Pedro Juan Gutiérrez
kassierten ein paar hundert ein. Vielleicht gab es noch einen anderen Transporter, mit dem man dasselbe vornahm. Drei Wochen vergingen so, und nichts Außergewöhnliches geschah. Die letzte Nacht wurde die schwierigste. Im Morgengrauen wollten wir einen alten, zerlumpten Mann mitnehmen. Er lag ausgestreckt im Eingang eines Krankenhauses. Als ich ihn umdrehte, damit wir ihn zu zweit zum Transporter schleppen konnten, entdeckten wir, dass er in einer Blutlache lag. Er erbrach schwarzes Blut und umklammerte zugleich einen Sack mit Mangos. Der Sack war schwer, aber er klammerte sich daran und kotzte schwarzes Blut auf die Mangos. Das Blut stank. Der Mann hatte innere Verletzungen. Wir ließen ihn wieder auf den Boden fallen. »Was sollen wir mit diesem Stück Scheiße machen, Mann?«, fragte ich meinen Kollegen.
»Wenn wir ihn hier liegen lassen, müssen wir wiederkommen, um ihn zu holen«, entgegnete mir Cheo. »Ja, aber er wird den Transporter versauen und am Ende krepieren. Lass ihn uns lieber rüber zur Wache schleppen.« Wir hoben ihn wieder hoch. Nicht eine Sekunde ließ der Scheißkerl seinen Sack Mangos los. Auf der Wache war niemand außer einer schwarzen Alten mit Feudel und Eimer. Sie schlief fast, wurde aber fuchsteufels-wild, als wir mit dem blutenden Kerl ankamen. »Was ist denn das? Nein, nein, nein, nicht hier!!« »Was heißt, nicht hier, Señora? Wohin dann?« »Nein, nein. Lässt ihn draußen.«
»Arbeiten Sie hier? Holen Sie einen Arzt. Komm, Cheo, wir gehen.«
Wir drehten uns um und wollten gehen, da kam aus einer dunklen Ecke ein Polizist hervor. »Moment mal, so geht das nicht. Wohin wollt ihr?«
»Sehen Sie, dieser Mann lag im Eingang des Krankenhauses und spuckte Blut, da haben wir ihn hergebracht.«
»Um diese Zeit? Es ist halb fünf Uhr morgens. Eure Ausweise. Was arbeitet ihr?«
»Nichts.«
»Ihr arbeitet nicht?«
»Doch... äh... wir sind Müllmänner.«
»In dieser Uniform? Seid ihr Müllmänner in der Schweiz oder in den Staaten oder wo?«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Und Cheo, dieser Idiot, kriegte den Mund sowieso nicht auf. Der Alte kotzte jetzt immer mehr Blut auf den Mangosack. Die alte Putzfrau kriegte Zustände, weil sie alles noch einmal würde aufwischen müssen. Nachdem der Alte die ganze Sauerei aus seinem Innern von sich gegeben hatte, zuckte er noch einmal auf und starb dann stinkender als ein Müllwagen. Sogar ich fand's eklig, und das will was heißen. Mitten in diesem Scheißdurcheinander kamen zwei riesige Schwarze im Taxi vorgefahren. Einer von ihnen war ein sehr heller Mulatte mit einer bombastischen Goldkette um den Hals. Er war viel zu hübsch für einen Mann, sah aus wie ein Filmstar. Er weinte vor Schmerzen. Seine Hosen schlotterten um die Füße, ein Knüppel steckte in seinem Arsch, und er blutete. Er konnte kaum gehen. Der andere half ihm. Er sah ängstlich aus, aber er half ihm. Der Polizist ging auf sie zu.
»Das hat mein Mann getan, er hat mir den Knüppel reingerammt! Ich kriege ihn nicht wieder raus... ayyy... ich falle gleich um, lassen Sie nicht zu, dass er geht, mein Mann, dass er mich allein lässt...«
Dann brach er bewusstlos zusammen. Der andere schwarze Hüne wirkte noch erschrockener und brüllte: »Was heißt hier dein Mann, du schwule Sau? Ich bin ein Mann, Herr Wachtmeister, und diesen Kerl hier kenne ich nicht.«
Während der Polizist versuchte, seine Handschellen vom Gürtel abzuschnallen, machte der schwarze Hüne, dass er wegkam. Der Polizist konnte ihn nicht einholen. Der Taxifahrer stieg aus dem Wagen und durchsuchte die Taschen des bewusstlosen Schwulen, um das Fahrgeld zu kassieren. Inmitten dieses Chaos zerrte die Alte den mit Blut und Scheiße vollgekotzten Sack Mangos in eine Ecke. Sie suchte sich die saubersten aus und begann zu essen. Cheo und ich brachen auf. Wir brauchten unbedingt einen Schluck Schnaps, aber um diese Uhrzeit waren alle Bars geschlossen. Cheo lief neben mir her.
»Mann, lieber wieder Müllmann... das hier ist zu viel für mich.«
Und tatsächlich nahmen wir am nächsten Tag wieder unsere Arbeit als Müllmänner auf. Und ich habe den Eindruck, dass unsere Mühen eh für die Katz waren. Ich sehe jetzt viel mehr Verrückte und Bettler auf der Straße als vorher. Sie scheinen sich zu vermehren wie die Karnickel. Sie sind überall zerlumpt, besoffen, im Selbstgespräch. Jeden Tag erzählt mir Cheo dasselbe:
»Mann, die holen uns bestimmt jeden Moment wieder, um all diese Scheißer zu kassieren.
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