Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
Vom Netzwerk:
Gehst du? Ich nicht. Mir ist das zu viel.«

 
     
Die Rückkehr des Seemanns
     
    Nach zwei Jahren Schweigen schickte der Seemann Carmita ein Telegramm, abgestempelt in Maracaibo, in dem er ihr seine Rückkehr mitteilte und viele Küsse. Carmita war ganz bestürzt.
    »An den habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. Ist er verrückt geworden?«
    Eine Woche später kam ein weiteres Telegramm »Ich bleibe noch ein paar Tage in Puerto Cabello. Kann es kaum erwarten, dich zu sehen. Viele Küsse.« Diesmal lief Carmita herum und zeigte allen Nachbarn auf dem Dach das Stück Papier. Im Verlauf der Woche hatte sie Zeit gehabt, über alles nachzudenken.
    »Oh, ich kann's nicht erwarten, ihn zu sehen. Er ist der Mann meines Lebens!«
    Und unverzüglich begann sie alles für seine Ankunft vorzubereiten. Sie ging ins Büro der Handelsmarine, gab sich als seine Frau aus und erreichte, dass man ihm ein Funktelegramm schickte.
    »Danke für dein Telegramm. Ich erwarte dich voller Ungeduld. In Liebe, viele Küsse.«
    Noch am selben Nachmittag wurde sie sehr spitz gegenüber Miguelito, der seit einem Jahr für Carmita und ihre beiden Kinder sorgte. Er war ein dicker, plumper Mann, trug einen riesigen Schnurrbart und altmodische Koteletten, war behaart wie ein Bär, schwitzte ständig und stank. Drei-, viermal die Woche kam er zu Carmita ins Zimmer, wann immer es ihm gefiel. Carmita musste dann ihre Kinder auf die Straße schicken, die Tür verschließen und ihm zu Willen sein. Hatte sie ihre Tage, befriedigte sie ihn anal. Miguelito ließ ihr immer vierzig, fünfzig Pesos da, zudem ein Stück Fleisch, ein bisschen Reis und andere Lebensmittel. Er machte wirklich keine großen Umstände, verlangte nicht viel und war ihr unentbehrlich geworden. Manchmal kam er eine Woche lang nicht, dann rannte Carmita zu ihm in die Werkstatt, um ihn zu holen. Er war Drechsler und verdiente gut. Genug jedenfalls, um seine Frau und seine drei Kinder sowie Carmita mit ihren zwei Kindern zu unterhalten. Es gab nur ein Problem: Carmita konnte ihn nicht ausstehen. Manchmal setzte sie sich auf den Bettrand, bekreuzigte sich und betete zu dem Heiligen, der auf dem Nachttischchen stand. »San Lázaro, hilf mir in dieser bitteren Stunde!«
    Er umarmte sie wie ein Gorilla, zog sie brüsk an sich undsagte:
    »Lass den Unsinn und komm her.«
    Das geschah meist dann, wenn er sich mit offenem Mund hingelegt und dabei sein hengstgleiche Erektion gestreichelt hatte, während er ihr zusah, wie sie im Zimmer hin und her lief und sich dabei ganz langsam auszog, um den Moment, wo sie sich zu ihm legte, herauszuzögern. Dieses Ritual erregte ihn noch mehr. Jedenfalls dauerte die »bittere Stunde« höchstens fünf Minuten, denn sie wusste, wie sie ihren Unterleib zu bewegen und seinen Schwanz mit den Schamlippen zu pressen hatte, sodass er es nie länger als fünf Minuten aushielt, ehe er schnaufend und schnaubend kam. Dann war er zufrie-den und schläfrig und sagte immer dasselbe.
    »Du bist eine Wilde. Den letzten Tropfen holst du aus mir raus. Du hast eine Samthand zwischen deinen Beinen.« Das war alles. Nachdem er sich noch kurz bei einem Kaffee und einer Zigarette erholt hatte, ging er wieder. Zwei Tage nach dem zweiten Telegramm fing Carmita unter irgendeinem Vorwand einen Streit mit Miguelito an, verschüttete den Kaffee in der Küche, schimpfte ihn knauserig und selbstsüchtig und warf ihn kurzerhand hinaus. »Und lass dir ja nicht einfallen, in deinem Leben jemals wieder hierher zu kommen, unter welchem Vorwand auch immer! Wenn ich dich brauche, ruf ich dich bei der Arbeit an. Und jetzt geh mir aus den Augen und lass dich nie mehr hier sehen!«
    Miguelito war kein Freund vieler Worte, vielmehr keines einzigen Worts. Außerdem wusste er, dass sie ihn immer aufsuchte, wenn sie zwanzig Pesos brauchte. Also antwortete er gar nicht erst. Er zuckte die Schultern und ging. Carmen unterrichtete ihre beiden Kinder über die unmittelbar bevorstehende Rückkehr von Luisito. Die Kinder erinnerten sich nicht an ihn. »Und wehe, ihr benehmt euch nicht anständig, wenn er hier zur Tür hereinkommt. Ihr werdet ihn umarmen, nett begrüßen und runter auf die Straße gehen. Hier stört ihr uns nur.«
    Dann machte sie sich daran, ihr vier mal fünf Meter großes Zimmer und das eingebaute Mezzanin gründlich sauber-zumachen. Unten befanden sich das winzige Wohnzimmer, die Küche, das Spülbecken, ein kleiner Schrank und eine Dusche, auf dem Mezzanin ihr Bett und das der Kinder, die

Weitere Kostenlose Bücher