Pechvogel: Roman (German Edition)
Idee. Ob sie etwas taugt, weiß ich nicht, aber aus der Idee wird binnen Sekunden ein Plan – und einen Plan zu haben ist aktuell das Einzige, das für mich zählt.
Ich hoffe nur, mir reichen weniger als fünf Minuten für die Umsetzung.
Und so gebe ich vor, meinen Cappuccino auszutrinken, während ich aber knapp die Hälfte davon im Becher lasse, stehe auf und nehme mir meinen Rucksack vom Tisch. Dabei werfe ich die Glückskatze um, deren erhobene linke Pfote abbricht.
Zum Glück bin ich nicht abergläubisch, denn sonst müsste ich jetzt wohl davon ausgehen, ziemlich am Arsch zu sein.
Stattdessen schaue ich mit einem Lächeln zu dem Schläger und zucke die Schultern. »Ups.«
Er schüttelt den Kopf. Das ist immerhin besser als gar keine Reaktion.
»Ich bin bereit, wenn du es bist, Quasselstrippe«, sage ich.
Quasselstrippe öffnet die Vordertür und sagt dem Schläger, was wir vorhaben. Dann führt er mich zu dem Zimmer, in dem Jimmy festgehalten wird.
»Ich habe fünf Minuten, richtig?«, frage ich.
Er nickt, dann schließt er die Tür auf.
»Ich mag Menschen, die wenig Worte machen«, sage ich zu ihm und trete ein. »Macht es leichter, einen Streit zu gewinnen.«
Dann fällt die Tür hinter mir ins Schloss, Quasselstrippe schließt ab und lässt mich mit meinem Rucksack und einem halbleeren Starbucks-Becher in der Hand zurück. Oder mit einem halbvollen Becher – das ist natürlich eine Frage des Standpunktes. Aber aktuell quelle ich nicht gerade über vor Optimismus.
Jimmy steht mitten im Zimmer und mustert mich argwöhnisch, während der Harry-Potter- Film im Hintergrund lautlos weiterläuft.
»Was machst du hier?«, fragt er.
Seine große Klappe und der gespielte Heldenmut sind verschwunden. Jetzt wirkt er ganz einfach wie ein ängstlicher kleiner Junge. Ich schätze, dass so etwas mit einem passiert, wenn man entführt und in einem Hotelzimmer eingesperrt worden ist.
Da ich vermute, dass Quasselstrippe uns durch die geschlossene Tür belauscht, ziehe ich die Kopfhörer aus dem Flatscreen-Gerät, damit der Ton des Fernsehers unser Gespräch übertönt.
»Ich bin hier, um dir zu helfen«, flüstere ich.
»Warum? Ich dachte, du wärest einer von den Bösen.«
»Kommt drauf an, wie man böse definiert.«
Ich merke an seinem Gesichtsausdruck, dass dieser Satz bei Jimmy nicht für ein Gefühl der Erleichterung sorgt.
»Es ist kompliziert«, erkläre ich. »Gehen wir aufgrund des Zeitdrucks und der Situation mal davon aus, dass ich einer von den Guten bin. Okay?«
»Aber ich hab dich mit ihm gesehen.«
»Meinst du den alten Asiaten?«
Jimmy nickt.
»Glaub mir«, sage ich. »Ich hatte keine Wahl.«
Jimmy scheint das Gehörte abzuwägen. Ich wünschte bloß, dass er sich damit etwas beeilen würde. Schließlich bleiben uns nur noch vier Minuten.
»Du bist also hier, um mir zu helfen?«
»Theoretisch«, erwidere ich und stelle den halbleeren Starbucks-Becher auf den Tisch. Dann hole ich den Beutel mit der Hausmischung und den leeren Becher von Peet’s aus meinem Rucksack.
»Was hast du damit vor?«
»Ist alles Teil des Plans. Musst du mal aufs Klo?«
»Nein«, sagt er und sieht peinlich berührt aus.
»Nicht mal ein bisschen?«
Wieder schüttelt er den Kopf.
»Bist du sicher?«
»Ja«, antwortet er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. »Ich bin sicher.«
Erst dann fällt mir auf, dass sein Schritt und eins seiner Hosenbeine feucht sind.
Na, das ist ja super. Ohne zusätzliche Flüssigkeit kann ich meine Idee nicht umsetzen. Und das Letzte, was ich im Moment gebrauchen kann, ist, all mein Glück herauszulassen und am Ende schutzlos zu sein.
»Okay«, sage ich, »hör zu, Jimmy: Es gibt für uns nur einen Weg hier raus, und selbst der ist nicht sehr sicher. Wenn es also funktionieren soll, musst du mir vertrauen. Vertraust du mir?«
Jimmy schüttelt den Kopf.
»Falsche Antwort«, sage ich. »Ehrlich, aber falsch.«
Ich nehme den Kaffeebeutel und schütte etwas von dem Pulver in den Rest meines Cappuccinos, bis eine dicke und klumpige Mischung entsteht. Dann fülle ich meinen Peet’s-Becher etwa zur Hälfte mit Kaffeepulver. Mit dem Rücken zu Jimmy öffne ich meinen Hosenschlitz und entleere meine Blase in den Becher. Mir schießen Tränen in die Augen, als Donnas und Dougs weiches Glück erster Güte meinen Körper verlässt. Obwohl es mir durchaus eine gewisse Freude bereitet, auf Starbucks-Kaffeepulver in einem Peet’s-Becher zu pinkeln.
Ich fülle den Becher zu
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