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Peehs Liebe

Peehs Liebe

Titel: Peehs Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Scheuer
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lagen, fand sie Zeit, Rosarius wieder zu besuchen. Er hatte sich zur Wand gedreht und schlief. Annie öffnete das Fenster, um frische Luft ins Zimmer zu lassen, und blieb eine Weile bei ihm sitzen. Es war den ganzen Tag heiß und schwül gewesen, jetzt war es völlig windstill, weit entfernt vernahm man das Grummeln eines Gewitters. Annie trug ein weißes T-Shirt und Jeans. Sie hatte in der Küche ein Glasschälchen geholt, barfuß war sie durch hohes Gras zu den Johannisbeersträuchern gelaufen, hatte die letzten Beeren gepflückt. Sie wollte Rosarius nicht wecken. Irgendwann tief in der Nacht, als er wach wurde, gab sie ihm die Beeren.
    Â 
    N achmittags half ich Evros in der Gaststätte. Während wir die Tische abwischten und Gläser spülten, erzählte er von seiner Heimat und seiner Familie, die auf einer griechischen Insel lebte, auf die er eines Tages zurückkehren würde. Am Abend, gegen sieben Uhr, ging ich zum Fußballtraining auf den Sportplatz. Wir spielten quer über den Platz auf die kleinen Eisentore. Ich stand im Tor und hielt jeden Ball. Claßen, der Trainer, meinte, bei mir funktioniere das deshalb so gut, weil ich ähnlich wie ein Insekt mit Facettenaugen Bewegungen blitzschnell wahrnehmen könne. Claßen untersuchte meine Augen, konnte aber nichts Besonderes entdecken. Beim nächsten Mal stand ich im großen Tor. Claßen versuchte mir beizubringen, den Ball richtig zu fangen und ihn nicht dem gegnerischen Spieler vor die Füße zu werfen. Er schrie mich an, weil ich vieles nicht sofort begriff. Abends an der Theke sagte Claßen, ich hätte zwar schnelle Reflexe, verstünde das Spiel aber nicht. Evros war stolz, als Claßen einen Spielerpass für mich beantragte, ich ein Trikot bekam und in der ersten Mannschaft mitspielen durfte. Wenn ich mit Vincentini unterwegs war, und er seine Patientinnen besuchte, übte ich ausdauernd, den Ball zu fangen, warf ihn hoch oder prellte ihn gegen eine Wand, um ihn dann zu greifen. Manchmal hielt Vincentini auf einem Parkplatz, trainierte mich und gab damit an, welch toller Fußballer er früher gewesen sei.
    Als wir wieder zu Hause waren, lief ich gleich zum Training.
    So verging der Sommer. Seit ich im Tor stand, verloren wir kein Spiel. Vor Saisonende im Winter waren wir in der Tabelle punktgleich mit Jünkerath, gegen die Kall, solange man zurückdenken konnte, immer verloren hatte.
    â€¦
    Annie machte ihren Rundgang durch das Haus, während es draußen stürmte. Sie blieb wie so oft vor den alten Fotografien im Flur stehen, betrachtete die hohen zerklüfteten Halden, das riesige Plateau auf den Bleisandbergen, das einer Geröllwüste ohne jegliche Vegetation glich, durch die eine kleine Bahnlinie führte. Arbeiter standen stolz neben den Loren oder fuhren ins Bergwerk ein.
    Annie erwartete Bellarmin, er war am frühen Abend zu den Bleisandhalden aufgebrochen. Sie sah ihn im Regen zurückkommen. Doch sie konnte jetzt nicht zu ihm gehen, musste erst alle Fenster im Haus schließen, bevor das Unwetter losbrach. Schon klatschte der Regen auf staubige Parkwege. Manche der alten Leute hatten wie kleine Kinder Angst vor Gewitter, vor in der Dunkelheit zuckenden grellen Blitzen, dem Rumpeln und Krachen des Donners, der dann plötzlich eintretenden Stille, in der nur noch prasselnder Regen zu hören war. Rosarius aber liebte Gewitter, einmal hatte er mit seinem Rollstuhl während eines Gewitters draußen auf dem Hof gestanden. Sie öffnete das Fenster in seinem Zimmer weit, damit er den Regen und das Rauschen der Bäume hören konnte.
    Â 
    A m Ende der Saison 1966 standen wir alle vor dem Training in einer Reihe im Mittelkreis. Es schneite, und wir froren. Claßen hüpfte auf und ab, forderte, wir müssten das alles entscheidende Spiel gegen die Jünkerather gewinnen, koste es, was es wolle. Es sei das Wichtigste überhaupt in unserem Leben, dieses Spiel zu gewinnen. An seinem Schnauzbart hingen gefrorene Tröpfchen, die er manchmal mit der Zungenspitze ableckte. Er stand direkt vor uns, schrie, als wären wir schwerhörig, fragte, ob wir alles kapiert hätten. Ich nickte, verstand aber nicht viel von dem, was Claßen brüllte. Er schritt die Mannschaft ab, zog mich von Leo weg, schrie den anderen zu, dass sie sich warm laufen sollten. Man hörte bei den Sandsteinfelsen im Wald Gewehrschüsse von einer Treibjagd. Das krachende

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