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Pechstraehne

Pechstraehne

Titel: Pechstraehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Schuss ins Blaue.
    »Genau so, ja.«
    »Wie hat Herr Vontobel reagiert?«
    »Er hat zu weinen begonnen. Hat geschluchzt. Als er schließlich realisiert hat, dass sein Leben in meiner Hand liegt und mir das sehr, sehr wenig bedeutet, hat er angefangen zu wimmern und zu flehen.«
    »Aber Sie hatten kein Mitleid für ihn übrig?«
    »Nicht das geringste. Nicht das Schwarze unter dem Nagel an Mitleid konnte ich für ihn empfinden.«
    »Dann haben Sie ihn erschossen?«
    »Nein, nicht sofort. Ich habe zuerst bis auf eine alle Patronen aus meinem Revolver genommen und Russisches Roulette mit ihm gespielt. So war ich mir sicher, dass der Schmerz und die Furcht für ihn am größten sein würden. Nach dem achten Drehen der Trommel und dem folgenden Abziehen hat sich schließlich der finale Schuss gelöst.«
    In diesem Augenblick trafen sich die Augenpaare von Lenz und Hain für einen kurzen Moment, und es wurde ihnen klar, dass sie beide das Gleiche über Anselm dachten.
    Der Typ hat sie zwar nicht mehr alle, aber er benimmt sich ganz und gar nicht so.
    »Haben Sie ihn, während Sie ihn quälten, mit seinem Verhalten gegenüber den Kunden, also auch Ihnen, konfrontiert?«
    »Natürlich. Sonst hätte das nach meiner Meinung keinem Zweck gedient.«
    »Wie ging es weiter, als er tot war?«
    »Ich habe die Waffe wieder geladen und eingesteckt, dann meine Hände gewaschen und im Anschluss das Haus verlassen.«
    »Hatten Sie,« wollte Hain wissen, »überhaupt keine Angst, entdeckt zu werden?«
    »Überhaupt nicht, nein. Weder im Haus, noch danach. Allerdings war klar, dass ich mich Ihnen stellen würde, was spätestens Ende der Woche geschehen wäre.«
    Der junge Polizist verzog angesäuert das Gesicht.
    »Das lässt sich leicht sagen, wenn einem die Polizei gegenübersitzt.«
    »Sie müssen mir nicht glauben, Herr Kommissar. Das erwarte ich wirklich nicht von Ihnen, und es ist mir, mit Verlaub, auch völlig egal, ob Sie es tun. Allerdings spricht der gepackte Koffer oben in meinem Apartment für meine These.«
    »Es könnte immerhin auch sein, dass Sie sich absetzen wollten.«
    »Ich bitte Sie. Wo sollte ich in meinem Alter hinwollen?«
    Hain holte zwei, drei Mal tief Luft, bevor er weitersprach.
    »Sie können sicher verstehen, dass mir die Nummer mit dem Racheengel, die Sie hier abziehen, einfach nicht gefällt, Herr Anselm. Und, um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich finde sie ganz und gar zum Kotzen. Wenn jeder so denken und handeln würde wie Sie, würde unser gesamtes Miteinander zusammenbrechen, und das ist schon ein überaus schmerzhafter Gedanke für mich.«
    Auch Anselm atmete ein paar Mal ein und aus, bevor er zu einer Replik ansetzte.
    »Ich wäre bis vor einem Vierteljahr ganz und gar bei Ihnen gewesen, Herr Kommissar. Dann jedoch sind so viele Dinge geschehen, die mein Weltbild über den Haufen geworfen haben, dass ich es kaum fassen konnte. Es bleibt Ihnen unbenommen, über mich zu denken, wie Sie möchten, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass ich im vergleichbaren Fall wieder dasselbe tun würde. Was die moralische Bewertung angeht, kann und will ich Ihnen deshalb nicht widersprechen.«
    »Wie auch immer«, mischte Lenz sich ein. »Mich würden Ihre genauen Gründe schon sehr interessieren. Was für Dinge sind geschehen, dass aus einem, wie ich vermute, unauffälligen Pensionär ein brutaler Mörder werden konnte?«
    Anselm setzte zu einer Antwort an, wurde jedoch von einem Hustenanfall unterbrochen, den er kaum unter Kontrolle bringen konnte. Dann hatte er sich gefangen und nickte dem Polizisten zu.
    »Angefangen hat alles vor etwa zwei Jahren. Bis dahin haben hier alle so glücklich und zufrieden gelebt, wie das Alter es ihnen ermöglicht hat.«
    Er sah sich kurz um.
    »Sie können sich sicher vorstellen, dass man über ein gewisses Einkommen oder Vermögen verfügen muss, um sich das hier leisten zu können, also trifft man hier die eher wohlhabenden Rentner und Pensionäre. Irgendwann hat uns eine Mitbewohnerin von einer Möglichkeit erzählt, mehr aus unserem Geld zu machen, und die Chance haben dann einige von uns ergriffen. Manche mehr, manche weniger, und der eine oder andere ist, zugegebenermaßen, auch ein wenig gierig geworden dabei. Irgendwann …«
    »Sie selbst haben auch Geld angelegt?«, wollte Hain wissen.
    »Ja, ich bin auch eingestiegen, aber nur mit einer kleineren Summe. Ich hatte es nie so mit den Aktien und dem Spekulieren. Wie auch immer, mit den Monaten und nach einigen Wirrungen

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