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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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zeichnete sich ab, dass ein Großteil des Geldes, das wir angelegt hatten, verloren war. Natürlich fingen alle an, sich zu fragen, wie es dazu gekommen sein konnte, denn Herr Vontobel hatte uns persönlich versichert, dass die Sache zu 100 Prozent seriös und völlig risikofrei sei. Sie vermehren Ihr Geld praktisch im Schlaf , hat er einmal zu uns gesagt. Vertrauen Sie mir ruhig, da kann überhaupt nichts schiefgehen. «
    »Es ist aber schiefgegangen.«
    »Das kann man wohl sagen, ja. Zwei Mitbewohner mussten von hier wegziehen, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten konnten, die anderen mussten sich sehr einschränken. Und Martha Zacharias, die Frau, die uns den Tipp gegeben hatte, hat sich wegen der ganzen Umstände sogar das Leben genommen.«
    »Kannten Sie Frau Zacharias gut?«
    »Nicht so gut, wie ich es mir gewünscht hätte. Dann hätte ich vielleicht ihren Suizid verhindern können.«
    »Das ist überaus tragisch, da gebe ich Ihnen recht. Aber selbst solch eine massive Tragik kann doch nicht ausreichen, einem Menschen das Leben zu nehmen.«
    »Für mich hätte das vielleicht auch nicht gereicht, das möchte ich jetzt nicht beurteilen. Aber es gab letzte Woche einen Vorfall, der das Fass letztlich zum Überlaufen gebracht hat.«
    »Ja?«, hakte Hain nach, weil Anselm zunächst nicht weitersprach.
    »Ich wollte Herrn Vontobel mit Marthas, also Frau Zacharias’, Tod konfrontieren. Wollte ihm klarmachen, dass er die Schuld dafür trägt. Also bin ich zur Nordhessenbank gefahren, und just in dem Augenblick, in dem ich das Gebäude betreten will, kommt er mir entgegen. Groß, souverän, elegant gekleidet wie immer. Und natürlich keine Zeit für mich, wie immer, seit wir unser Geld verloren haben.«
    »Sie haben öfter versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen?«
    »Mindestens ein Dutzend Mal. Aber keine Chance, er hat mit keinem von uns gesprochen. Hat sich verleugnen lassen, hat Abwesenheit vorgetäuscht. Aber diesmal hatte ich ihn, er stand mir leibhaftig gegenüber.«
    »Und? Was ist passiert?«
    Anselm schluckte. Es war ihm anzusehen, dass die Gedanken an dieses Zusammentreffen ihn emotional stark belasteten.
    »Natürlich wollte er sich mir wieder entziehen, aber ich bin ihm einfach in den Weg getreten und habe ihn angeschrien. Habe ihm ins Gesicht gebrüllt, dass er die Verantwortung trägt für den Tod seiner Kundin. Allerdings hat er nur Verachtung und Sarkasmus für mich übrig gehabt. Frau Zacharias war eine alte Frau, das sollten Sie nicht vergessen , hat er mir entgegengeschleudert. Sie wäre sicher auch so eingegangen, dafür hat es mich nicht gebraucht. Und jetzt gehen Sie mir aus dem Weg und lassen mich in Ruhe, sonst rufe ich die Polizei. «
    Wieder machte der alte Mann eine Pause.
    » In diesem Moment ist in mir der Gedanke gereift, diesen unsäglichen Mann zu töten. Ihm das Leben zu nehmen. Ich konnte es einfach nicht aushalten, dass er in Saus und Braus sein Leben genießt, während andere dafür in Armut leben oder gar sterben mussten.«
    »Sie sehen da einen direkten Zusammenhang?«
    »Selbstverständlich sehe ich den.«
    »Wie alt sind Sie, Herr Anselm?, wollte Lenz nach ein paar Sekunden des Schweigens wissen.
    »78. Ich bin 78 Jahre alt.«
    »Und Sie wissen, dass Ihnen für dieses Verbrechen der Prozess gemacht werden wird.«
    Anselms Züge entspannten sich in einer merkwürdigen Weise, während er nach einer Antwort suchte.
    »Ich vermute stark, in meinem Fall wird es nicht mehr zur Durchsetzung der irdischen Gerechtigkeit kommen, Herr Kommissar.«
    »Was macht Sie da so sicher?«
    Wieder dachte der Pensionär eine Weile nach, bevor er antwortete.
    »Mein Leben neigt sich dem Ende zu. Vielleicht erscheint es Ihnen bei meinem Anblick unglaubwürdig, aber ich habe tatsächlich nicht mehr lang zu leben.«
    Er wies mit der rechten Hand auf seinen Oberkörper.
    »Alles voller Tumore und Metastasen. Vier Wochen, vielleicht sechs, dann ist es vorbei. In dieser Zeit schafft es kein Staatsanwalt der Welt, eine Anklage auf die Beine zu stellen.«
    Die beiden Polizisten hatten, während er sprach, kräftig durchgeschnauft und sahen sich nun etwas ratlos an.
    »So leid mir das für Sie persönlich tut, Herr Anselm, wir können Ihnen die Festnahme trotzdem nicht ersparen. Und der sich unvermeidlich anschließende Haftbefehl wird von Ihrer Krankheit nur insoweit beeinflusst, als dass Sie vermutlich auf die Krankenstation des Untersuchungsgefängnisses gebracht werden.«
    »Darüber war und bin

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