Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
sollen anhalten! Hier, hier!« Einigermaßen widerwillig blieben die Shumai stehen und drängten sich um den Hunneran und seinen Sohn, bis Stantu sie zu einer Verteidigungslinie auseinanderzog, kniend, die Bogenschützen vorne.
»Gut, Emer«, sagte Jestak. »Du hast die Wahl.
Willst du mit deinen Männern und dem Jungen nach Hause oder willst du lieber sterben?«
Der Hunneran war niedergeschmettert. Es hätte ihm nichts ausgemacht zu sterben, aber er war für den Jungen verantwortlich, der schließlich nicht darum gebeten hatte, mitkommen zu dürfen. Er sah auch, daß er schon jetzt mehr als ein Viertel seiner Leute verloren hatte, und ein weiterer Kampf hätte keine Entscheidung gebracht. Außerdem war er der einzige Senioroffizier, der Befehle geben konnte.
»Töte die Schlange, Jestak!« sagte Ottan. »Wir hätten sie da hinten zu Wolfsköder zerschnitten, wenn der Kampf weitergeführt worden wäre. Wir sind großzügig, und der Bastard zaudert noch.«
»Wir werden abziehen«, sagte der Hunneran.
»Komm, laß den Jungen frei!«
»Halt ihn noch ein wenig fest, Tia! Wir werden ihn gehen lassen, aber ein paar Garantien brauchen wir schon. Schick deine Männer voraus! Wir werden zwanzig Berittene hinter ihnen hersenden. Sobald sie die Berge da hinten erreicht haben und unsere Männer zurückgekehrt sind, lassen wir euch gehen. Zehn Männer sollen zu deiner Begleitung hierbleiben.«
»Welche Garantien haben wir?«
»Wir haben dich nicht getötet, oder? Vielleicht tut es der Krugistoran, aber er ist weniger gütig als wir.«
»Prestiginagi hat gesagt, daß du gefährlich bist. Er wird uns nicht töten.«
»Presti? Dann ist er also doch wieder in Gnaden aufgenommen. Und sogar Krugistoran geworden.«
Tia war entrüstet. »Presti? Nachdem ich ihm soviel geholfen habe, kommt er jetzt daher und will uns tö-
ten. Wie konnte er das tun, dieser ausgefurzte Och-sendarm!« Der Junge begann wieder zu weinen. Sie hielt ihn fest, beugte sich aber hinunter und sprach leise auf ihn ein.
»Genug«, sagte Jestak. »Ruf deine zehn Leute heraus – ohne Waffen! Ottan, sag einigen von deinen Männern, sie sollen die Verwundeten herbringen. Sie können sie mit nach Hause nehmen. Wir behalten ih-re Pferde. Wir nehmen alle Bogen und Pfeile. Die Schwerter könnt ihr mitnehmen. Wenn die Leute weg sind, können wir vielleicht einen dauerhafteren Frieden aushandeln.«
»Nicht mit mir. Ich bin nur Hunneran.«
»Du bist nicht viel, aber mehr haben wir im Augenblick nicht. Du kannst sprechen, nicht wahr? Du kannst Presti unsere Bedingungen überbringen. Die Shumai wollen nur in Ruhe gelassen werden. Seid ihr denn so schwächlich, daß ihr mit eurer Landwirtschaft nicht selbst fertigwerden könnt?«
»Das ist jetzt vorbei. Ich glaube nicht, daß der neue Krugistoran die Sklaverei wieder einführen wird.«
»Das läßt er auch besser bleiben, sonst sammeln wir alle Shumai mit Bogen – mit Bogen habe ich gesagt – und kommen und brennen alles nieder.«
»Der Krugistoran sagte, du seist friedfertig, aber gefährlich. Er war noch zu milde.«
»Ich bin tatsächlich friedfertig, solange man mich nicht zwingt, gefährlich zu werden. Du hast die Wahl. Oder er.«
Man traf Abmachungen für den Transport der Verwundeten, die Bestattung der Toten und den Rückzug der Emeri. Als sie abzogen, weinte Affani, der Junge, noch heftiger. Tia hatte ihr Kurzschwert in die Scheide gesteckt und tröstete ihn jetzt, sie wischte ihm das Gesicht ab und kitzelte ihn. Er hatte jedoch zuviel Entsetzliches gesehen, Schwerverletzte, Sterbende und Tote, und der gequälte Ausdruck wich nicht von seinem Gesicht. Schließlich überließ er sich Tias Tröstungen und klammerte sich an sie.
»Emer«, sagte Stantu zum Hunneran, »schau. Du hast gedacht, du würdest ihn zu einem Jagdausflug mitnehmen, wie? Um Wilde abzuschlachten.«
Der Hunneran antwortete nicht.
Acht Shumai waren getötet worden, alle mit Emer-Pfeilen. Einer war Olor, und als Jestak das hörte, mußte er weinen, auch wenn er seine Gesichtsmus-keln noch so sehr anspannte. Reor legte ihm den Arm auf die Schulter. »Es ist schon gut«, sagte er. »Wir haben seinen Speer in einem von denen gefunden.« Jestak schüttelte nur den Kopf.
Stantu hatte die Verteidigung größtenteils organisiert und darauf bestanden, die Männer hinter Büsche zu stellen, die Löcher hatten, durch die sie schießen konnten. Es hatte sich als wirkungsvoll erwiesen.
Als die Sonne schließlich unterging, konnte man in der
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