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Peehs Liebe

Peehs Liebe

Titel: Peehs Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Scheuer
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zurück.
    In der Nacht machte Annie ihren Kontrollgang durch die Zimmer. Rosarius lag unruhig im Bett. Lambertz war da gewesen und hatte Fragen gestellt, die Rosarius nicht verstand. Er murmelte Straßennamen, viele unbekannte Namen, die sich kein normaler Mensch merken konnte. Vielleicht hatte Rosarius die Namen nur erfunden, ein verzweigtes Spinnennetz von Pfaden, Wegen und Straßen, in dem der alte Mann sich verfangen hatte, in einer Welt, die es nicht wirklich gab. Am Morgen, als ihr Dienst vorüber war, ging sie in die Remise. Bellarmin war nicht da. Sie suchte in den Schränken nach einem warmen Mantel für den Winter, fand einen, der ihr passte, und betrachtete sich im Schrankspiegel. Sie behielt den mit Daunen gefütterten Mantel an, setzte sich in einen Sessel und las in einem Buch über Archäologie. Als Bellarmin endlich kam, schlief sie. Er weckte sie vorsichtig, sie umarmten und küssten sich.
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    Das Lager des Archäologen befindet sich in der marokkanischen Steinwüste
(Nord 30°20’46” West06°09’37”),
30 Kilometer von Zagora entfernt, sein Zelt steht auf einem Hochplateau direkt neben einer Akazie, die mit langen Dornen bewehrt ist, deren doppelt gefiederte Blätter Schatten spenden. Die letzten Europäer begegneten ihm in einer Wellblechsiedlung, als er Proviant und Wasservorräte auffüllte. Der Archäologe hockt an seinem schattigen Platz unter der Akazie, blickt zur Bergkette am Horizont. Berge, die nie jemand bestiegen hat, weil sich dort nur Sand befindet. Er macht Notizen und kleine Zeichnungen. Er schreibt, er beabsichtige, in den nächsten Tagen nochmals durch die Libysche Wüste über Algerien, Ägypten und Jordanien bis nach Syrien zu fahren. Er hat seinen Traum von Resafa und der verschwundenen Straße unter dem Sand der Syrischen Wüste noch nicht aufgegeben. Auf Hügeln wachsen dürre Terfa-Sträucher. Staub wird ständig aufgewirbelt, er kommt sich vor wie ein Sandkorn im Wüstenwind. In der Nacht regnet es. Die Akazie entfaltet ein Meer von duftenden Blüten, das Summen tausender Insekten begleitet den Sonnenaufgang. In der Savanne blühen nun Calotropis-Stauden, deren saftige, giftige Früchte unter den Händen zerbröseln. Ein schwarz-weiß gefiederter kleiner Vogel, der von den Einheimischen MulaMula genannt wird und Glück bringen soll, besucht ihn jeden Morgen zum Frühstück, holt sich eine Ration Rosinen ab. Der Archäologe spricht mit dem Vogel. Seit er an dieser Stelle zeltet, träumt er oft von seiner Jugend. In einem Traum, den er im Tagebuch schildert, sitzt er als junger Mann im Regionalzug in die Eifel auf der Strecke von Köln nach Trier, ein Mädchen hockt ihm gegenüber und sieht ihn unentwegt an. Er erzählt ihr von antiken Straßen, diedie ganze Welt wie ein Netz umspannen. Er blickt in ihre großen, naiven Augen, während er redet. Nachts ruft er schweißgebadet ihren Namen, an den er sich nicht mehr erinnert, sobald er aufgewacht ist, dann sinkt er zurück in den Schlaf, um sie wie damals zu liebkosen.
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    Â 
    A ls ich Strohwang im Krankenhaus besuchte und von den Jungen erzählte, die in sein Areal hatten einbrechen wollen, verlangte er, dass ich ihm ihre Namen nenne. Ich entgegnete, ich wüsste nicht, wer sie gewesen seien. Er regte sich auf, lamentierte, was ich für ein Dummkopf sei. Ich musste Äste, die über den elektrischen Zaun ragten, abschneiden und war gerade fertig geworden, als Strohwang den Steilhang hinaufkletterte. Er war noch nicht gesund, hatte sich aber selbst aus der Klinik entlassen. Ich glaube, sie waren dort froh, ihn los zu sein. Er brauchte eine Stunde bis nach oben, dann legte er sich in den Bauwagen und schlief erschöpft ein.
    Ich fuhr mit Karl Höger, der seit einer Woche von einer Fernfahrt zurück war, im Steinlastwagen nach Kall. Höger erzählte unentwegt von fremden Ländern, in denen er gewesen war. Als Strohwang im Krankenhaus gelegen hatte, durfte Socke mich im Lastwagen begleiten. Ihm gefiel das genauso gut wie mir. Ich hätte ihn auch wieder mitgenommen, aber er gehörte schließlich Strohwang. Wäre Socke nicht oben bei ihm gewesen, hätte ich nicht geholfen. Als es ihm besser ging, besorgte Strohwang eine elektrische Seilwinde, mit der er sich in den Schacht hinunterließ. Er arbeitete von früh bis spät im Stollen. Wenn ich ihm Lebensmittel (Bier, Brot und

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