in der Hand hätte, das die BaFin, also sicher interessieren könnte, hat er sofort reagiert.«
»Und die Tür geöffnet?«
»Natürlich.«
»Wie sind Sie auf die Sache mit der BaFin gekommen?«
»Ein bisschen Recherche im Internet, ein Gespräch mit ein paar alten Kollegen.«
»Was heißt das, alte Kollegen ? Was genau haben Sie beruflich gemacht, Herr Anselm?«
»Ich war Zeit meines Lebens Soldat.«
»Und da gibt es Kollegen, die man in Bezug auf die BaFin befragen kann?«
»Wie Sie sehen, ja.«
»Gut, lassen wir das einfach mal so stehen. Wie ging es weiter, als Sie in seinem Haus waren?«
»Dort habe ich als Erstes den Aktenordner abgelegt, den ich zur Tarnung mitgebracht hatte. Als Nächstes habe ich meine Waffe gezogen, aber das hat keinerlei Eindruck auf ihn gemacht. Ganz im Gegenteil, er hat mich verlacht und beschimpft. Ein Schuss in sein rechtes Bein hat dieses Problem allerdings kurz darauf gelöst.«
Nun musste Lenz schlucken. Die Art, wie Anselm über die Tat sprach, verursachte ihm einen Brechreiz.
»Sie sagen das, als hätten Sie so etwas schon öfter gemacht. Habe ich recht mit dieser Annahme?«
»Nein, das stimmt so nicht. Ich habe bis vorgestern Abend noch nie in meinem Leben auf einen Menschen geschossen.«
»Dafür ist es Ihnen aber ziemlich leicht von der Hand gegangen, was?«
»Ja, das stimmt.«
»Sie haben ihn also ins Bein geschossen. Was ist dann passiert?«
»Er hat aufgehört, über mich zu lachen. Er hat aufgehört, sich über mich lustig zu machen. Ich habe ihn ins Wohnzimmer getrieben und dort auf dem Stuhl festgebunden, wo Sie ihn vermutlich aufgefunden haben.«
»Warum musste der Hund sterben?«
»Ich bemerkte schnell, dass ihm das Tier ans Herz gewachsen war. Und ich wollte, dass er zum Ende seines Lebens noch spürt, was es bedeutet, wenn man etwas verliert, das von Bedeutung ist.«
»So wie es Ihnen bei Martha Zacharias gegangen war«, riskierte Hain einen
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