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Pechvogel: Roman (German Edition)

Pechvogel: Roman (German Edition)

Titel: Pechvogel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. G. Browne
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noch werden?
    Ein letztes Mal atme ich tief durch, dann nehme ich die Phiole und schraube den Deckel ab. Den Großteil des Pechs will ich für Tommy aufsparen, und abgesehen davon bin ich nicht sicher, ob es klappt. Deshalb kippe ich ein Viertel des Inhalts der Phiole in den Peet’s-Becher mit der klumpigen Mischung aus Kaffee und Urin. Ich schaffe es, ohne etwas auf mich zu kleckern oder ohnmächtig zu werden, was immer ein gutes Zeichen ist. Danach verschließe ich die Phiole wieder und schiebe sie in meine linke Hosentasche. Bleibt nur zu hoffen, dass mich niemand in die Eier tritt.
    »Kannst du dir wirklich das Glück anderer Leute ausborgen?«, fragt Jimmy.
    »Nein. Das war nur Teil des Tests.«
    »Schade eigentlich. Wäre ziemlich cool, wenn du das könntest.«
    »Ja«, sage ich. »Das wäre es.«
    Ich stecke den Beutel mit Kaffee in meinen Rucksack und setze ihn mir auf den Rücken. Anschließend nehme ich den harmlosen halbleeren Becher mit Cappuccino und Kaffeepulver und gebe ihn Jimmy.
    »Ich muss dich ein paar Minuten allein lassen«, sage ich. »Aber bald komme ich zurück, und dann habe ich den Schlüssel dabei. Dein Auftrag ist, das hier zu halten und es nicht zu verschütten. Okay?«
    »Versprichst du, dass du zurückkommst und mich holst?«
    »Ich verspreche es.«
    Mit diesen Worten schnappe ich mir den Peet’s-Becher mit dem Urin und dem mit Pech getränkten Kaffeepulver und klopfe an die Tür. »Bin fertig.«
    Quasselstrippe öffnet umgehend und steht nun direkt vor mir. Ich bin zuversichtlich, dass er nicht bemerkt, dass ich mit einem Starbucks-Becher hineingegangen und mit einem Peet’s-Becher ohne Deckel wieder herausgekommen bin, und ich habe Glück: Es fällt ihm tatsächlich nicht auf. So weit, so gut.
    »Bring mich zu deinem Anführer, Erdling«, sage ich, während ich spüre, wie der Becher in meiner Hand warm wird. Das ist nicht die gemütliche Wärme eines Kaminfeuers. Es ist eher die Wärme einer Tür, hinter der ein wütendes Feuer lodert, das genährt werden will.
    Quasselstrippe schließt Jimmy wieder ein und steckt den Schlüssel in die Hosentasche. Weil der Kerl mir so nahe ist und ich langsam die Nerven verliere, kippe ich ihm den Inhalt des Bechers fast ins Gesicht. Aber beide Schläger müssen in Reichweite sein, damit mein Plan funktioniert.
    Er zeigt auf die Vordertür, und ich folge der stummen Aufforderung. Der Becher in meiner Hand wird immer wärmer. Ich spüre, wie er schmilzt und sich an die Form meiner Finger anpasst. Die Frage der Stunde kommt mir erst jetzt in den Sinn: Wenn sich das Pech durch Plastik frisst, was wird es dann mit meiner Hand anstellen?
    Entschlossen öffne ich die Vordertür und gehe hinaus auf den Flur, vorbei an dem anderen Schläger. Und sobald sich auch Quasselstrippe auf dem Flur befindet, schleudere ich den beiden die Pech-Urin-Kaffee-Schlacke aus meinem Becher ins Gesicht.
    Die Brühe spritzt auf ihre Wangen und ihre Stirn, ergießt sich über ihre Hälse und Hemden. Ein Klümpchen landet im linken Augen von Quasselstrippe, ein weiteres auf der Lippe des zweiten Schlägers. Erst reagieren beide nur, indem sie versuchen, die Sauerei wegzuwischen. Fast bin ich schon überzeugt, dass ich einen großen Fehler gemacht habe. Dann stolpert Quasselstrippe zurück in den Türrahmen, und kurz darauf fangen beide an zu schreien. Ich beobachte, wie die Spritzer der Pampe sich auf ihrer Haut ausbreiten, zu etwas Rankenartigem mutieren und schließlich vom Fleisch aufgenommen werden.
    Ich schätze, es funktioniert.
    Noch ehe ich die Chance habe, die Nerven zu verlieren, gehe ich zu Quasselstrippe und trete ihm in die Eier. Nicht sehr fair, zugegeben, aber ich bin ja auch ein Glückswilderer. Als er umfällt, drehe ich ihn mit meinem Fuß um und fische in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel für Jimmys Zimmer. Die beiden Schläger bleiben als sich windende und schreiende Bündel auf dem Boden liegen.
    Großvater hat mir immer gesagt, dass Glück und Pech wie lebende Organismen sind, die eine symbiotische Beziehung mit ihrem Wirt eingehen. Reißt man sie aber aus dieser Beziehung heraus und führt sie einem neuen Wirt zu, weiß man nie, wie das Diebesgut und der Empfänger reagieren werden. Die Chancen, dass bei Glück keine unangenehmen Nebeneffekte eintreten, stehen gut: Glück ist sehr viel wohlwollender – wie ein freundlicher Streuner, der nach einem Zuhause sucht. Pech hingegen gleicht eher einem Virus oder Krebs. Es greift den neuen Wirt an,

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