Pelbar 2 Die Enden des Kreises
ist.«
Sie lächelte zu ihm hinüber. Die beiden Älteren hatten sich offensichtlich schon jetzt liebgewonnen.
»Ich habe mich mein ganzes Leben lang um Menschen gekümmert, und jetzt sind mir nur noch Finkelstein und Taglio geblieben. Ich habe kaum noch etwas zu tun. Seine Schmerzen werden durch Ruhe vergehen. Ich habe das schon früher erlebt. Aber man darf ihn auf keinen Fall transportieren. Es kann den ganzen Sommer dauern.« Hagen zuckte zusammen.
»Aber er wird gesund werden. Dann kann er alleine zurückkehren. Ich bin sicher, daß Ahroe ihn suchen wird, sobald sie Stel ausfindig gemacht hat.«
»Falls ihr das je gelingt«, sagte Quen.
»Du darfst nicht versuchen, sie aufzuhalten, Quen.
Das siehst du doch ein, oder?«
Quen antwortete nicht. Aber Hagen sagte: »Wie kann ich Ahroe allein weiterziehen lassen? Wir waren mehr als tausend Ayas zusammen unterwegs. Ich war dabei, als Garet geboren wurde. Ich habe das Kind tagelang getragen. Er ...«
»Was ist der Zweck ihrer Reise, Hagen?« fragte Fitzhugh.
»Stel zu suchen, ich weiß.«
»Und Stel ist es wert, daß man ihn sucht. Vergiß nicht, daß ich ihn kenne. Wenn meine Schwester nicht gewesen wäre, wäre er jetzt mit euch hier. Stel ist der Vater.«
»Und Hagen ist der Großvater«, sagte Ahroe.
»Aber Fitzhugh hat recht. Ich muß fort. Ohne euch alle ist Garet hier nicht sicher, und es ist nur richtig, daß ihr drei nach Hause geht.«
»Ich sehe nicht ein, was daran richtig sein soll«, brummte Quen.
»Ich bin Stels Frau, Quen, und ich werde ihn finden.«
Quen verließ den Raum. »Wald«, sagte Hagen leise. »Du und Omar, ihr werdet dafür sorgen müssen, daß er ihr nicht folgt.«
Sie nickten.
»Dann ist es abgemacht. Garet und ich brechen morgen früh auf. Ihr beiden und Quen könntet mich noch ein paar Ayas weit begleiten, um zu sehen, ob keine Roti da sind, und dann umkehren, wenn ihr wollt.«
»Gut. Das machen wir.«
»Hagen, wir kommen zurück und holen dich. Wir werden ...«
»Mach dir meinetwegen keine Sorgen. Mit mir geht alles in Ordnung. Wenn es einfacher ist, brauchst du nicht einmal auf diesem Weg zurückzukommen. Es kann sein, daß du lange fort bist. Ich glaube fest, daß du ihn finden wirst. Ich bete darum, daß ich dich eines Tages wiedersehe. Es tut mir leid, daß ich nicht mit dir gehen kann. Aber ich kenne dich soweit, um zu wissen, daß du zäh und stark bist. Und ich möch-te, daß du von diesen verrückten Roti weit weg-kommst. Komm nur bitte heute abend zu mir herein, damit ich dir Lebewohl sagen kann.«
Ahroe kam, und zwar allein. Hagen schwieg lange.
Endlich sagte er: »Ahroe, leg die Arme um mich. Sei bitte vorsichtig. Bewege das Bett nicht zuviel.«
Sie tat es, ließ sich neben ihm nieder und sagte: »Eine Dahmen kann nie einen Vater haben, der so ist wie du, Hagen. Ich sehe jetzt ein, daß das keine Sache des Blutes ist. Es ist etwas anderes – etwas, was die Gesellschaft gestattet und was zwei Menschen füreinander empfinden.«
»Wir hatten eine schöne Zeit da draußen auf den Ebenen, nicht wahr?«
»Ja. Besonders du. Für mich war es eine Zeitlang ein bißchen schwer.« Sie stand auf, zupfte ihn ein paarmal am Bart, blieb dann stehen und nahm seine Hand. Dann ging sie zur Tür, und der alte Mann schlug die Hände vors Gesicht.
Am Morgen verabschiedeten sie sich noch einmal, aber schnell und vor den anderen. Hagen sah sie vor seinem geistigen Auge, wie sie sich auf den Weg machte, Garet wippend auf ihrem Rücken, und wie die drei Shumai mit ihr den Hügel im Westen erstiegen.
Fitzhugh kam herein. »Sie sind fort«, sagte sie.
»Möchtest du mir jetzt helfen, Fasern zu drehen, oder willst du dich lieber ausruhen.«
»Ich glaube, ich ruhe mich lieber aus, Fitz.« Er lä-
chelte verlegen zu ihr auf, nicht an Hilflosigkeit ge-wöhnt.
»Du kannst mir später helfen.« Sie strich ihm das Haar aus dem Gesicht und verließ den Raum.
Weiter oben standen die vier Reisenden vor den verstreuten Gebeinen der Roti. Quen pfiff leise. »Der harmlose Stel hatte also doch einen Stachel«, sagte er.
»Kommt! Ich will weiter.« Ahroe ging voran, während sich die drei ansahen.
Zehn Ayas später sagte Ahroe. »Gut. Das ist weit genug. Danke, daß ihr mitgekommen seid. Jetzt gehe ich alleine weiter. Kommt, ich möchte euch danken.«
Sie umarmte sie alle herzlich, Quen zum Schluß.
»Es ist nicht richtig. Ich lasse dich nicht gehen.«
Omar und Wald packten ihn an den Armen.
»Möge Aven dich segnen«, sagte Ahroe.
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