Pechstraehne
irgendwie stutzig?«
Van Roon lehnte sich in seinen Stuhl zurück.
»Wie kommen Sie denn auf diesen Unsinn, Herr Kommissar? Herr Specht und Herr Yildirim mögen zwar nicht die besten Freunde gewesen sein, aber wenn Sie unterstellen, dass die beiden sich auf den Tod nicht leiden konnten , schießen Sie doch sehr weit über das Ziel hinaus.«
»Wie dem auch sei«, mischte Hain sich ein, »Fakt ist, dass es sich bei diesem vorgeblichen Unfall gar nicht um einen solchen gehandelt hat, Herr van Roon.«
Der Oberkommissar machte eine kurze Kunstpause, um eine mögliche Reaktion seines Gegenübers abzuwarten, doch es gab nicht die geringste Regung bei van Roon zu beobachten.
»Es ist nämlich vielmehr so, dass die Herren Specht und Yildirim ermordet wurden.«
Wieder wartete Hain auf eine Reaktion auf der anderen Schreibtischseite, und wieder blieb es bei der Erwartung.
»Wenn dem, was ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, tatsächlich so sein sollte, wäre das wirklich absolut tragisch, meine Herren, aber die von Ihnen subtil ins Spiel gebrachten, wie auch immer in Ihren Vorstellungen vorhandenen Verbindungen der Bank zu diesem tragischen Unglück kann ich nur unter Protest zurückweisen.«
»Was sollten Sie auch anderes machen?«, gab Lenz gelassen zurück. »Allerdings mutet es schon ein wenig befremdlich an, wenn innerhalb weniger Tage drei Ihrer Mitarbeiter aus dem Bereich Investment ermordet werden.«
»Moment, Moment«, spannte sich van Roons Körper. »Selbst wenn die Herren Specht und Yildirim wirklich Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sein sollten, so gibt es doch offensichtlich keinen Zusammenhang zwischen dieser Tat und dem Tod unseres Herrn Vontobel. Dieser wurde doch eindeutig das Opfer eines fanatischen alten Mannes, der in einer Art Wahn den Freitod seiner Freundin rächen wollte, die sich von unserer Bank geprellt gefühlt hat.«
Er schüttelte heftig den Kopf.
»Völlig zu unrecht, wie ich zum wiederholten Mal betonen möchte. Unserer Bank ist im Umgang mit dieser Frau nicht das geringste Fehlverhalten nachzuweisen. Nicht das geringste!«
Den letzten Satz hatte der Justiziar fast gebrüllt, und seine linke Hand hatte schon in der Vorbereitung eines kräftigen Schlages in Richtung Tischplatte gezuckt.
»Kein Grund, sich aufzuregen, Herr van Roon«, empfahl Hain dem Mann süffisant. »Schildern Sie uns lieber, wie Sie das Verhältnis zwischen Specht und Yildirim wahrgenommen haben.«
Van Roon atmete ein paar Mal tief durch, entspannte sich ein wenig und legte die Arme auf die Schreibtischplatte.
»Als Adressat für diese Frage bin ich leider der Falsche, Herr Kommissar. Ich könnte Ihnen etwas sagen, wenn es dienstliche Verfehlungen bei den beiden gegeben hätte, oder wenn es zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen gekommen wäre, aber es gab weder bei Herrn Specht noch bei Herrn Yildirim jemals etwas in dieser Richtung.«
»Also waren beide so etwas wie Vorzeigemitarbeiter?«
Van Roons Züge entspannten sich nun vollends, und so etwas wie die Andeutung eines Grinsens huschte über sein Gesicht.
»Das will ich damit nicht gesagt haben. Sie sind einfach nicht aufgefallen.«
»Also waren sie gute Lemminge im Teich der Investmentbanker?«
»Ich muss doch sehr bitten, Herr Kommissar!«, schoss der Blutdruck des Justiziars schlagartig wieder in die Höhe. »Diese Ausdrucksweise trifft absolut nicht zu. In unserem Haus gibt es keine Lemminge .«
»Aber es gibt doch immerhin einen Vorstandsvorsitzenden, oder?«, wollte Lenz wissen.
Van Roon nickte irritiert.
»Ja, natürlich haben wir einen CEO.«
»Der aber leider«, ging Lenz nicht auf die international übliche Bezeichnung für den operativen Leiter einer Aktiengesellschaft ein, die der Justiziar ins Spiel gebracht hatte, »im Augenblick unpässlich ist?«
»Ich bin nicht im Detail über Herrn Giegers Terminplan informiert, wenn man Ihnen allerdings gesagt hat, dass er nicht im Haus ist, entspricht das natürlich der Wahrheit.«
»Aber Sie selbst haben es doch der Dame am Empfang ins Ohr geflüstert«, bemerkte der Hauptkommissar spitz.
Wieder atmete van Roon tief durch.
»Ja, natürlich habe ich das … Und es entspricht, wie gesagt, den Tatsachen. Herr Gieger ist heute den ganzen Tag nicht im Haus.«
»Wo steckt er denn, der Herr Gieger?«
»Er nimmt auswärtige Termine wahr, soweit ich weiß.«
Lenz und Hain sahen sich an.
»Ja, da kann man nichts machen«, stellte der junge Polizist schulterzuckend fest.
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