Pelagia und der schwarze Moench
immerhin in einiger Entfernung von mir. Aber dann fiel mir eine Geschichte ein, die mir der Doktor erzählt hatte, und ein Bild, das ein Künstler hier in der Klinik gemalt hat (mit ihm müssten Sie sich unterhalten, ihn müssten Sie belehren!), und da wurde mir alles klar.
»Wassilisk« schlug mich mit einer Stelze, wie es sie auf Jahrmärkten gibt. Es würde jetzt zu weit führen und auch nichts nützen, wenn ich Ihnen erklärte, woher hier in der Klinik Jahrmarktsstelzen kommen, aber eines ist klar: Der Verbrecher benutzte sie, um durch ein Fenster im ersten Stock in das Zimmer zu blicken, in dem Berditschewski vorher lag, und zwar immer mit demselben Ziel: ihn zu erschrecken und ihm den Garaus zu machen. Gestern Abend ist Berditschewski vom ersten Stock ins Erdgeschoss verlegt worden, aber Wassilisk hatte seine Stelzen trotzdem dabei. Heißt das, der schwarze Mönch wusste nicht, dass Berditschewski verlegt worden war? Dann ist er wohl kaum ein übernatürliches Wesen.
Und nun die Schlussfolgerungen:
Wer sich hinter der Maske des wütenden Wassilisk verbirgt, ist mir nicht bekannt, aber ich habe meine Vermutungen, was er mit den Übeltaten bezweckt.
Dieser Mensch (und es ist ein Mensch, kein Wesen aus einer anderen Welt) will die Wassilisk-Einsiedelei auflösen, und er hat sein Ziel schon beinahe erreicht.
Warum? Das ist die wichtigste Frage, und eine Antwort darauf habe ich vorläufig noch nicht, nur Vermutungen. Einige werden Ihnen völlig unwahrscheinlich Vorkommen, doch vielleicht nützen sie Ihnen, falls Sie die Angelegenheit ohne mich zu Ende bringen müssen.
Ich beginne mit dem Klostervorsteher, Vater Witali. Die Einsiedelei ist dem Hochehrwürdigen ein Dorn im Auge, weil sie in wirtschaftlicher Hinsicht ihre Bedeutung verloren hat (Sie müssen schon verzeihen, dass ich solche Ausdrücke verwende, doch ich nehme an, der Archimandrit selbst denkt etwa so), während sie ihn im Hinblick auf seinen mehr als reichlich vorhandenen Ehrgeiz sogar stört, weil sie seine in der Tat höchst bedeutsamen Leistungen als Vorsteher von Neu-Ararat überschattet. Die Einkünfte aus dem Verkauf der Rosenkränze, von denen die Bruderschaft früher lebte, sind heute lächerlich und können keinerlei Vergleich mit den übrigen Einkommensquellen standhalten. Auch ist die Einsiedelei nicht mehr der wichtigste Anziehungspunkt für die Pilger, denn die wohlhabenden Pilger, die Vater Witali bevorzugt, legen mehr Wert auf gesunde Luft, Heil spendendes Wasser und malerische Bootsfahrten. Der Archimandrit ist der Meinung, dass die Nachbarinsel und ihre Bewohner nur den Geist der Bruderschaft stören, die Brüder von ihrer tätigen Arbeit abhalten und insgeheim die Autorität und Macht des Klostervorstehers untergraben, indem sie stündlich daran erinnern, dass es noch eine andere Macht gibt, die unvergleichlich höher steht als die des Archimandriten. Witali ist von strengem, ja grausamem Charakter. Wie weit seine Machtbesessenheit und sein Ehrgeiz reichen, weiß Gott.
Eine andere Möglichkeit ist eine Verschwörung unter den Mönchen, denen es missfällt, dass Witalis wirtschaftlicher Eifer auf Kosten der geistigen Einkehr und der Seelenrettung geht. Dass der Hoch ehrwürdige unter den älteren Brüdern eine Gruppe von Gegnern hat (der Kürze halber bezeichne ich sie als »Mystiker«), unterliegt keinerlei Zweifel. Es ist möglich, dass einige der »Mystiker« beschlossen haben, den Pilgern einen Schreck einzujagen und Witalis Autorität innerhalb der Kirchenhierarchie, zum Beispiel bei Ihnen, zu untergraben. Dann könnte das Spektakel mit dem Schwarzen Mönch dazu dienen, Neu-Ararat von der Geschäftigkeit und von den vielen Menschen zu befreien. Es ist ja bekannt, dass falsch verstandene Frömmigkeit zu Tücke und sogar Fanatismus führen kann – die Geschichte der Religion ist übervoll von traurigen Beispielen.
Es ist auch möglich, dass einer der Eremiten aus der Einsiedelei der Schuldige ist. Warum und weshalb – darüber will ich nicht einmal Vermutungen anstellen, weil ich bislang fast nichts über das Leben der heiligen Mönche weiß. Allerdings drehen sich alle diese verworrenen Ereignisse auf die eine oder andere Weise um die Einsiedelei. Das heißt, man muss auch diese Idee prüfen. Ich war heute auf der Nachbarinsel (ja, ja – zürnen Sie mir nicht), und der Abt Israil hat mir ein Rätsel aufgegeben, dessen Sinn mir nicht klar ist. Ich werde noch einmal dahin fahren müssen.
Nun noch zwei ganz andere
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