Pedro Juan Gutiérrez
durcheinander bringen.«
»Ich will dich nicht durcheinander bringen. Du wirst die Pesos nur so scheffeln.«
»Komm auf den Boden, Söhnchen. Es gibt hier zu viele Kontrollen, man kann nichts Großes aufziehen. Krieg das endlich in deinen Schädel, damit er nicht zerbirst. Die Sache mit dem Monte gefällt mir, denn die wirst du persönlich übernehmen.«
»Morgen bringe ich dir den Tisch, und wir lassen es krachen.«
»Und wie wollen wir verbleiben?«
»Sehen wir uns erst mal an, was er abwirft, dann kann ich dir sagen, wie hoch dein täglicher Anteil ist.«
»Okay, stell ihn auf. Aber eines wollen wir noch klar stellen: es darf hier weder Diskussionen noch Zank geben, und niemand kommt hier mit Waffen rein. Einige dieser Schwarzen laufen immer gern mit Messern oder Dolchen herum. Alles muss bleiben, wie es ist. Laute Musik aus dem Radio oder vom Plattenteller, aber die Leute kommen und gehen diskret. Keine Besäufnisse oder Frechheiten. Der einzige freche Mensch hier bin ich, und jeder, der gegen mich laut wird, betritt nie wieder diese vier Wände. Außerdem will ich keine Nutten, weil Frauen alles komplizieren und die Männer aufstacheln. Ich will alles ruhig und anständig wie gehabt.«
»Ende der Lektion, Señora, oder gibt's noch was?« »Ende der Lektion. Und keinen Verstoß dagegen, denn beim ersten Verstoß setze ich dich an die Luft, samt Tisch und Würfeln und einem Tritt in den Arsch. Und ich werde nicht auf einen zweiten warten.«
»In Ordnung, Señora. Morgen fangen wir an.«
»Und der Tisch?«
»Den bringe ich heute Abend. Mach dir keine Sorgen, ich weiß, was ich tue. Ich habe zwei Jahre im Knast gesessen, und ich habe nicht vor, dorthin zurückzukehren.«
»Ich weiß, du bist ein scharfer Hund, weiß sein ist ein eigener Beruf.«
»Ha, ha, ha. Gib mir noch 'n Doppelten, das wollen wir feiern.«
»Ja, aber betrink dich gefälligst woanders.«
»Esperanza, warum so streng? Kein Sinn für Humor?«
»Ich habe in meinem Leben schon genug gelacht.«
»Stimmt es, dass du vom Kiez in Colón stammst?«
»Warum fragst du, wenn du es schon weißt?«
»Als sie dort die Bars dicht gemacht haben, warst du immer-hin ungefähr vierzig.«
»Ja, aber ich war noch ein heißes Huhn. Ich war zweiund-vierzig, aber wenn du mich gesehen hättest, wärest du wahnsinnig hinter mir her gewesen. Seinerzeit hatte ich einen sechsundzwanzigjährigen Geliebten, einen hübschen weißen Burschen, der wie ein Filmstar aussah. Ich sorgte dafür, dass er stets von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet war, mit Gold bis in die Zahnfüllungen.«
»Du bist immer noch schön.«
»Lass deine Scherze. An mir ist nichts mehr dran. Im September werde ich sechsundsiebzig.«
»Aber du wirkst stark, siehst aus wie sechzig.«
»Ich wirke so, du sagst es.«
»Mein Onkel hatte dort eine Bar. Auf der Consulado, Ecke Virtudes.«
»Eine nette Bar, es gibt sie immer noch.«
»Wo hast du denn gearbeitet?«
»In allen Bars, mein Sohn, seit ich vierzehn war. Ich habe sogar vier Jahre lang bei Marina gearbeitet.«
»Marina war berühmt.«
»Ja, sie verdiente gut. Zu ihr kamen keine Proleten, nur Männer in Anzug und Krawatte, die Parfüm verschenkten und am nächsten Tag Blumen schickten. Leute mit Stil. Und auch wir Mädchen hatten Stil. Es waren die besten Jahre meines Lebens.«
»Warum bist du von dort weggegangen?«
»Schluss jetzt. Du bist ein echter Charmeur und bringst mich noch zum Erzählen. Aber mein Geheimnis nehme ich mit ins Grab.«
Katia, Esperanzas Tochter, unterbrach uns. »Entschuldigung, bitte. Ich will nicht stören, aber ich muss meine Kinder füttern.«
»Wie höflich wir heute sind.«
»So wie immer. Ich bin schwarz, aber ich habe Manieren. Nicht so eine Zicke wie du, die nach außen hin so weiß tut und in Wahrheit das Letzte ist.«
Katia stand seit einem Jahr lang unter Hausarrest, nachdem man sie in einem Devisen-Shop beim Klauen erwischt hatte. Eigentlich hatte man sie zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, doch sie hatte einen sechsjährigen Sohn und eine kleine Tochter. Bei der Urteilsverkündung war sie schwanger gewe-sen, und das hatte sie vor dem Knast gerettet. Sie durfte das Haus nicht verlassen. Jederzeit konnte ein Polizist an die Tür klopfen und nach ihr sehen. Nicht einmal ins Nachbarhaus durfte sie gehen. Wenn man sie außerhalb ihrer Wohnung schnappte, würde man sie einsperren. »Es hat dir gut getan, das Haus zu hüten.«
»Findest du?«
»Und ob ich das finde, Kindchen!«
Katia war
Weitere Kostenlose Bücher