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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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nimmt.«
    So viel zu Dougs Wahrnehmungsvermögen.
    »Was du nicht sagst«, brumme ich.
    Doug nickt mir einmal zu, langsam und bedächtig. Wie ein kleines Kind, das zugibt, dass es etwas angestellt hat. »Hab auch gehört, es hält Wilderer auf Abstand, wenn man eine Hasenpfote oder einen anderen Glücksbringer bei sich trägt.«
    »So wie bei Knoblauch und Vampiren?«
    »Exakt. Schon mal ’nen Vampir gesehen, Holmes?«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht«, meint er und klingt etwas enttäuscht. »Aber das hab ich zur Sicherheit immer dabei.«
    Doug greift in sein Hemd und zieht etwas heraus, das an einer Kordel um seinen Hals hängt. Zuerst vermute ich, dass es eine Knoblauchknolle, ein silbernes Kreuz oder eine Phiole mit Weihwasser ist, aber als er die Hand öffnet, kommt ein Messingring von der Größe eines zusammengerollten Kondoms zum Vorschein.
    »Den hat mein Dad mir gegeben, als ich zehn war«, erklärt er. »Das war kurz vor seinem Tod. Er hatte ihn aus einem Karussell auf der Promenade in Santa Cruz. Er meinte, dass ich mir immer den Messingring schnappen soll.«
    Solche Ringe gibt es heute noch bei Karussells in den USA: Während der Fahrt kann man sie sich aus einem Spender schnappen. Die meisten Ringe sind aus Stahl, aber wenn man den Messingring erwischt, legt man ihn nach der Fahrt vor und kriegt einen Preis. Ein echter Glücksfund eben.
    Immer den Messingring schnappen … Mein Vater meinte immer, dass ich mir Eier aus Stahl zulegen sollte.
    »Na ja«, sagt er. »Hab ihn jedenfalls immer an Bord. Hilft nicht gegen Vampire, bringt aber, du weißt schon, Glück eben.«
    In den Vereinigten Staaten küssen Menschen zu dem Zweck Kreuze oder haben eine Hasenpfote als Glücksbringer dabei – obwohl dem Hasen das sicher kein Glück gebracht hat. In anderen Ländern versuchen die Menschen ihr Glück mit allerlei anderen lächerlichen Praktiken anzulocken und zu kontrollieren.
    In Russland etwa trägt man deshalb eine Fischschuppe in der Handtasche oder im Portemonnaie.
    In Deutschland sieht man den Schornsteinfeger nicht nur gern in traditioneller Kluft, sondern schüttelt ihm auch die Hand.
    In Skandinavien hingegen sind es die Trolle, die einem Glück bringen sollen.
    Um ehrlich zu sein, das verwirrt mich immer wieder. Ich dachte immer, dass Trolle in Höhlen, auf Hügeln oder unter Brücken wohnen und Ziegen oder kleine Kinder fressen. Keine Ahnung, was daran Glück bringen soll. Es sei denn, man ist selbst ein Troll, versteht sich.
    Andere glauben daran, dass man Glück dadurch erschaffen kann, dass man nach Gelegenheiten Ausschau hält, auf seine Intuition hört, positiv denkt oder sich eine robuste Einstellung zulegt. Was noch lächerlicher ist, als eine Fischschuppe im Geldbeutel mit sich herumzuschleppen.
    »Hast du denn Glücksbringer dabei?«, fragt Doug und steckt den Messingring zurück in sein Hemd.
    »Nein.« Aber so, wie sich der Tag bisher entwickelt, sollte ich vielleicht mal darüber nachdenken.
    »Kann nicht schaden, Holmes. Du willst doch nicht, dass ein Typ an dir vorbeigeht und dir das Mojo klaut.«
    Äh, ja, dafür ist es wohl zu spät.
    »Danke für den Tipp, Bow Wow«, sage ich und lasse zum Abschied noch einmal unsere Handknöchel aufeinanderprallen.
    Er lächelt und meint, ich solle cool bleiben. Dann macht er noch so ein Gangsta-Peace-Zeichen, das eher so aussieht, als hätte er einen Ausschlag und würde versuchen, sich nicht zu kratzen. »Pass auf dich auf, Holmes.«
    Gerade will ich mich abwenden und mich an dem Gefühl erfreuen, meinen persönlichen Raum zurückgewonnen zu haben, als er sich noch mal zu mir rüberbeugt.
    »Oh, eine Sache noch. Man munkelt auf der Straße, dass Tommy Wong dem Wilderer eine halbe Million verspricht, der ihm Reines bringt. Irgendeine Ahnung, was das heißt?«
    »Nein«, erwidere ich und stelle mich dumm. »Ich habe nicht die geringste Ahnung.«

Kapitel 15
    A ls ich klein war, erzählte mein Großvater oft von berühmten Wilderern, die Menschen wie Napoleon, JFK und dem Kapitän der Titanic das Glück gestohlen haben.
    Manche Geschichten dachte er sich wohl einfach aus, um uns zu unterhalten und zum Lachen zu bringen. Aber ich erinnere mich auch an welche von Glücksdieben, die der Versuchung und der Gier nachgaben. Von Glücksdieben, die den falschen Weg wählten und schließlich von Glück abhängig wurden oder sich mit Pech ansteckten.
    Ich schätze, bei diesen Geschichten hätte ich wohl besser aufpassen sollen.
    Die Erzählung meines

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