Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
Sorgen«, fuhr sie dann fort, »wegen der Sache mit dieser Tia, der Shumai, die irgendwo weit in den Westen verschleppt wurde. Ich merke, daß du vorhast, eine wilde, verrückte Expedition zusammenzustellen, um sie zu retten. Die Ereignisse dieses Winters und die von heute haben mich zu der Ansicht gebracht, daß an dir vielleicht doch etwas dran ist, Jestak. Du warst entscheidend daran beteiligt, viel für Nordwall zu erreichen, und wir haben jetzt mehr wichtige Kontakte mit den Außenstämmen als je zuvor seit Menschengedenken.
Wir können es uns nicht leisten, daß du dich bei der Jagd nach einem Geist vergeudest. Ich spüre, daß du fest entschlossen bist zu gehen. Und vielleicht mit einigen Shumai als Gefährten. Ich hätte mehr von dir erwartet. Du hast diese wilde Frau nur den Teil eines Tages gesehen, und jetzt bist du bereit, um ihretwil-len dein Leben wegzuwerfen. Ich hätte gedacht, du wärst ein Denker. Jetzt sieht es so aus, als wärst du ein müßiger Träumer, kein Mensch von Vernunft.
Was hast du dazu zu sagen?«
»Du hast sie nicht gesehen, Protektorin. Sie bedeutet mir mehr als jede andere Frau, die ich je gesehen habe. Sie ist schlicht und einfach betörend. Und ...«
»Ich bin wirklich überrascht. Betörend. Hast du dir das überlegt? Betörend! Was ist mit den Leuten, die sie gefangengenommen haben? Glaubst du, daß sie immer noch betörend ist? Was würden sie mit einer betörenden Gefangenen machen? Zuck nicht zusammen! Das sind berechtigte Überlegungen. Und angenommen, sie ist betörend, was dann? Wie könntest du mit einer betörenden Wilden zusammenleben und das Fleisch mit den Zähnen von den Knochen reißen, während du im Dreck hockst? Ich fürchte, ich muß dir ausdrücklich verbieten, auf diese Geisterjagd zu gehen.«
»Protektorin, darf ich etwas sagen?«
»Bilde dir nur nicht ein, daß du mich umstimmen kannst!«
»Protektorin, ich würde nicht um meiner selbst willen gehen, obwohl ich für Nordwall wirklich nicht so wichtig bin. Aber du mußt gesehen haben, wie ich mit den Außenvölkern Verbindung aufgenommen und es überlebt habe. Es ist mir immer gelungen, sie mir zu verpflichten. Jetzt bin ich in einer einzigarti-gen Position. Ich glaube, ich kann mit den paar Shu-maiverbündeten, die ich habe, das ganze Gebiet der Shumai durchqueren, und wenn wir zusammenar-beiten, werde ich mir, falls ich es überlebe, eine große Anzahl von Shumai verpflichten. Ich weiß von keinem anderen Pelbar, der dazu in der Lage wäre. Wir müssen uns mit diesen Leuten verbünden, und wir können es, indem wir uns ihnen als nützlich erweisen. Ich will zugeben, daß Tia betörend ist oder war.
Aber hier liegt eine viel größere Chance, eine Möglichkeit, die Völker noch stärker zu einen. Dafür lohnt es sich durchaus, das Leben hinzugeben. Selbst wenn ich sterben sollte, werden gewisse Fortschritte erzielt worden sein. Mit der Zeit würden die meisten Shumai erfahren, daß ein Pelbar bei dem Versuch starb, einen von ihrem Volke zu retten. Das wird eine Wirkung haben.«
»Pusteblume.«
»Nun, Protektorin, ich sehe, daß Thro sich geirrt hat. Er sagte, die alte Dame sei keine Gans.«
»Jestak!«
»Ja, natürlich, es tut mir leid. Protektorin.«
»Nun, Jestak, wenn du glaubst, daß ich mich von dir beleidigen lasse, täuschst du dich sehr. Jetzt darfst du dich vor mir verneigen.«
Jestak verneigte sich ein wenig. »Ich meine, bis auf den Boden«, sagte sie entschieden.
Jestak war so wütend, daß er fast nicht gehorchen konnte. Aber er war durchdrungen von der Lebensart der Pelbar und wußte, daß eine Befehlsverweigerung zu diesem Zeitpunkt den völligen Verlust seiner Stellung bei seinem Volk bedeutet hätte. Also verneigte er sich langsam und kniete nieder, bis seine Stirn den Boden berührte. Sie schob ihren Hausschuh nach vorne und berührte seinen Kopf.
»Jetzt kannst du aufstehen«, sagte sie trocken.
Jestak stand rot vor Wut vor ihr.
»Nun«, sagte sie, »wirst du zu deinem Freund Stantu zurückkehren und ihn fragen, ob er im Gerichtssaal zu den Leuten sprechen will. Wir wollen eins nach dem anderen tun. Noch haben wir nicht einmal Ursa fortgehen sehen. Jetzt geh!«
Jestak verbeugte sich und ging.
»Jestak, was ist los? Mach dir keine Sorgen. Ich bin nicht beleidigt, weil mich die Pelbar nicht in ihre kostbare Stadt gelassen haben.«
»Das ist gut. Aber das ist es nicht.«
»Was dann?«
»Laß es im Moment mal gut sein. Wenn du im Gerichtssaal sprichst, Stantu, versuche
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