Peehs Liebe
UmgehungsstraÃe, wo wir uns auf eine Bank setzten. Die Laster krochen aus dem Bruch und fuhren, einen Staubschleier hinter sich herziehend, über den Höhenrücken. Wenn einer auf die LandstraÃe bog, verabschiedete ich mich von Elena. Ich weià nicht, warum die Zeit nun schneller verging. Vielleicht geht es, wenn es schön ist, besonders schnell, so schnell, dass man sich an vieles Schöne nicht mehr erinnert, wenn es wieder schlimmer im Leben wird.
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Manchmal stand Annie nachts, wenn Bellarmin tief schlief, leise aus seinem Bett auf, zog sich an und setzte sich in einen Sessel in der Remise oder schlich durch den Park, durch den Kolonnadengang, der Haus Risa mit Haus Viktoria verband, durch die Flure zu Rosarius, der mit geschlossenen Augen im Bett lag.
Bald kommen ja die schönen Wintertage, wo die dunkle Erde nichts mehr ist, als die Folie des leuchtenden Himmels, da wäre es gute Zeit.
«Wozu wäre es gute Zeit?», fragte Annie leise. Rosarius antwortete nicht, wiederholte nur ihre Frage und summte dann wieder mit einem Lächeln auf seinem Gesicht. Annie ging durch das Zimmer, setzte sich in den Sessel am Bett, wärmte ihre FüÃe unter seiner Bettdecke und hörte ihm zu, ohne recht zu wissen, was sie eigentlich von ihm erfahren wollte. Annie zitterte wie Gras im Wind. Vielleicht lag es an ihren Gefühlen für Bellarmin, an der Liebe,
da blinken ohnedies gastfreundlicher die Inseln des Lichts!,
murmelte Rosarius. Sie kehrte zum schlafenden Bellarmin zurück, legte sich zu ihm, schmiegte sich an seine warme Haut, roch an seinem Haar und dachte an die Dinge, von denen Rosarius gesprochen hatte.
Das Leben erschien Annie wie ein zufällig zusammengefügtes Mosaik aus Gefühlen, Träumen, flüchtiger werdenden Erinnerungen. Sie weinte, weil sie wusste, bald würde alles vorüber sein. Unter dem Dach der Remise kratzten Marder, zerrissen mit ihren Krallenund spitzen Zähnchen alte Bücher; manchmal schneite es Papierschnipsel vom Gebälk auf den feuchten Lehmboden der Remise.
Teil 5
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Annie sah aus dem Fenster. Schneegraupel rieselte von Baumkronen. Bellarmin streute Salz auf den Weg, der vom Haus zur Remise führte. Er trug einen gefütterten Parka, rieb zwischendurch seine Hände, hauchte hinein und arbeitete weiter.
Annie beugte sich über das Ausgussbecken, hielt sich am kalten Porzellan fest und roch die Zitronenseife auf der Ablage. Ihr war plötzlich übel und schwindlig. Sie übergab sich ins Becken und spülte danach den Mund aus. Sie wollte nicht in den Spiegel sehen.
Im Beckenrand krabbelte eine kleine Spinne. Annie hörte Rosarius über Peeh reden. Er rief nach ihr, wollte die Geschichte zu Ende erzählen. Sie setzte sich zu ihm und hörte zu. Die Gedanken des alten Mannes wurden zu Worten, die wie Schneeflocken im Gestöber umherwirbelten.
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S trohwang war mittlerweile Anfang sechzig und wohnte auf dem Broog in einem Bauwagen, den er vor einigen Jahren hatte dorthin schaffen lassen. Wenn ich Socke besuchte, musste ich warten, bis er die Leitung abgeklemmt hatte, die den Zaun unter Strom setzte. Strohwang fürchtete panisch, jemand könnte ihm seinen Schatz streitig machen, einen Schatz, den er noch nicht gefunden hatte und den es wahrscheinlich nicht gab. Er hatte sogar Selbstschussanlagen eingegraben. Am Zaun hingen Hinweisschilder mit der Aufschrift «Privatbesitz», «Hochspannung» und «Warnung vor dem Hunde». Strohwang besaà einen kleinen Bagger, mit dem er die gesamte Gegend durchwühlte. Ich half ihm manchmal, um wenigstens für kurze Zeit mit Socke zusammen zu sein, denn Strohwang gab mir Socke nicht mehr zurück, behauptete, Vincentini hätte ihm den Hund für ein Vermögen verkauft. Unentwegt redete Strohwang von seinem Schatz, von der Beute des Lohngeldraubs, die die Räuber einst in den Höhlen und Stollen versteckt hatten. Vielleicht hätte man ihn und Vincentini zusammen einsperren sollen, dann hätten sie sich ihre Spinnereien gegenseitig erzählen können. Einmal, während ich oben bei Strohwang war und an einer Stelle grub, die er mir gezeigt hatte, stürzte er in einen Schacht und war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Socke spitzte die Ohren, legte die Schnauze auf die Pfoten und blickte mich treu an. Der Hund verhielt sich, als wäre nichts geschehen und sah mir beim Arbeiten zu. Nach einiger Zeit merkte ich, dass
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