Pechstraehne
Schlüssel für einen Dienstwagen.«
»Aber den musst du doch dann wieder zurückbringen. Das dauert ja alles ewig.«
»Na ja, das ist nun mal nicht zu ändern. Mit der Straßenbahn würde es noch länger dauern.«
»Meine Fresse, Paul, warum habe ich gerade den Eindruck, dass du mich hier mit einem Lächeln auf den Lippen abkochst?«
»Keine Ahnung, ich weiß nicht mal, was genau du meinst?«
»Ich meine, dass du mir, verklausuliert und subtil, zu verstehen gibst, dass du mich gern an deiner Seite hättest.«
»Mhh. Nein sagen würde ich bestimmt nicht, wenn du dich entschließen könntest, das schnell mit mir zu erledigen.«
» Schnell zu erledigen «, feixte der junge Oberkommissar, während er den Autoschlüssel aus der Jacke zog und auf seinen Kombi zuhielt.
*
In der gesamten Straße, in der die Eltern von Nasif Yildirim wohnten, war kein Parkplatz zu finden, deshalb mussten die beiden Polizisten den Toyota einen Block entfernt abstellen und ein paar Minuten zu Fuß gehen. Es war noch immer knapp 30 Grad warm, und die Sonne spiegelte sich in den nach Westen gerichteten Fenstern, von denen viele offen standen. Aus manchen drang Musik, die in den Ohren der Beamten orientalisch klang, und in der Luft lag der typische, die Geschmackssinne anregende Geruch von Holzkohle.
»Da vorn ist es«, deutete Lenz auf einen Eingang, vor dem ein paar Männer mit Zigaretten in den Händen standen.
Sie passierten die kleine Gruppe, die ihren Weg ins Innere des Hauses skeptisch verfolgte.
»Wo wollen Sie denn hin?«, fragte einer.
»Danke, wir kommen schon klar«, gab Hain freundlich zurück, während er die Wand mit den Briefkästen absuchte. Als er fündig geworden war, nickte er Lenz kaum erkennbar zu.
»Scheint im zweiten Stock zu sein.«
Seine Vermutung bestätigte sich, und so legte er kurz darauf den Finger auf die Klingel neben dem golden glänzenden, in dem leicht heruntergekommenen Hausflur deplatziert wirkenden Namensschild.
Es dauerte eine Weile, bis die Tür geöffnet wurde und ein etwa 38-jähriger Mann mit verheulten Augen sie anstarrte.
»Ja bitte?«
Lenz versuchte, so höflich wie möglich zu wirken, als er zu seiner Antwort ansetzte.
»Guten Tag. Wir sind von der Kriminalpolizei und möchten gern zu den Eltern von Nasif Yildirim.«
»Kriminalpolizei? Was wollen Sie denn von uns?«
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«
»Ich bin Osman Yildirim, Nasifs Bruder.«
»Dann möchten wir auch Ihnen unser tief empfundenes Mitgefühl zum Tod Ihres Bruders aussprechen.«
»Danke, aber das passt jetzt alles ganz schlecht. Unsere ganze Wohnung ist voll mit Familie und Freunden.«
Lenz machte eine verständnisvolle Geste.
»Es gibt vermutlich keinen schlechteren Moment, um unsere Fragen zu stellen, aber bitte glauben Sie mir, dass es sehr, sehr wichtig ist.«
Der Mann nickte und zog die Tür endgültig auf.
»Ich weiß zwar nicht, was die Kriminalpolizei mit dem Unfall meines Bruders zu tun hat, aber dann kommen Sie mal rein. Bitte die Schuhe ausziehen und Rücksicht darauf nehmen, dass meine Eltern gerade ihren jüngsten Sohn verloren haben. Ich glaube zwar, dass es noch nicht so richtig in ihren Köpfen angekommen ist, aber die beiden sind, wie wir alle, ziemlich durch den Wind.«
»Wir werden darauf achten, versprochen.«
Die Kripobeamten folgten Osman Yildirim, der sie mit gesetzten Schritten ins Innere der riesigen Wohnung führte. In der Küche, an der sie vorbeikamen, standen mehrere Frauen zusammen, manche mit weißen Taschentüchern in den Händen und mit rot geränderten Augen.
»Da, das ist mein Vater«, deutete Osman auf einen Mann von etwa 68 Jahren mit gegerbter, dunkelbrauner Haut und silbergrauen Haaren, der neben einer etwa gleichaltrigen, leise schluchzenden Frau auf einem dunkelgrünen Sofa saß.
»Baba? Kommst du mal bitte?«
Der alte Türke erhob sich kraftlos und kam fragend auf die drei Männer zu. Jede der etwa 15 anderen Personen im Raum hatte die Augen auf die beiden Fremden geheftet.
»Herr Yildirim?«, fragte Lenz so höflich wie möglich.
»Ja, ich bin Hamit Yildirim.«
Der Hauptkommissar stellte sich und seinen Kollegen vor.
»Wir sind von der Kriminalpolizei und würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen. Meinen Sie, das wäre jetzt möglich?«
»Kriminalpolizei?«
Er sah seinen älteren Sohn an, der jedoch nur mit den Schultern zuckte.
»Gut, kommen Sie mit«, entschied Hamit nach einer kurzen Denkpause. »Wir gehen in Nasifs ehemaliges Zimmer, dort sind wir
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