Peinlich peinlich Prinzessin
zwar«, sagte Dad. »Aber die nationale Krise, um die es hier geht, ist schon vierhundert Jahre her, Mia.«
»Das heißt aber nicht, dass Amelies Erlass nicht immer noch rechtsgültig ist«, beharrte ich.
»Nein«, gab Dad zu. »Aber es bedeutet, dass es keinen
Grund mehr gibt, jetzt - oder in Zukunft - das Parlament einzuweihen.«
»WIE BITTE?«
So wie ich in diesem Moment fühlte, muss sich Prinzessin Leia Organa gefühlt haben, als sie in »Krieg der Sterne, Episode IV: Eine neue Hoffnung« Groß-Moff Tarkin den Standort des Rebellenverstecks preisgab (auch wenn es gelogen war) und er trotzdem die Zerstörung ihres Heimatplaneten Alderaan anordnete.
» Natürlich müssen wir das Parlament einweihen!«, rief ich. »Dad! Genovia lebt seit fast vierhundert Jahren mit einer Lüge!«
»Dieses Gespräch ist beendet.« Dad rollte das Pergament wieder zusammen und wollte es in seine Aktentasche stecken. »Ich danke dir für deine Mühe, Mia. Ich bin wirklich beeindruckt, dass du dieses Schriftstück ganz allein übersetzt hast. Aber ich sehe keinerlei Notwendigkeit, das genovesische Volk - oder das Parlament - zu informieren. Letzten Endes handelt es sich lediglich um den Versuch eines verängstigten jungen Mädchens, ihre Untertanen zu schützen, die aber inzwischen lange tot sind. Deshalb müssen wir uns nicht weiter damit beschäftigen …«
»Aha! Damit hast du dich verraten!« Ich stürzte auf ihn zu und riss ihm das Pergament aus der Hand, bevor er es für immer in der Dunkelheit seiner Gucci-Aktentasche verschwinden lassen konnte. Mir schossen die Tränen in die Augen. Ich konnte nichts dagegen tun. Es war so unglaublich ungerecht. »Das ist nämlich der wahre Grund, warum du so reagierst. Weil der Erlass von einer FRAU geschrieben wurde, schlimmer noch, von einem JUNGEN MÄDCHEN, und deshalb ist er in deinen Augen nichts wert und darf einfach ignoriert werden.«
Dad sah mich sauer an. »Mia, du weißt genau, dass das nicht der Grund ist.«
»Doch. Wenn dieser Erlass von einem unserer männlichen Vorfahren geschrieben worden wäre - selbst wenn es Fürst Francesco gewesen wäre -, hättest du ihn auf jeden Fall bei der nächsten Sitzung dem Parlament gezeigt. HUNDERTPRO. Aber weil er von einem Mädchen geschrieben wurde, das nur zwölf Tage auf dem Thron saß, bevor sie eines schrecklichen Todes starb, ignorierst du ihn einfach. Bedeutet dir die Freiheit deines eigenen Volkes wirklich so wenig?«
»Mia.« Mein Vater klang erschöpft. »Genovia gehört weltweit zu den Ländern mit der höchsten Lebensqualität. In Umfragen bezeichnen sich die Genovesen regelmäßig als ›sehr zufrieden‹. Die Durchschnittstemperatur beträgt dreiundzwanzig Grad, an fast dreihundert Tagen pro Jahr scheint die Sonne und niemand muss Steuern zahlen. Seit ich auf dem Thron sitze, haben die Genovesen nie auch nur im Geringsten erkennen lassen, dass sie sich in irgendeiner Weise in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen.«
»Wie sollen sie auch etwas vermissen, was sie gar nicht kennen, Dad?«, fragte ich ihn. »Außerdem geht es darum gar nicht. Es geht darum, dass eine deiner Urahninnen der Nachwelt etwas hinterlassen hat - etwas, was zum Schutze ihres Volkes gedacht war. Ihr Onkel entsorgte es, so wie er am liebsten auch sie entsorgt hätte. Wenn wir ihr ihren letzten Wunsch nicht erfüllen, sind wir keinen Deut besser als er.«
Dad verdrehte die Augen. »Mia. Es ist spät. Ich gehe jetzt in meine Suite. Wir unterhalten uns morgen weiter.« Dann murmelte er etwas leiser: »Wenn du dich bis dahin nicht von selbst wieder beruhigt hast.«
Genau das ist der springende Punkt. Er hält das alles für eine pubertäre Mädchenlaune … wie die Laune, wegen der er mich zum Therapeuten geschickt hat. Er denkt, dass Amelie ihren Erlass auch nur aus einer Laune heraus geschrieben hat. Und weil er von einem Mädchen geschrieben wurde, ignoriert er ihn einfach.
Toll. Sehr sympathisch, echt.
Grandmère war mir keine Hilfe. Eigentlich sollte man meinen, dass sie als Frau für mein - und Amelies -Anliegen Verständnis hätte.
Aber Grandmère ist wie all diese anderen Frauen, die zwar gern dieselben Rechte wie Männer hätten, sich aber nicht als Feministinnen bezeichnen lassen wollen, weil ihnen das nicht »feminin« genug ist.
Als Dad gegangen war, sah sie mich an und sagte ungerührt: »Nun, Amelia, ich weiß zwar immer noch nicht, was die ganze Aufregung soll, aber ich habe dir ja von Anfang an gesagt, dass du deine Zeit nicht
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