Pechvogel: Roman (German Edition)
Sie?«
»Scheinbar hat Tommy Wong plötzlich das Glück verlassen, als er einundzwanzig Stockwerke tief in den Tod gestürzt ist. Deshalb wollte ich mich bei Ihnen für Ihre gute Arbeit bedanken. Obwohl ich nicht weiß, was Sie sich dabei gedacht haben, einen Jungen mit in die Sache hineinzuziehen.«
»Jimmy?«, frage ich. »Wissen Sie denn, wo er ist?«
»Entspannen Sie sich, dem Jungen geht es gut. Die Polizei hat Tommys Männer geschnappt, als sie versuchten, das Hotel zu verlassen. Der Junge ist gesund und munter und auf dem Weg zu seiner Mutter und seinem Vater.«
»Haben seine Eltern gefragt, was passiert ist?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber ich schätze, dass an irgendeinem Punkt der Unterhaltung auch Sie zur Sprache kommen werden.«
Ich bin zwar nicht gerade begeistert davon, ein Tagesordnungspunkt bei einer Familiendiskussion im Hause Saltzman zu sein, aber wenigstens geht es Jimmy gut. Und sein Glück fließt immer noch durch seine Adern. Und Doug lebt. Was ja wohl auch etwas wert ist.
»Damit sind wir also quitt«, verkünde ich.
»Nicht so ganz«, meint Barry.
»Was kommt denn jetzt noch?«
Er holt eine weitere Visitenkarte hervor und schreibt etwas auf die Rückseite, ehe er sie mir gibt. Es ist eine Adresse irgendwo im Viertel Japantown, darunter stehen ein Datum und eine Uhrzeit. Morgen um zwölf Uhr mittags.
»Treffen Sie mich dort«, sagt er, »damit wir die Einzelheiten zu Ihrer Anstellung besprechen können.«
»Meiner Anstellung?«
»Sie werden ab jetzt für uns arbeiten. Glück wildern. Genau so, wie Sie es versprochen haben.«
Neuer Gedächtnisvermerk: Mache einem Beamten einer Bundesbehörde niemals Versprechungen, wenn du gerade auf erstklassigem weichem Glück höchster Güte bist. Das führt zu einer Ehrlichkeit wie nach dem Sex. Du bist einfach nicht zurechnungsfähig.
»Alle weiteren Fragen werden Ihnen morgen beantwortet«, fügt er hinzu und lehnt sich selbstgefällig und zufrieden in seinem Sitz zurück. Ich möchte ihn zwar wirklich schlagen oder ihm sein Glück stehlen, aber ich habe tatsächlich gemeint, was ich gesagt habe: Ich will mein Leben verändern. Außerdem bin ich ohnehin eher Pazifist.
Die Tür öffnet sich, ich steige aus und Elwood ein – es ist ein bisschen wie bei der Reise nach Jerusalem, nur ohne Musik. Und ich habe keinen Stuhl abbekommen.
Barry beugt sich in seinem Sitz vor und sagt: »Verspäten Sie sich nicht.«
Die Tür schließt sich, und der Wagen fährt davon. Ich beobachte, wie er an der Ecke in die Post Street abbiegt, ehe ich zum Drake und zu Doug zurücklaufe, der immer noch einsam und verlassen dasteht.
»Komm«, sage ich. »Lass uns hier abhauen.«
»Ich glaube, die wollen noch, dass wir ein paar Fragen beantworten.«
»Ich habe genug beantwortet. Kommst du jetzt?«
Er schaut sich um, als würde er sich von einem miesen Date davonstehlen wollen. Dann nickt er und folgt mir durch den Ausgang. Niemand schreit uns hinterher. Niemand stoppt uns. Entweder macht Dougs Glücksbringer gerade Überstunden, oder die Polizei von San Francisco ist schlichtweg inkompetent.
Wir laufen über die Sutter Street in Richtung meines Büros und kommen an Dougs Auto vorbei. Ich weiß nicht, ob es an der strahlend gelben Lackierung liegt oder an dem Gedanken, dass ich ja nur fragen müsste, um mir das Auto jederzeit ausleihen zu können, aber tatsächlich habe ich in diesem Moment das erste Mal seit Ewigkeiten einen richtigen Plan.
»Warum gehst du nicht einfach nach Hause, Bow Wow?«
»Soll ich dich mitnehmen, Holmes?«
Ich schüttle den Kopf. »Danke, aber ich muss mich zuerst noch um ein paar Dinge im Büro kümmern.«
»Irgendetwas, bei dem ich helfen kann?«
»Ist nur Papierkram«, erwidere ich. »Langweiliges Zeug. Keine Knarren, keine Dächer, kein Feuer.«
Er nickt, als ob er einem Song mit einem wirklich guten Beat zuhören würde, und sagt dann: »Danke, Holmes.«
»Wofür?«
»Dass du mich hast helfen lassen.«
»Klare Sache, Bow Wow. Ich sehe dich dann morgen.«
Er steigt in sein Auto und fährt davon, während ich zu meinem Büro laufe. Dort angekommen, gehe ich die Stufen hinauf, öffne die Tür, nehme im sanften Licht der Schreibtischlampe Platz und schmeiße meinen Laptop an.
Zuerst starte ich eine Suche nach allen Todesfällen in Tucson, Arizona, die drei Jahre zurückliegen. Ich achte besonders auf alles Spektakuläre oder Ungewöhnliche, das sich ereignet hat, kurz nachdem ich das Pech gewildert hatte. Irgendwann
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