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Peetz, Monika

Peetz, Monika

Titel: Peetz, Monika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Dienstagsfrauen
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Da sind nur die
Langweiler.«
    Er strich
eine Strähne aus Kikis Gesicht. Seine Fingerkuppen streichelten über ihre
Wange, berührten ihre Lippen. Kiki zitterte, ihre Knie gaben nach. Zwischen
Dauerregen, den vernichteten Entwürfen und dem Streit der Freundinnen hatte
sich ihr Widerstandsgeist verflüchtigt.
    In
fünfzehn Jahren Dienstagsfrauen hatte es Missverständnisse, Krach und
Auseinandersetzungen gegeben. Aber nichts, was mit dem, was sie auf dieser
Pilgerreise ereilte, vergleichbar gewesen wäre. Die Dienstagsfrauen waren immer
ihr Fels in der Brandung gewesen. Nun war alles ins Schwimmen geraten. Nicht
nur die Entwürfe.
     
    Erschöpft
ließ Kiki ihre Stirn gegen den Brustkorb von Max sinken. Seine Hand streichelte
über ihren Nacken. Er roch nach seinem herben Duschgel, nach Sommer, nach roten
Erdbeeren, er roch nach Max. Vertraut und fremd zugleich, warm und
verführerisch. Kiki ergab sich. Hunderte von Kilometern war sie vor der
Unmöglichkeit dieser Liebe geflüchtet. Tagelang vor und hinter ihm gepilgert
und neben sich gestanden. Bis ihr Nacken vom bemühten Weggucken schmerzte. Sie
schlang ihre Arme um Max. Das Handtuch ging erneut zu Boden. Halb nackt stand
sie im Klostergang und hatte die Welt um sich vergessen.
     
    59
     
    »Wenn ich
Fragen zu meinem eigenen Leben habe, melde ich mich.« Wie lange war es her,
dass Caroline Scherze dieser Art gemacht hatte. Jetzt war es so weit.
    Caroline
war im Innenhof zurückgeblieben. Umgeben von tausend Jahre alten Mauern fühlte
sie sich, als wäre sie aus der Zeit gefallen. Gelegentlich wehten
Glockenschläge und Gebete herüber. Eine Mönchskutte schleifte über den Kreuzgang.
Ein paar aufgeschreckte Hühner pickten im Gras herum, eine Katze lag träge auf
einer Bank. Die Idylle stand in krassem Gegensatz zu dem Aufruhr in ihrem
Innern. Caroline war allein. Nur eine verwitterte Mariengestalt aus Stein war
Zeuge ihrer Verwirrung.
    »Ich würde
mir lieber Gedanken über deine eigene Ehe machen.« Der Satz kroch durch alle
Gehirnwindungen. Sie ließ die Merkwürdigkeiten der letzten Tage vor ihrem inneren
Auge Revue passieren. Den lieblos hektischen Abschied, die Tage, an denen sie
Philipp nicht erreichte, das merkwürdige Telefongespräch, das Schweigen. In
der Hand drehte sie ein Stück Papier, das sie aus dem Portemonnaie hervorgekramt
hatte. Es war die Visitenkarte ihres Kollegen. Seit ihrem Zusammentreffen im
Gericht, als er ihr so frech eine Veränderung vorschlug, war sie ihm nicht mehr
begegnet. Ab und an hatte er ihr eine SMS gesendet, dass sein Angebot immer
noch galt.
    »Ich bin
zufrieden mit meinem Leben«, hatte sie vor ein paar Wochen noch behauptet.
    »Das kann
doch nicht alles gewesen sein«, hatte er gesagt. »Ihr Mann hat seine
Arztpraxis, die Kongresse, seinen Sport. Und Sie?«
    Ihr Mann
führt längst sein eigenes Leben: War es das, was ihr Kollege ihr eigentlich
hatte sagen wollen? Hatte der Anwalt, hatte Judith etwas wahrgenommen, was für
alle sichtbar war? Wenn man nur den Mut hatte, sich selbst infrage zu stellen.
Schwang deshalb dieser Hauch von Mitleid in seiner Stimme mit? Sie hatte den
irritierenden Unterton des Anwaltskollegen wahrgenommen. Und verdrängt.
    Eitelkeit,
gestand sie sich ein. Es hatte ihr geschmeichelt, dass jemand offen um sie
warb. Der flirtende Ton hatte ihr Spaß gemacht. Die kleinen Widerhaken, die in
seinen Fragen verborgen waren, hatte sie achtlos beiseitegeschoben. Sie hatte alle
Warnsignale übersehen. Es war schwer, Caroline etwas vorzumachen. Das konnte
nur sie selbst.
    Caroline
starrte auf die Visitenkarte, als ob die Lösung ihrer Probleme aus der
Telefonnummer herauszulesen war. Die Mariengestalt nickte ihr beinahe unmerklich
zu. Caroline beschloss, dass es egal war, ob es eine banale Lichtreflexion
oder reine Einbildung war. Die Frau aus Stein hatte recht. Energisch zog sie
ihr Telefon heraus und wagte einen unkonventionellen Schritt. Sie wählte die
Nummer ihres Kollegen Paul Gassner.
    »Ich
wusste es«, tönte es begeistert von der anderen Seite. »Ich wusste, dass Sie
sich bei mir melden werden.«
    Er war
nicht einmal überrascht, dass Caroline ihn nach Wochen des Zögerns anrief.
Caroline dafür umso mehr. Wie kam sie auf die Idee, sich einem Wildfremden
anzuvertrauen? Jemanden, den sie nur flüchtig aus ihrem beruflichen Umfeld
kannte? Noch hatte sie die Wahl. Sie konnte so tun, als ob es um ihre Absage
ging. Es konnte harmlos klingen. Aber wollte sie das wirklich? Wegsehen?
    »Es geht
nicht um

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