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Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Titel: Pelbar 2 Die Enden des Kreises Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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Ziegen natürlich. Bist du dumm. Du bist nicht Pendler. Was bist du, sagst du?«
    »Pelbar. Aus dem Osten. Dort gibt es keine solchen Tiere. Und jetzt laß mich dein Bein sehen.«
    Er tastete es vorsichtig ab und kam zu der Ansicht, daß das Wadenbein gebrochen war. Stel verband den Unterschenkel und schiente ihn. Dann wusch er die zerkratzten Beine und Arme der Frau und bedeckte sie; dazu verwendete er seine kleine Sammlung von Nagetierfellen. Die Frau – sie hieß Catal – war früh auf die Sommerweiden gekommen. Sie erwartete ihre Angehörigen noch längere Zeit nicht. Jetzt wollte sie zu ihnen zurückkehren, natürlich mit den Ziegen, Stel sollte sie auf einer Bahre ziehen, die Ziegen treiben und Blomi, das kleine Mädchen, hüten. Das war aber noch nicht alles. Sie wollte nämlich nach Süden, über die Kette abgerundeter Berge.
    Stel zögerte ein paar Minuten lang. Es mußte ganz einfach getan werden. Er konnte sie nicht so liegen-lassen, und bei ihr bleiben wollte er nicht. Aber leicht war es nicht. Die Abhänge hinaufzuklettern, die Ziegen im Auge zu behalten, auch noch seine eigenen Sachen zu tragen, zu jagen, die Ziegen zu melken, wie es ihm Catal beibrachte, wobei Blomi über seine Ungeschicklichkeit lachte. Für die beiden zu sorgen, brachte Stel bald an den Rand der Erschöpfung. Sie mußten weiter gehen, als er angenommen oder als Catal gesagt hatte, und nach drei Tagen fand er heraus, daß sie erst die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten. Des Herumgeschütteltwerdens müde, wollte Catal selbst gehen, aber obwohl sie es mit Krücken versuchten, war es auf dem unebenem Gelände nicht möglich.
    Die einzige Entschädigung war Blomi. Stel hatte vergessen, wie entzückend Kinder sein konnten. Sie redete unaufhörlich, manchmal rutschte sie in der Sprache, die er nicht verstand, manchmal sprach sie ›Pendler‹, wie sie ihre gemeinsame Sprache nannte, die auch Stel kannte. Sie beherrschte sie besser als ih-re Mutter. Die Ziegenleute waren erst vor achtzehn Sommern aus dem Süden gekommen, und sie trieben Handel mit den Pendlern im Westen.
    Nachts kuschelte sich Blomi an Stel und legte ihren kleinen Arm um seinen Hals. Sie hatte keine warme Kleidung und schlief ohne Decke neben dem Feuer, und Stel wußte, daß sie zu ihm kam, um gewärmt zu werden, aber trotzdem war er von dem kleinen, weichen Körper bezaubert, und ihre Anwesenheit war ein Kompliment für ihn. Ein eigenes Kind zu haben, was mußte das für eine Freude sein.
    Blomi brachte Stel dazu, daß er ihr Geschichten er-zählte oder auf seiner Flöte spielte, besonders begei-sterten sie das Froschspiel, die Fingerleute aus dem Haus oder der Reim für die Zehen: Das Wasser gehört den fünf kleinen Fischen, doch kommt der große, dicke Wels – dann müssen sie schleunigst entwischen.
    Dabei näherten sich die Hände den Zehen wie klaf-fende Münder, oder Stels Mund öffnete sich und klickte mit den Zähnen. Da kreischte Blomi jedesmal los und hielt ihre Füße mit den Händen fest. Und hinterher streckte sie sie ihm hin, damit er es noch einmal machte.
    »Mach es bei Mam!« forderte Blomi.
    Stel blickte hinüber zu der schweigenden Catal, die sie beobachtete. »Sie könnte die Zehen nicht wegziehen. Ihr Bein ist festgebunden.«
    »Dann könntest du sie zwicken«, lachte Blomi.
    Stel verstummte. Catal lächelte ihn an. Danach fühlte sich Stel unbehaglich. Was dachte sich die Frau? Nun, er würde die beiden bald genug lossein, obwohl er mit einigem Bedauern daran dachte, Blomi zu verlieren.
    Der fünfte Tag brachte eine Kletterpartie, die die Ziegen mit Leichtigkeit bewältigten, die aber für Stel, der seine schwere Last schleppen mußte, eine harte Prü-
    fung war. Immer wieder mußte er stehenbleiben, sich setzen und zu Atem kommen. Catal war irgendwie ungeduldig. Als sie schließlich den Felsrand erreichten, sah er, daß der Hang nach Süden hin sanft abfiel und ein Pfad sich hinunterschlängelte. Weit unten stieg aus einer Schlucht Rauch auf.
    Spät am Nachmittag zockelte die seltsame Prozession in die offene Schlucht mit ihren primitiven Hütten. Ungefähr zwanzig Leute in ebenso grober Kleidung wie Catal, fast alle dunkelhäutig, kamen heraus und schauten ihnen entgegen. Niemand eilte auf sie zu, um zu helfen. Im Gegenteil: eine sonderbar gespannte Atmosphäre hing in der Luft wie stechender Rauch.
    »Wo soll ich dich absetzen?« fragte Stel.
    »Da«, sagte Catal und deutete auf eine Stelle.
    Stel sah eine Reisighütte. Davor stand ein

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