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Pelagia und der rote Hahn

Pelagia und der rote Hahn

Titel: Pelagia und der rote Hahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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geheimnisvoller Miene wieder bei Pelagia.
    »Geht. Der Berg Djebel-Usdum ist gelöchert. Im Frühling fließt Bach, findet Loch. Tausend Jahre fließt Wasser, macht Höhle. Der Hausherr weiß, wie man durch Berg kriecht, aber zwanzig Franken wenig, will fünfzig. Höhle sehr schrecklich, Wohnung von Dschinn von Feuer.«
    Als Polina Andrejewna von der Höhle hörte, lief es ihr kalt den Rücken herunter. Sollte sie schon wieder in den Leib der Erde steigen? Um keinen Preis, mit Dschinn oder ohne!
    Salach deutete ihre Grimasse auf seine Art. Er kratzte sich den Hinterkopf und dachte nach.
    »Ja, fünfzig Franken sind sehr viel. Gib mir fünfundzwanzig, ich bringe dich ohne Höhle hin.«
    »Wie denn?«
    »Überlass mal mir«, entgegnete der Palästinenser mit schlauer Miene.
    Und jetzt fuhren sie an einem niedrigen Bergrücken entlang, der wahrscheinlich einzig in seiner Art war: ein Berg, der unterhalb des Meeresspiegels liegt. Gerade vor ihnen wurde jetzt ein großes Segeltuchzelt sichtbar mit einem Schlagbaum daneben – der türkische Posten.
    Polina Andrejewna drehte sich um.
    Hinter ihnen fuhr ein großes Fuhrwerk mit dem bekannten Emblem »S&G Ltd.« an der Seite, der mit lockerer schwarzer Erde beladen war.
    »Wo willst du mich denn verstecken?«, fragte die Nonne wohl schon zum hundertsten Male den geheimnisvoll schweigenden Salach.
    »Gar nich. Dreh dich her!«
    Er zog ein Lackkästchen aus seiner Umhängetasche.
    »Was ist das?«
    »Geschenk. Hab ich für Marusja gekauft. Hat gekostet drei Franken; nachher gibst du mir wieder.«
    Pelagia sah kleine Fächer mit weißer Schminke, Lippenfarbe, Puder, und dann noch etwas Zähflüssiges, Schwarzes, Undefinierbares.
    »Halt Kopp still«, sagte Salach und ergriff ihr Kinn.
    Er tauchte den Finger in das Kästchen, kleckste Polina Andrejewna schnell etwas auf die Wangen und verrieb es. Dann nahm er einen Pinsel, strich ihr damit über Brauen und Wimpern, und zum Schluss bemalte er ihr die Lippen.
    »Was soll das?!«, stammelte die Nonne, die vor Schreck wie versteinert war.
    Sie nahm einen Spiegel und hielt ihn sich vor das Gesicht. Es traf sie wie ein Donnerschlag. Aus dem Spiegel starrte sie eine grotesk bemalte Fratze an: Wangen wie Rote Bete, Augenbrauen wie Fledermausflügel, kohlschwarz umrandete Augen und ein praller, vulgärer Mund.
    »Du bist wohl verrückt geworden! Dreh sofort um, wir fahren zurück«, schrie Pelagia, aber da hatte der Hantur schon den Schlagbaum erreicht.
    »Sei still und lächle, immer lächeln und so machen.« Salach bewegte die Brauen auf und ab und verdrehte die Augen. »Noch mehr lächeln, viel mehr, man muss Zähne sehen.«
    Es blieb ihr nichts anderes übrig. Pelagia schob die Lippen auseinander, so weit es irgend ging.
    Zwei Soldaten in verwaschenen blauen Uniformen und ein Offizier mit einem Säbel am Koppel, womöglich jener Said-Bej persönlich, traten auf ihren Wagen zu.
    Der Offizier wies mit dem Finger zornig auf Pelagia und fing an zu schimpfen. Den Wagen mit der Erde beachtete er gar nicht, der Glückspilz konnte unbehelligt unter dem Schlagbaum, der sich schaukelnd vor ihm in die Höhe bewegte, hindurchfahren.
    Polina verstand nur das Wort »Kadyn«. Vielleicht hieß das ja auf Türkisch »Frau«. Natürlich, gleich würde sie der Offizier zurückschicken, und die Reise wäre zu Ende.
    Salach jedoch ließ das Gezeter völlig unbeeindruckt. Er sagte ein paar Worte zu dem Offizier und lachte. Daraufhin schaute Said-Bej Pelagia neugierig an und stellte eine Frage. In seiner Stimme klang offener Zweifel.
    Plötzlich ergriff der Palästinenser den Saum ihres Kleides und hob ihn an. Vor Schreck fing Pelagia so heftig an zu lächeln, dass ihre Ohren wackelten.
    Die Soldaten wieherten los, auch der Offizier lachte und winkte mit der Hand – also gut, fahr durch.
    »Was . . . was hast du ihm gesagt?«, fragte Pelagia ängstlich, als der Wachtposten hinter ihnen lag.
    »Nun, hab ich gesagt, du bist Junge, der zieht sich an wie Weib, und die Luti haben dich gekauft in Jaffa. Hat Jüs-Baschi erst nich geglaubt. Ich sage: Du glaubst nich? Dann guck mal zwischen Beine. Und will Rock hochheben. Said-Bej natürlich guckt nicht Jungs zwischen Beine, sonst Soldaten denken, Jüs-Baschi ist auch Luti.«
    »Und . . . und wenn er doch geguckt hätte?«, fragte Pelagia blass.
    Salach zuckte gleichmütig mit den Achseln.
    »Na ja, wäre schlecht. Aber hat ja nich geguckt, jetzt Wachtposten ist geschafft, und gibst du mir fünfundzwanzig

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