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Peetz, Monika

Peetz, Monika

Titel: Peetz, Monika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Dienstagsfrauen
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war der Spitzname eines
Wehrmachtspanzers aus dem Zweiten Weltkrieg. Eva hatte keine Idee, was Hitlers
Expansionskurs mit einer Notdurft zu tun haben sollte. Davids Theorie, dass
beides Scheiße war, hielt sie für verwegen.
    »Ich muss
mal für kleine Königstiger«, war der dämlichste Ausdruck, den Eva je gehört
hatte, und traf nicht im Mindesten das, was sie tatsächlich bewegte.
    »Ich muss
mal zusammenbrechen«, wäre die ehrlichere Antwort gewesen.
    Von hinten
näherte sich das penetrante Geknatter von Estelles Koffer. In zügigem Tempo zog
sie an ihr vorüber.
    »Tut mir
leid, Eva. Wenn ich für dich bremse, gerate ich aus meinem harmonischen
Rhythmus.«
    Und schon
war Estelle vorbei. Eva hatte es wieder geschafft. Sie war erneut an die
letzte Position gerutscht. Ein Platz, den sie die nächsten Tage nicht mehr
verlassen würde.
     
    33
     
    Tage und
Kilometer zogen an Eva vorbei. Der Weg verlief durch ewig gleiche Pinienwälder,
deren Strukturen sie mittlerweile in- und auswendig kannte, durch Olivenhaine
und Weinfelder. Caroline, die wie immer entsetzlich gut vorbereitet war, wies
sie auf die Sehenswürdigkeiten der Region hin: Kirchen mit besonderen Fresken,
Klöster, die heute nur noch von Philippininnen bewohnt wurden. Die zahlreichen
Ruinen boten Caroline den willkommenen Anlass, von der Glaubensgemeinschaft der
Katharer zu berichten, die vor achthundert Jahren in Gralsburgen ihr geheimes
Wissen pflegten, bis der Papst dazu aufrief, sie als Ketzer auszurotten. An
Eva zogen die Jahrhunderte in rascher Folge vorbei. Während in Carolines
Erzählungen die Katharer ausgerottet, Fürsten entthront, Schlösser geplündert
und der Weinbau intensiviert wurde, kämpfte Eva mit sich.
     
    Der Geist
war willig, Evas Fleisch schwach. Mit jedem Tag Pilgern wuchs die Erkenntnis,
dass sie für diese Form der Buße nicht geschaffen war. Rennen von Ort zu Ort,
einpacken, auspacken, einpacken, dazwischen eine Nacht in einer Gite, einem
Hotel, einer Auberge. Mal besser, mal schlechter das Zimmer, das Essen, der
Wein, das Frühstück, und dann weiterrennen. Als sie am dritten Tag in das
Bilderbuchdorf Lagrasse einliefen, das aussah, als wäre das vierzehnte
Jahrhundert noch längst nicht vorbei, fühlte Eva sich selbst wie ein
mittelalterliches Dorf. Eines, das dem Erdboden gleichgemacht war. Sie
schaffte es nicht einmal mehr, den Markt, der wie jeden Samstag in Lagrasse
abgehalten wurde, in Augenschein zu nehmen. Von der Fahrt mit Bus und Taxi nach
Carcassone und dann Franjeaux, die sich die fünf- und auch Max - als
Verschnaufpause gönnten, bekam sie ebenso wenig mit wie am nächsten Tag von
Mirepoix. Kraftlos hing sie unter den hölzernen Arkaden in einer Bar und trank
ihr Perrier Citron, während die Freundinnen den viereckigen Platz, die Kirche
und die Geschäfte in den zweistöckigen Fachwerkhäusern erkundeten und Max
lässig auf der Rasenfläche ausruhte. Von den Balken der Häuser sahen schöne
Frauen und grässliche Bestien auf Eva herab. Wie sollte sie irgendetwas
genießen, wenn sie im nächsten Moment schon wieder aufbrechen und weiterlaufen
musste?
    Laufen.
Laufen. Laufen. Der Weg, die Freundinnen und ihre Probleme verschwanden im
Dämmerzustand ständiger körperlicher Überforderung. Nach den sanften Hügeln der
ersten Etappen und einer komfortablen zweieinhalbstündigen Busfahrt zwischen
Mirepoix und St. Girons erwartete Eva die wahre Herausforderung. Die Pyrenäen
lagen vor ihr. Zwar nur das Vorgebirge. Aber für Eva war das genug. Schweren
Schrittes schleppte sie sich auf den Col du Portet d Aspet. Ein Gipfel, der
viele Tour-de-France-Fahrer Nerven und einen italienischen Radsportler das
Leben gekostet hatte. Es war Tag sechs. Noch immer lagen mehr als hundertfünfzig
Kilometer vor ihr.
    Ein
Kinderreim spukte in Dauerschleife durch Evas Kopf »Und eins, und zwei, und
drei, ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm und vorwärts, rückwärts, Seit und
ran, und eins, und zwei.«
    Mit diesem
unsinnigen Vers hatte sie David und Lene früher motiviert, wenn die kleinen
Beine sie nicht mehr vom Kindergarten nach Hause tragen wollten. Später, als
Frido jr. und Anna geboren waren, verzichtete sie auf solche Griffe in die
Trickkiste mütterlicher Überzeugungskraft. Bei vier Kindern konnte sie es sich
nicht leisten, jedes Einzelne motivationstechnisch zu betreuen. Ungeduldig war
sie manchmal, von den vierfachen Ansprüchen überfordert. Und müde. »Und eins,
und zwei, und drei.«
     
    Die dicht
bewachsene

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