Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
Ferne die Reiter der Shumai zurückkommen sehen. »Nun?« fragte der Hunneran. »Wirst du dich jetzt an die Abmachung halten?«
»Natürlich«, sagte Jestak. »Affani, ich habe ein Geschenk für dich. Ich habe es vor einem Tag auf eurem Land gefunden, an einem verschütteten Platz der Alten. Wenn es zum Frieden zwischen uns kommt, werde ich Presti eines Tages mitteilen, wo er danach suchen kann. Hier, gib mir die Hand.« Zögernd streckte der Junge die Hand aus, und Jestak schob ihm einen goldenen Ring auf den Finger, den er einem der Skelette im Schulzimmer abgenommen hatte. »Auf der Innenseite ist ein Schriftzug. Er lautet: ›In Liebe für Billy‹.«
»Für was?«
»Für Billy. Das war bei den Alten ein Name für Jungen.«
»Das ist ein komischer Name«, sagte Affani.
»Hast du ihn gefunden?« fragte der Hunneran.
»Ja. Er hat vor vielen hundert Jahren einem Jungen gehört. Einem Jungen, der ungefähr seine Größe hatte, scheint mir.«
»Es ist nicht gut für ihn, so etwas zu besitzen.«
»Es wurde aus Liebe gemacht und aus Liebe gegeben. Was ist daran schlecht? Sieh mal, was du ihm gegeben hättest? Ein Leben unter Waffen? Es war ein guter Anfang, nicht wahr?«
Der Hunneran schaute ihn an, sah aber nur ein offenes Lächeln. »Du bist ein Mann, der einen verwirrt«, sagte er. »Wenn du es erlaubst, werden wir jetzt gehen.«
»Geht!« sagte Jestak. »Aven möge mit euch sein!«
»Und kommt nicht wieder«, sagte Ottan und schwenkte seinen neuen Emeri-Bogen.
FÜNFZEHN
Nachdem alles vorbei war und die Shumai den Bach zu ihrem Lager überquert hatten, bemerkte Jestak: »Wo ist Tia?«
»Sie schläft – in meiner Hütte«, sagte Whin und lä-
chelte mit ihren Zahnstummeln. Bei ihr war Veel, der ebenfalls unbestimmt lächelte, und sein verwirrter und verängstigter Emerfreund Esis. Veel war Whins Vetter, und da er für den Emer-Farmer gebürgt hatte, durfte der sich frei im Lager bewegen.
»Komm, Jes, du kannst bei mir und Reor schlafen«, sagte Stantu. »Du siehst müde aus.«
»Das bin ich auch«, sagte er und schaute zu Whins Hütte hinüber. »Zeig mir, wo.« Er war sich bewußt, daß ihm viele Augen folgten, als er mit Stantu zu der primitiven Mattenhütte ging. Er fragte sich, warum.
Hatte es etwas mit dem Kampf zu tun? Oder war es Tias wegen? Die Shumai sahen es nicht gerne, wenn unverheiratete Paare unbeobachtet beisammen waren. Aber was hätte man sonst tun sollen? Würde das etwas ausmachen? Und was hatte Tia im Augenblick für einen Status? Sie hatte sich einige Male besorgt darüber geäußert. Aber er war zu müde, um weiter darüber nachzudenken und schlief ein, umgeben vom Gerede des Shuami-Lagers.
Spät am nächsten Nachmittag meldete sich Ereni, der Hunneran beim Krugistoran. Er war tief beschämt, aber Prestiginagi hörte ihn mit freundlichem Ernst höflich an.
»Ich bin tief betrübt«, schloß Ereni, »werde meine militärische Laufbahn aufgeben und etwas anderes anfangen, Krugistoran.«
»Zuerst wollen wir die höfische Redeweise aufgeben, Ereni, und wie normale Geschäftsleute miteinander sprechen. Wir dürfen nicht so schnell ins gleiche Fahrwasser kommen wie Lippini. Ich kann mich noch gut erinnern, daß er ein zielbewußter Herrscher war, ehe er merkte, daß ihm das Herrschen zu gut ge-fiel, und die Macht, die es ihm verlieh. Nun, ich möchte nicht, daß du deine Laufbahn aufgibst. Erstens hast du schon Erfahrung mit diesem Pelbar.
Zweitens hast du dich nicht schlechter gehalten als wir anderen auch, und es sieht so aus, als sei er zufällig hinter dir auf der Bildfläche erschienen. Natürlich hättest du auch hinter dir Wachtposten aufstellen können, aber du hattest eigentlich keine Möglichkeit, dieses Ereignis vorauszusehen. Drittens haben er und seine Ankunft und die Art, wie er die Sache abwik-kelte, uns wahrscheinlich viele Soldaten und auch Pfeile erspart. Vielleicht wurde sogar eine vernich-tende Niederlage vermieden. Vielleicht hat er dir und auch deinem Sohn das Leben gerettet. Viertens wollen anscheinend alle Shumai, wenn wir dem Pelbar glauben können, Frieden. In Ruhe gelassen werden.
Das können sie haben. Vielleicht können wir dabei sogar einen Vorteil für uns herausschlagen. Nach dem Wenigen zu urteilen, was ich von dem Pelbar weiß, entstammt er einem Volk, das dem unseren ähnlicher ist als die Shumai.
Sie wohnen in Städten und sind Handwerker, obwohl sie in gewissen Bereichen viel strenger sind als wir. Anscheinend sind sie tief religiös. Im
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