Pelbar 1 Die Zitadelle von Nordwall
mußte. Nach einem Dutzend Versuchen war es Gerontal entweder leid, sich schlecht zu benehmen, oder Jestak bekam ein Gefühl für das, was er tat, denn er konnte das Pferd einmal langsam im Kreis herumreiten. Natürlich sahen alle zu. Und natürlich mußte es Reor auch versuchen, mit dem gleichen Ergebnis wie Jestak.
Schließlich sagte Thro: »Bevor wir alle meine Männer zu Krüppeln machen, hören wir jetzt lieber auf.
Später ist noch Zeit genug dazu. Jestak, die Leute hier haben Eisen zu richten, wenn du Lust dazu hast. Ihr übrigen, wir müssen Schuhe reparieren und eintauschen, und es gibt viel zu tun.«
Als sich Jestak mit brennenden, zerkratzten Armen eine primitive Schmiede aufbaute, reichte man ihm das erste Werkzeug, ein gebogenes Messer für Häute.
Er sah auf einen Blick, daß es nicht aus der Werkstatt der Pelbar kam.
»Woher ist das?«
»Von Nordwesten aus den Bergen, dort treiben wir mit den Metallschmieden von Formen Handel.«
»Ist das weit?«
»Dreihundert Ayas. Warum fragst du?«
»Es unterscheidet sich sehr von unserer Arbeit. Ich habe nicht gewußt, daß sonst noch jemand im Westen Metall bearbeitet.«
»Die Emeri tun es auch, und noch besser, aber mit ihnen sind wir verfeindet.«
Jestak fand, daß die Arbeit von Forman von stabiler Machart, aber minderwertiger Qualität war. Sie war in sich unregelmäßig, oft schlecht gehärtet und wies große Abweichungen auf. Spät am Nachmittag seines zweiten Tages an der Schmiede reichte ihm ein junger Shumai ein langes, gebogenes Messer mit einem zerbrochenen Fingerschutz am Griff. Es war von feinerer Handwerksarbeit als alles außer den besten Pelbar-produkten, und seine feine Metallätzung, eine stili-sierte Eidechse, war allem überlegen, was er je gesehen hatte.
»Aii.«
»Was?«
»Wo hast du das her?«
»Ich habe es einem Emeri abgenommen. In einem Kampf.«
»Haben sie es gemacht?«
Der andere schaute ihn verdutzt an. »Vermutlich schon. Sie tragen genug von dem Zeugs bei sich.«
»Wie viele Emeri gibt es?«
Der andere breitete die Arme aus. »Oh, ungefähr sechstausend, nehme ich an. Sie leben fast alle in einer Stadt mit Farmen und kleinen Behausungen im Umkreis.«
Jestak wußte, daß er keine leichte Aufgabe vor sich hatte. Was hatte der Prophet von Salzstrom gesagt?
Die Taube verlieren,
Den Falken gewinnen,
Kleinem Ruhm entsagen,
Große Liebe erringen.
War das er? War Tia die Taube, die er verlieren wür-de? Vielleicht war es nur ein Gedicht. Das war das Problem mit rätselhaften Prophezeiungen. Sie kamen einem vor wie ein Spiel zur Unterhaltung der Be-sorgten und Müßigen. Er begann, das Emeri-Messer auseinanderzunehmen.
In diesem Augenblick ging Escripti den langen Stein-korridor im größten Gebäude von Emerta, dem Palast des Krugistoran, hinunter und rieb sich den Arm. Er kam an Shaffermi vorbei.
»Ah, Escripti. Was ist mit deinem Arm passiert, Escripti?«
»Wieder dieses Mädchen, Shaffermi. Die Wilde aus dem Osten, Shaffermi.«
»Hat sie dich gekratzt, Escripti?«
»Nein, Shaffermi. Sie hat mir den Arm verdreht. Sie ist so stark wie ein Pferd, und zweimal so zäh, und ihre Zunge ist wie ein langes Schwert. Ich glaube, es wäre besser, wir würden sie lähmen und sie gefesselt auf die Felder zurückschicken, Shaffermi.«
»Aber Escripti, der Krugistoran ist überzeugt, daß sie zu zähmen ist, genau wie die anderen, und schön ist sie sicher – eine schöne Beigabe zu seinen beiden anderen, Escripti.«
»Ich wünschte, er würde selbst versuchen, sie zu zähmen, Shaffermi.«
»Ah, Escripti. Dann hättest du aber deine Stellung verloren und würdest dich vielleicht selbst bei der Plackerei auf den Feldern wiederfinden, Escripti.«
»Es könnte aber sein, Shaffermi, daß ich dabei länger lebe. Sie weigert sich zuzunehmen. Wir können sie nicht zwangsernähren, weil sie sich so stark wehrt, daß sie sich selbst verunstaltet, und dann hat mein Rücken praktisch keine Haut mehr. Sie ist son-derbarerweise sehr wohl bereit, die Schrift zu erlernen, feine Nadelbilder zu sticken und bei den ma-thematischen Spielen ist sie allen außer Fountagorist schon jetzt überlegen, und er kann sie nur bei Aufgaben besiegen, zu denen andere Rechenarten notwendig sind. Sie ist ein sonderbares Wesen, hat den Geschmack eines Lehmklumpens und den Verstand von Unsettomati, dem Astronomen. Ich glaube, der Krugistoran lädt sich große Probleme mit ihr auf. Vielleicht wäre sie so sanft wie eine Schoßratte, die die rosa Pfötchen
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