Pelagia und der schwarze Moench
dichter und dichter über dem friedlichen Anblick der nächtlichen Gestirne zusammen.
Angesichts der unweigerlich nahenden Finsternis beunruhigten den Klosterbruder zwei Fragen. Würde der Ausflug nicht vergebens sein, würde der Missetäter nicht davon ablassen, Wassilisk zu spielen? Und hätte Pelagi nicht besser Lagranges Revolver mitnehmen sollen, für den Fall, dass Wassilisk trotzdem auftauchte? Wozu sollte die Waffe nutzlos in der Reisetasche zwischen den Metallkästen liegen? Mit dem Revolver hätte sich Pelagi an dem verlassenen, dunklen Ufer bedeutend wohler gefühlt.
Unsinn, sagte sich Pelagi. Die Waffe würde ihm nichts nützen. Er würde doch nicht auf eine lebende Seele schießen, um sein eigenes Leben zu retten? Der junge Mönch dachte nicht mehr an den Revolver, er machte sich nur noch Sorgen wegen des Mondes, der gerade hinter eine Wolke verschwand.
Jeder alteingesessene Kanaaner hätte Pelagi erzählen können, dass der Mond sich bei Nordwind nie länger als für wenige kurze Augenblicke zeigte und selbst dann nicht klar zu sehen war, sondern durch einen leichten Wolkenschleier schien. Aber der Klosterbruder hatte noch keine Gelegenheit gehabt, mit erfahrenen Leuten über die Launen des Sineosjorsker Mondes zu sprechen, und daher blickte er immer noch hoffnungsvoll auf das silbrig milchige Himmelsgewölbe.
An der Landzunge machte Pelagi sich so klein wie möglich und presste sich dicht an den Boden. Mucksmäuschenstill kauerte er neben einem großen Stein und blickte zu der Stelle hinüber, an der der Übeltäter so gerissen seine Bank versteckt hatte.
Mit jeder Minute wurde die Nacht finsterer. Zuerst konnte man noch die Wasseroberfläche sehen, die im wütenden Nordwind all ihre Falten runzelte, doch bald erloschen die Lichtreflexe auf dem Wasser, und man konnte die Nähe des Sees nur am Klatschen der Wellen erraten und an dem frischen, feuchten Geruch, als werde irgendwo in der Nähe eine Gurke von ungeheuren Ausmaßen zerschnitten.
Der junge Mönch saß da, die Arme um die Schultern geschlungen, und seufzte enttäuscht. Wo war denn nun Wassilisk? Geh mal über das Wasser, wenn es nicht ruhig daliegt, sondern sich widerborstig sträubt – so geht der ganze Effekt verloren.
Im Grunde hätte er gehen und zum Hotel zurückkehren sollen, doch Pelagi zögerte noch und konnte sich nicht recht entschließen, sei es aus Starrsinn, sei es aus Instinkt. Dann aber, als der Knabe schon vor Kälte schlotterte und aufgeben wollte, wurde sein langes Warten belohnt. Im Himmelsvorhang tat sich ein Riss auf, und durch Wolkenfetzen hindurch beleuchtete der Mond für einige Augenblicke den See – nur schwach, mehr schlecht als recht, aber ausreichend, um dem Blick des Beobachters ein unheimliches Schauspiel zu bieten.
Inmitten der schmalen Wasserstraße, die die große Insel von der kleinen trennte, erblickte Pelagi ein auf den Wellen schaukelndes Boot und darin stehend eine schwarze Gestalt mit einer spitzen Kapuze. Die Gestalt bückte sich, hob etwas Helles, Weiches empor und warf es über Bord.
Der Klosterbruder schrie auf, weil er ganz deutlich zwei nackte, hagere, willenlos baumelnde Beine erkannt hatte. Das Wasser schlug über dem Körper zusammen, und im nächsten Augenblick schloss sich auch der Riss im Himmel.
Pelagi wusste selbst nicht, ob er diesen Teufelskram nicht nur geträumt hatte. Das war gut möglich, bei der Dunkelheit und dem fahlen Licht.
Doch da kam dem jungen Mönch ein Gedanke in den Sinn, bei dem er noch einmal aufschrie.
Er raffte den Saum seines Leibrocks hoch, sodass die Rüschen der langen Damenunterhosen aufblitzten, und rannte im Trab vom Ufer weg ins Innere der Insel.
Während er lief, murmelte er ein verworrenes Gebet vor sich hin, das er sich auf die Schnelle ausgedacht hatte: »Rette, o Herr, das Lamm vor den Zähnen der Wölfe! Ja, Du wirst auferstehen und Deine Feinde verjagen, und die, die Dich verabscheuen, werden vor Deinem Antlitz fliehen!«
Die Schuhe trappelten jetzt über den mit Ziegeln gepflasterten Weg, doch das Laufen wurde nicht einfacher, denn der Weg stieg leicht an – je weiter er führte, desto steiler wurde er.
Am Rand des Kiefernwaldes, wo das Gelände von Korowins Klinik begann, fiel der Läufer in Schritttempo, weil er völlig außer Atem war.
Die Fenster der kleinen Häuser waren dunkel, die Gemütskranken schliefen.
Als Pelagi über einer dichten Wand aus Buschwerk das Glasdach des Palmenhauses erahnte, begann er wieder zu laufen.
Er
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