Pelbar 2 Die Enden des Kreises
die so mühelos log.
Aber Rabe erklärte sich einverstanden, und ein Fak-kelzug strebte zum Lager. Das Palisadentor wurde geöffnet. Die Männer fingen an zu murren und zu witzeln, aber einige Peitschenhiebe stellten ein mürri-sches Schweigen her. Ahroe gab Anweisung, Wasser zu wärmen und einen der kleinen Jungen zu bringen, die trotz der Abendkühle nackt waren. Sie gab ihm die Hälfte ihrer noch verbliebenen Seife und sagte einem alten Mann, er solle ihn baden und seine Haare mit der Seife schrubben. Das Kind schrie und kreischte während der gesamten Prozedur.
»Paß auf, daß ihm nichts in die Augen kommt«, sagte Ahroe. »Es ist eine starke Seife, sie brennen sonst.«
Als sie fertig waren, erklärte Ahroe genau, wie Seife gemacht wurde, vom Laugen der Asche bis zum Kochen mit Fett und zum Gießen in Formen. Die Männer fanden das komisch und neigten dazu, miteinander zu flüstern, aber das Neue dieses Abends, der Ring von Fackeln und die Peitschen, die sie aus-einandertrieben, sorgten für Disziplin.
»Bringt jetzt einen Hocker und den Mann, der ge-peitscht wurde!« verlangte Ahroe. Er kam widerwillig hervor. Die häßliche Strieme auf seiner Schulter und seinem Rücken war mit trockenem Blut verkru-stet und an den Rändern purpurrot. Niemand hatte sie berührt. Ahroe spürte, daß das eine Sache des Stolzes war. »Setz dich hierhin!« befahl sie. »Wie heißt du?«
»Latz.«
»Das wird jetzt weh tun, aber es heilt dann besser.
Du mußt die Wunde abdecken, um die Fliegen abzu-halten. Koche ein Tuch aus und wickle es herum.
Deine Freunde werden dir helfen.«
»Wir ziehen ihm noch den Rest der Haut ab«, sagte leise eine Stimme von hinten in der Gruppe, aber Rabes Peitsche fand den Mann und leckte über seinen Unterarm.
»Ich komme allmählich nicht mehr nach, Rabe«, sagte Ahroe. Rabe rollte nur ihre Peitsche sorgfältig auf.
Latz saß still da und schaute über seine Schulter, bis Ahroe das warme Seifenwasser auf seinen Rücken brachte. Da schrie er auf und zuckte zusammen. Sie griff ihm ins Haar und schüttelte ihn. »Ruhig! Hast du kein Rückgrat?« Rabe lächelte belustigt, aber Latz ertrug das Waschen ohne weiteres Geschrei. Dann riß Ahroe mehrere Streifen von ihrem eigenen, grauwei-
ßen Tuch ab, das sauber und trocken war, ohne zu erwähnen, daß sie damit fast ein Drittel von Garets Windelvorrat opferte, und verband die Wunde mit kundiger Hand.
»Steh auf!« sagte sie. Latz stand auf. Er war etwa so groß wie Ahroe. Sie schaute sich den Verband an.
»Du mußt das jeden Tag waschen. Mit Seife. Und jetzt, Mund zu und Nase sauberhalten. Siehst du, wie man das macht? Das kannst du sicher auch.«
Latz starrte sie an. »Uns geht's auch so ganz gut, Frau. Du hast mich beinahe umgebracht.«
»Siehst du?« fragte Rabe.
Ahroe drehte sich nicht um und antwortete auch nicht. »Kannst du die Seife machen?«
»Sicher. Das ist einfach.«
»Wirst du es auch tun?«
»Sie werden es uns befehlen. Neue Arbeit.«
»Macht euch welche für euch selbst. Und verwendet sie. So einen Saustall habe ich noch nie gesehen.
Rabe, wir sollten jetzt vielleicht gehen. Ich danke euch allen für eure Hilfe.«
Sie gingen, Fackelschein flackerte über Gesichter, feindseliges Schweigen umgab sie, aber als sie durch das Feld zogen, schwollen die Schreie und das Geheul hinter ihnen an. Ahroe wußte, daß sie eine fast bedeutungslose Geste gemacht hatte, aber die Tatsache der Seife blieb. Sie hatte sich im Gebiet der Shumai ohne sie nie sauber gefühlt. Wenigstens den Frauen würde sie helfen. Aber vielleicht war es aus-sichtslos. Das Gesicht von Latz war viel leerer gewesen als das ihres Säuglings. Vielleicht riß er schon jetzt den Verband ab und tanzte damit herum. Niemand würde sich wirklich darum kümmern. Aber wenigstens hatte sie ihnen einen kurzen Blick auf eine andere Art von Behandlung gezeigt. Vielleicht dachten heute nacht wenigstens ein paar darüber nach.
Ahroe und Garet bekamen das Arbeitszimmer der Leiterin als Schlafraum. Die Frauen schliefen im allgemeinen zusammen in einem großen Raum in Hän-gematten, die sie untertags an Pflöcken aufhängten.
Garets Gegenwart konnten sie nicht ertragen. Ahroe tat so, als bereite sie sich zum Schlafengehen vor, während Rabe plaudernd in der Tür lehnte, aber sobald die Tür geschlossen war, zog sie sich an, packte, stillte Garet noch einmal und schaute durch das offene Fenster prüfend in die Nacht hinaus. War da ein Schatten? Gab es noch einen anderen Weg?
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