Pelbar 2 Die Enden des Kreises
dünner, junger Mann, nicht dunkel, sondern mit hellbraunem Haar, blauen Augen, einem spärlichen Bart und langen Haaren, die mit einem Riemen nach hinten gebunden waren.
Stel schleppte die Bahre zu ihm hin. Der Mann bewegte sich nicht. Stel stellte sie ab. »Sie hat sich das Bein gebrochen. Hast du Wasser?«
Der Braunhaarige achtete nicht auf Stel. Er sagte in einer fremden Sprache einen kurzen Satz zu Catal. Sie antwortete lange und leidenschaftlich, voller Verachtung, am Ende spuckte sie den jungen Mann an.
Stel hatte ein ungutes Gefühl. Er spannte seinen Kurzbogen und nahm mehrere Pfeile heraus. Sollten sie doch ihre Probleme selbst lösen. Er band seinen Rucksack von der Bahre los. Dann beugte er sich zu Blomi hinunter, küßte sie und verabschiedete sich. Sie weinte.
»Du kannst jetzt nicht gehen, Stel«, sagte sie.
»Warum nicht?«
»Du warst mit Mutter zusammen.«
»Ja. Das kommt darauf an, was ›mit ihr zusammen‹
bedeutet. Was nun?«
»Du mußt mit Vater kämpfen.«
»Das hast du gewußt? Warum hast du es mir nicht gesagt?«
»Mutter sagte – Mutter sagte, es war die einzige Möglichkeit, sie zu retten und nach Hause zu kommen.«
Der Braunhaarige holte eine lange, geflochtene Peitsche aus der Reisighütte und ließ sie um seinen Kopf pfeifen. »Komm her, du hinterhältiger Frauen-dieb. Ich ziehe dir die Haut ab.«
»Nicht schon wieder!« sagte Stel und wich zurück.
»Was heißt, ›nicht schon wieder‹? Ist das nicht er-stesmal? Nun, wird letztesmal sein.«
»Noch so eine Bande von Verrückten.«
»Ich werde dir zeigen verrückt. Du dafür sterben.«
Der junge Mann schlug mit der Peitsche nach ihm, aber Stel sprang rechtzeitig zurück. »Bleib stehen!«
»Bleib du doch stehen! Siehst du diesen Stamm?«
Stel zeigte auf einen gekrümmten Wacholderstamm in der Nähe von Blomis Vater.
»Was ist damit, du Schleimer? Natürlich werde ich ...« Er hielt inne, als Stels Pfeil in den Stamm fuhr.
»So, und jetzt zieh ihn vorsichtig heraus. Fühl mal die Spitze. Mach schon!« Der Braunhaarige gehorchte. »Der nächste fährt dir in den Wanst. Möchtest du das?«
»Wie hast du das gemacht? Kämpfe anständig, du schleimige Eidechse.«
»Eidechsen sind nicht schleimig, du Großmaul.«
»Was?«
»Du gehst jetzt zurück, sonst töte ich dich. Ich werde mir jetzt diesen Pfeil holen, dann werde ich mich in diesem Bach waschen, und dann gehe ich. Sonst noch Fragen?«
Blomis Vater wich zurück. »Das kannst du doch nicht machen«, sagte ein gedrungener, dunkler Mann mit fettigem Gesicht.
»Warum nicht?«
»Du mußt kämpfen.«
»Das haben wir eben getan. Nicht wahr, Braunhaar? Du hast gewonnen, oder?«
»Du machst nichts so, wie es sich gehört.«
Stel lachte. »Na gut, Schlangenbauch. Vielleicht nicht. Aber so ist es nun einmal.«
»Zu mir sagt niemand Schlangenbauch. Dafür wirst du sterben«, sagte der Mann mit dem fettigen Gesicht und trat vor, die Muskeln gespannt.
»Warte«, sagte Stel und hob die Hand. »Schon gut, Fettgesicht, du bist kein Schlangenbauch. Jetzt darf ich weiterleben, stimmt's?«
»Fettgesicht?«
»Eine passende Beschreibung.«
»Dafür wirst du sterben.« Auch dieser Mann hatte eine lange, geflochtene Peitsche bei sich, und er ließ sie vorschnellen und erwischte Stel am Handgelenk.
Aber Stels rasiermesserscharfes Kurzschwert schnitt die Schnur ab, als der Mann daran zog. Er setzte sich in den Sand, stand wieder auf, schaute seine Peitsche an und schrie los.
»Schau doch, was du gemacht hast! Eine neue Peitsche!«
»Dafür werde ich sterben, stimmt's?« erwiderte Stel. Er ging langsam rückwärts und behielt dabei alle im Auge. Niemand regte sich. Ein alte Frau spuckte ihn an und beschimpfte ihn in ihrer unverständlichen Sprache. Stel nahm aus seinem Rucksack ein kleines Stück Glas, das er bei der Ruine aufgelesen hatte, hielt es sich vors Gesicht und zeigte auf die Frau.
Sie hielt inne. »Was machst du da?« fragte sie.
»Hast du noch nie von einem Spiegelmann ge-hört?«
»Spiegelmann?«
»Das Ding hier hat in Verbindung mit meiner Zau-berkraft die Macht, deine Flüche auf dich zurückzu-werfen und sie dabei zu verdoppeln. Spürst du sie schon? Ich sehe, wie auf deinem Kinn mehr Haare wachsen. Sind deine Zähne schon locker? Deine Augen werden trüb.« Unwillkürlich berührte die Frau ihr Gesicht mit der Hand. Dann drehte sie sich unvermittelt um, und rannte davon. Stel schaute die anderen an, den Pfeil auf der Sehne.
Der mit den braunen Haaren
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