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Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
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gehen. Er ist mal hü, mal hott und kann sich nicht entscheiden. So kann man doch nicht leben. Ich jedenfalls haue ab.«
    »Carlitos, bist du ganz sicher, dass er der Besitzer ist? Vielleicht...«
    »Verdammt, Pedro Juan. Er ist der Besitzer. Ich bin heute ziemlich nervös und habe keine Zeit. Ich erkläre dir alles ein andermal. Mein Vater ist ein Löwe in Sachen Bisniss. Er ist bereits Millionär. Binde mir mal die Krawatte.«
    Ich band sie ihm.
    »Du willst also nach New Jersey zu deinem Vater?«
    »Ja, genau. Dort hat er seine Firma.«
    »Es ist kalt dort oben. Du wirst Heimweh bekommen.«
    »Ich werde kein Heimweh haben. Und ich mag die Kälte. Verdammt, Pedro Juan, fängst du jetzt auch schon an wie meine Tante? Verderbt mir doch nicht alles! Kennst du nicht jemanden, der eine japanische Armbanduhr und ein Motorrad kaufen will?«
    Er zeigte mir die Uhr an seinem Handgelenk und deutete hinunter auf die Straße:
    »Dort ist das Motorrad, verchromt und tiptop in Ordnung. Ich bin völlig abgebrannt und brauche Kohle, um mich über Wasser zu halten, bis ich fahre.«
    Das Hemd war jetzt gebügelt. Die Tante hob bloß schweigend die Brauen. Carlitos zog sich das noch warme Hemd über. Dann zog er die Krawatte zu. »Sitzt der Knoten so richtig?«, fragte er mich. Die Tante unternahm einen letzten Versuch, ihn zu überzeugen:
    »Und was ist mit deiner Frau und deiner Tochter?« »Die können ruhig hier bleiben, Tante! Hör jetzt auf, lass mich in Ruhe. Ich will in diesem Scheißhaufen hier nicht verhungern. Gib mir ein Jahr, dann komme ich rüber in meiner Luxusyacht, um euch zu besuchen, du wirst schon sehen - ich komme nicht geflogen. Das Erste, was ich mir kaufen werde, ist eine Luxusyacht. Dann ein Auto, und dann ein Haus mit Swimmingpool. Du wirst sehen, in einem Jahr bin ich Millionär!«
    Daraufhin wandte er sich mir zu und sagte: »Okay, Mann, wir sehen uns noch. Ich muss heute die Passbilder fertig haben, um dann morgen nach Havanna zu fahren und alle Papiere vorzulegen. Wenn meine Papiere angenommen werden, stehe ich mit einem Fuß im Paradies, mit dem anderen noch in der Hölle.«

 
     
Das geheimnisvolle Leben von Kate Smith
     
    Ich glaube, Kate Smiths Leben ist bereits ein absolutes Mysterium. Niemand wird je herausfinden, wie sie die neun-undachtzig Jahre verbrachte, ehe sie starb, technisch ermordet. Nur technisch, in legaler Hinsicht war's kein Mord. Ich habe zwei Versionen von Kates Leben: ihre und die einer Nachbarin, die sie hasste.
    All die Zimmer auf dem Dach bildeten einmal drei luxuriöse Penthäuser, die an drei alleinstehende, solvente Nordamerikaner vermietet wurden. Sie feierten diskrete Orgien, bei denen sich Lustknaben und Kurtisanen jeglicher Hautfarbe mischten, und ernährten sich ausschließlich von Schinken, Oliven und Whisky, Abelardo zufolge, einem alten Asturier und ehemaligem Lieferburschen von ein paar Läden mit Importwaren, die früher an der Ecke standen, wo heute so ein Wohnhaus wie dieses hier steht.
    Als 1959 die Revolution triumphierte, verließ einer von ihnen die tropische Fiesta und kehrte heim. Ein anderer versuchte, nach einem sehr originellen Plan des CIA vorangekündigt, Fidel umzubringen: Er befreundete sich mit dem Staatschef, entdeckte dessen Vorliebe fürs Tauchen und schenkte ihm einen schönen Taucheranzug aus Kautschuk, der von innen mit einer giftigen Substanz beschichtet war. Dieser Herr konnte daraufhin seine (vielleicht ein wenig ungehobelteren) Lust-knaben circa zwanzig Jahre lang im Gefängnis von Havanna genießen.
    Nur Kate blieb in ihrer Dachwohnung, verbarrikadiert hinter reichlich Gittern. Die Eigentümer des Mietshauses flohen nach Miami, die Mieten sanken, das Haus füllte sich mit Menschen. Täglich werden wir mehr auf der Insel und wissen schon nicht mehr, wohin mit uns. Die Machthaber nennen es »Umverteilung von Wohnraum«. Wir in unserem umverteilten Wohnraum nennen es »zusammenpferchen«. Die Machthaber können sich nicht vorstellen, was es heißt, zu sechst oder siebt in einem einzigen Raum von vier mal vier Metern zu leben, mit einem Gemeinschaftsbad für fünfzig Menschen oder mehr. Und falls sie es sich doch vorstellen können, spielen sie die Ahnungslosen. Wie gesagt, Kate behielt ihre Wohnung mit ihrem Teil der Dachterrasse, die direkt auf den Malecón ging. Der übrige Teil füllte sich mit Aufbauten und prosaischen Unbekannten. Vulgäres Pack. Wahrscheinlich bin ich einer dieser prosaischen Scheißer. Was weiß ich. Und ich will es

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