Peehs Liebe
genau bei Leo, der ihn mit der Brust stoppte, den rechten Verteidiger und den Libero austrickste. Für eine Sekunde stand er mit dem Ball vor dem Torwart, es sah aus, als würde er überlegen, was er jetzt machen sollte. Der Torwart rannte auf Leo zu. Als er sich vor ihn auf den Rasen warf, lupfte Leo den Ball über ihn hinweg, und er kullerte über die Torlinie. Es waren noch ein paar Minuten zu spielen. Die Jünkerather versuchten alles, aber ich parierte jeden Schuss.
Danach war ich in Kall so etwas wie ein Held, alle Leute grüÃten mich. Sogar die Mutter von Peeh lächelte mir zu, als wir uns auf der StraÃe begegneten. Beinahe hätte ich sie gefragt, wie es Peeh geht und was sie macht. Ich traute mich aber nicht, so arrogant wie sie war. Vincentini behauptete, ich hätte das Talent von ihm, denn er hatte in seiner Jugend in Jünkerath und Kyllburg FuÃball gespielt. Er gab mit mir an, wenn er seinen Perseus vorführte, erzählte, als Junge habe ich kein Wort gesprochen, sei völlig einfältig gewesen, aber nachdem er mich mit dem Perseus behandelt habe, hätte ich sprechen gelernt und sei noch dazu ein guter FuÃballspieler geworden.
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Annie war nackt, trug nur ein Kettchen um den Hals, das sie als Mädchen von ihrem Vater geschenkt bekommen hatte. Auf ihrem Oberarm hatte sie eine kleine Tätowierung, ihre Haare waren hochgesteckt. Es war das erste Mal nach langer Zeit, dass sie sich so betrachtete. Sie hatte wie ihre Mutter viele groÃe und kleine Sommersprossen im Gesicht. Lange hatte sie nicht mehr mit ihrer Mutter gesprochen, es war, als lebte sie auf einem weit entfernten Kontinent. Sie begann, ihre Sommersprossen zu zählen, vielleicht hatte sie ja genauso viele wie Peeh. Sie öffnete ihr Haar, schüttelte den Kopf, ihr Haar fiel ihr auf die Schultern und den Rücken. Die Haarspitzen kitzelten, sie sagte leise «Peeh» und tänzelte in ihrer kleinen Diele herum.
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I ch wurde damals tatsächlich zum Probetraining nach Köln eingeladen. Leo begleitete mich, denn ich bildete mir immer noch ein, wenn ich Kall verlieÃe, wäre die Eifel für immer vom Erdboden verschwunden. Ich würde dann wieder umherirren und nicht mehr zurückfinden. Als der Zug durch den Tunnel fuhr und schlieÃlich wieder auftauchte, kam es mir vor, als wäre ich in einer anderen Welt, unbekannter und befremdender als das, wovon Höger mir auf den Fahrten im Steinlaster erzählt hatte. In Köln fuhren wir mit der StraÃenbahn zum Training. Man stellte mich ins Tor und brachte mich danach zur Sporthochschule, wo meine Reaktionen getestet wurden. Nach dem Probetraining wurde ich in den Mannschaftskader aufgenommen, obwohl ich mit achtundzwanzig Jahren schon ziemlich alt für einen FuÃballspieler war. Man tat alles, damit ich mich in Köln wohlfühlte. Ich wohnte in der Nähe des Stadions und telefonierte jeden Abend nach dem Training mit Evros. Wenn ich seine Stimme hörte und das Brabbeln von Strohwang, Delamot oder Zehner im Hintergrund, wusste ich, dass es Kall noch gab, und war beruhigt. Ich tat in der Zeit nichts anderes, als trainieren, fernsehen und lesen, und war sehr allein. In der Stadtbibliothek las ich Bücher über römische Archäologie, über Orientreisen und Wüsten. Ich hoffte, etwas über meinen Vater zu erfahren. Ich las alle Bücher zum Thema Archäologie, die es damals in der Bibliothek gab. Eines Abends spazierte ich zur Bibliothek und entdeckte an einer Bushaltestelle ein Plakat einer unbekannten Band, auf dem Peeh abgebildet war.
Die Band trat in einem kleinem Club auf. Peeh spielte Klavier und sang. Die Band bestand aus einem Schlagzeuger, einem Saxophonisten, einem Bassgitarristen und einem Jungen, der hinter Lautsprecherboxen versteckt Mundharmonika spielte. Die Musik war anders als die, die ich von ihr im Radio gehört hatte. Die Leute scherten sich einen Teufel um die Livemusik, sie standen an der Theke, quatschten und lachten. Peeh schien es egal zu sein, dass niemand zuhörte. Es war, als würde sie nur für sich selbst spielen und singen. Als sie in der Pause mit dem Rest der Band an die Theke kam, redeten sie von einer bevorstehenden Australientournee. Sie blickte mir in die Augen, kam dann zu mir und fragte, ob ich Rosarius sei. Sie sagte, sie könne nicht glauben, wie sehr ich mich verändert hätte. Früher sei ich klein und schmächtig gewesen, hätte eine
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