Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
hörte, wie ein Shumai leise aufstand, zum Hügel ging und sich neben Sark setzte, dann kurze Zeit darauf, wie ein zweiter zurückkehrte. Einmal hörte sie das tuten-de Bellen einer im Dunkeln nach Süden fliegenden Gänseschar – Celestes Vögel, die sie in jenem Frühjahr, es schien so lange her, auf den Lichtschirm gezeichnet hatte. In allem war ein Rhythmus. Alle diese Menschen fügten sich in den Rhythmus ein. Sie fühlte sich völlig ausgeschlossen davon. Vielleicht war bei ihrer Zusammensetzung etwas ausgelassen worden.
Vielleicht war auch sie ein Komp, nur eine andere Art. Nein. So war es nicht. Sie konnte fühlen – wenigstens glaubte sie jetzt, es zu können. Dexter hatte sicher die ganze Zeit über weniger empfunden, zum Teufel mit ihm! Akzeptierte Dailith sie aus Liebe oder aus Pflichtgefühl? Worauf ließ sie sich ein, wenn sie versprach, ihn zu heiraten? Vor Monaten hatte sie noch geglaubt, das sei ein uralter, überholter Brauch.
Bei Stel und Ahroe schien er allerdings gut zu funktionieren. Die beiden waren eine Einheit. Zwischen ihnen bestand ein Einvernehmen, das sie auf unheimliche Weise verband. Vielleicht würde es auch bei ihr funktionieren. Sie wollte es versuchen.
Als der erste Dämmerschein zu sehen war, hörte Eolyn Sark und einen zweiten Mann ins Lager kommen. Er ging an den Rand des schwachen Feuerscheins. »Nun, Tor, hat sich das gelohnt?« fragte er.
»Für dich nicht, Sark. Für uns andere, ja.«
»All diese Leute wären besser zusammen mit ihrer Kuppel zerbröckelt. Du hättest deinen Arm noch und ich meinen Sohn.«
»Das ist aber nicht möglich. Und wenn es so gewesen wäre, wären all diese Peshtak noch auf freiem Fuß, mordlüstern wie immer. Die Leute aus der Kuppel haben einen großen Teil des Verlusts getragen.
Butto war ein großartiger Mensch.«
Sarks Stimme veränderte sich. »Tor, was würde Aven zu alledem sagen? Ich komme nicht darüber hinweg.«
»Die Worte Avens lauten, daß das Leben des Körpers nicht unser Leben ist. Unser Leben ist das, was wir tun, was wir denken, wie nahe wir in unseren Taten und Motiven dem reinen Leben Avens kommen. Denn wenn wir so sind, haben wir bekräftigt, daß wir die ewige Identität begreifen, als Wesen, die kein Fleisch brauchen, sondern nur den Willen Avens kennen und ihn befolgen müssen und wissen, daß uns das auf ewig in Avens Denken erhalten wird.«
Sark dachte darüber nach: »Aber Dard, er war doch bereit zu töten. Was würden ihm diese Pelbar-Ideen nützen?«
»Nein, Sark. Dard war seinen Freunden treu. Er war selbstlos. Er hielt zu ihnen, weil er hoffte, Leben zu retten. Er wollte keinerlei persönlichen Gewinn daraus ziehen. Das ist Liebe, Sark. Ich meine, wir müssen glauben, daß das Güte ist.«
»Was hältst du wirklich von diesen Worten Avens?«
»Ich weiß es nicht, Sark. Ich weiß es wirklich nicht.
Aber betrachtet es doch einmal so. Das, was hier geschehen ist, war wieder dasselbe wie in der Zeit des Feuers, aber in kleinerem Ausmaß. Wenn Dard und Cruw, unsere Opfer, nicht gewesen wären, hätte es immer weitergehen und sein Feuer, seine Leere, seine Lebensfeindlichkeit immer wieder entfalten können, solange die Peshtak den Strahler hatten. Die Shumai waren dem Leben immer nahe. Wir haben es nie mit Mauern oder Kuppeln verleugnet. Dard ist mitten in diesem Leben. Wenn du im Frühling hierher zurück-kommst, wirst du ihren Grabhügel mit Blumen übersät finden. Die Farne werden sich hier entfalten, und in den Bäumen darüber wird der Wind rauschen.
Wenn die Sonne Lichtspeere durch die jungen Blätter herunterschickt, werden sie den Kennstein treffen, und der Stein wird zur Bestätigung ihres Wertes auf-leuchten. Das Grab ist nicht in einer leeren Stelle wie jener Stab. Sie werden immer Teil dieses Tales, dieses Hügels sein, solange die Blätter nach dem Licht streben. Das ist die Ansicht der Shumai, und der Pelbar sieht ihren unsterblichen Teil als etwas, was jenseits dessen nach oben steigt, wie ich gesagt habe, und sie auch dann bestätigt, wenn es keine Blätter und kein Licht mehr gibt. Unser scharfer Schmerz wird gelin-dert werden, und zwar um so schneller, wenn wir diese höheren Gedanken zu unserer Medizin machen.
Es ist schwer, aber das müssen wir tun.«
»So. Und das hast du wohl auch bei deinem Arm gemacht?«
»Ich bin dabei, Sark, ich versuche es. Fertig bin ich noch nicht damit.«
»Wirst du es jemals schaffen?«
»Ich weiß es nicht, Sark. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, daß
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