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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Franken.«
    Polina Andrejewnas Schulden bei ihrem Kutscher, Führer und Wohltäter waren seit dem Tag ihrer Abreise aus Jerusalem allmählich ins Astronomische angewachsen. Das Geld, das sie Fatima gegeben hatte, war nur der Anfang gewesen. Dazu kam jetzt noch die Entschädigung für die Angst, die er bei dem tscherkessischen Abenteuer hatte ausstehen müssen, dann das Honorar für die Reise zum Toten Meer und zusätzlich für die Strecke von Bet-Kebir nach Usdum. Unterwegs waren noch die einen oder anderen Kosten kleineren Umfangs angefallen, Pelagia wusste schon selber nicht mehr, was bisher unter dem Strich zusammenkam, und fürchtete langsam, dass sie diesen Blutsauger niemals würde auszahlen können.
    Plötzlich bemerkte sie, dass er sie mit einem irgendwie seltsamen, geradezu erregten Gesichtsausdruck ansah.
    »Was ist los?«, wunderte sich Polina Andrejewna.
    »Du bist klug und tapfer«, sagte Salach emphatisch. »Zuerst ja dachte ich, was für eine hässliche Entelein. Haare rot und ganz mager. Aber gewöhnt man sich ja an rote Haar. Und wenn du sitzt zu Hause, viel schläft und gutes Essen, bald ja bist du nich mehr mager. Und mit bisschen Puder und Farbe in Gesicht bist du fast Schönheit. Weißt du was?« Seine Stimme bebte, die Augen glänzten feucht. »Komm zu mir, sei vierte Frau. Musst du auch nich Schulden zahlen.«
    Das war ein Heiratsantrag, begriff Pelagia, und zu ihrer eigenen Verwunderung fühlte sie sich geschmeichelt.
    »Ich danke dir«, antwortete sie. »Es ist nett, dass du so etwas sagst. Aber ich kann nicht deine Frau werden. Erstens habe ich einen Bräutigam, und zweitens, was soll denn Fatima dazu sagen?«
    Das zweite Argument schien um einiges schwerer zu wiegen als das erste. Außerdem hatte Polina Andrejewna im Verlaufe ihrer Erläuterungen eine Feldflasche genommen und begonnen, die Farbe aus ihrem Gesicht zu wischen, wodurch sich ihre Schönheit in den Augen ihres Kutschers offensichtlich verflüchtigte.
    Salach seufzte, ließ die Peitsche knallen, und der Hantur rollte weiter.
    Der Berg endete in einer schroffen, fast senkrechten Stufe, und hinter einer Kurve tauchte ohne jede Vorwarnung die Stadt auf.
    Sie lag in einer weiten, flachen Senke, die an drei Seiten von Hügeln umrahmt wurde, und war unbeschreiblich schön, so als hätte man sie direkt aus dem antiken Hellas hierher versetzt.
    Polina Andrejewna wollte ihren Augen nicht trauen, als sie all die roten Ziegeldächer und statuengeschmückten Giebel, die symmetrischen Kolonnaden und prächtigen Marmorbrunnen sah. Die Stadt schien inmitten von blühenden Gärten in der heißen, flirrenden Luft zu schweben.
    Eine Fata Morgana! Eine Fata Morgana in der Wüste, dachte die Reisende entzückt.
    Sie kamen auf eine grüne Allee. Dort stand, neben großen Haufen fruchtbarer Schwarzerde, das Fuhrwerk von vorhin, noch nicht abgeladen. Der Fuhrmann war nirgends zu sehen, wahrscheinlich war er fortgegangen, um Anweisungen einzuholen. Einige Araber hoben Pflanzgruben für Bäume aus, gossen die Beete und schnitten das Gras.
    »Das ist ja das reinste Elysium«, flüsterte Pelagia und atmete den Duft der Blumen ein.
    Sie sprang vom Wagen herunter und trat hinter die Rosenbüsche, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Immer noch konnte sie sich an diesem wunderschönen Anblick nicht satt sehen.
    Als die erste Begeisterung vorbei war, fragte sie:
    »Aber wie komme ich in die Stadt?«
    Salach zuckte mit den Achseln.
    »Ich weiß nich. Ich habe ja nur versprochen, dich am Posten vorbeizubringen.«
    Der Tanz Irodiadas
    Während sie über den Marmorfußboden dahinglitt, versuchte sie immer noch, die verklingende Melodie festzuhalten.
    Padam-pam-pam, Padam-pam-pam, zweimal drehen, den Chiton aus durchsichtiger Gaze wie eine gewichtslose Wolke aufsteigen lassen, dann in einem anmutigen Knicks sich verneigen und auffliegen und schweben, und die Arme wie Schwanenflügel.
    Früher hatte sie zum Grammofon getanzt, aber jetzt brauchte sie keine mechanische Musik mehr. In ihrem Inneren erklangen göttliche Melodien, wie sie nicht einmal Paganini hätte spielen können. Sie waren nur von kurzer Dauer, nicht zur Wiederholung bestimmt, und gerade deshalb besonders schön.
    Heute aber war da irgendetwas, was die Musik störte, sie gleichsam erstickte, sodass sie ihre Zauberkraft nicht entfalten konnte.
    Para-para-pam-pa-pam,para-para-pam-pa-pam . . . Nein, so nicht!
    In ihrer gesegneten Oase, wohl behütet vor der groben Welt, hatte Irodiada zwei

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