Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
Sie lassen sich am Isso und in Nordwall nieder. Sie treiben Landwirtschaft, fällen Holz, hüten Vieh. Treibt keine Späße mit mir. Das wißt ihr doch sicher.«
»Du lügst, Mensch.«
Neben dem Boot rief ein zweiter Mann: »He, Ilder, er hat Shumaitrinkhörner und -schalen in seinem Beutel.« Die Männer wandten sich um, bis auf einen gingen alle zum Boot. Stel sah, wie sich der Mann umdrehte. Er glaubte, einen Hund zu hören: Raran.
Er schlug den Mann nieder und rannte davon, dachte dabei, ich bin ein Narr, und duckte sich hinter Bäume und Büsche, während das Shumaigeschrei aufgellte.
Sie würden versuchen, ihn zu jagen, bis er erschöpft war, dachte Stel. Das konnten sie auch, wie er wußte, aber nicht so leicht. Es waren alles ältere Männer, älter als er, wenn auch langgliedrig. Einer hätte ihn beinahe erwischt. Ja, jetzt hörte er Raran in der Nähe.
Der Mann packte ihn am Kragen. Stel wand sich los und rannte weiter, während Raran vorbeiflitzte, dem Mann an die Brust sprang und ihn zu Boden riß.
Stel drehte sich nicht um, schrie aber: »Komm, Raran, altes Mädchen!« und dachte: Wenn sie mit mir läuft, werden sie mich aufspeeren. Er blickte über die Schulter. Raran kam nicht. Sie stand über dem Mann, den sie umgeworfen hatte. Alle Haare auf ihrem Rük-ken sträubten sich, und ihr Kopf war mit gebleckten Zähnen an der Kehle des Mannes. Stel blieb stehen und drehte sich um. Er konnte den Hund nicht im Stich lassen.
»Ruf deinen Hund weg, du Fischbauch!« schrie der Axtschwinger. »Wir geben dir ein Viertel Sonnenbreite Vorsprung.«
»Sie ist Tristals Hündin. Wenn ihr wollt, daß euer Mann am Leben bleibt, ruft Tor mit dem Horn!«
»Nicht nötig, wenn er das ist, der da kommt.«
Stel warf schnell einen Blick zurück. Es war Tor, mit Tristal und vier anderen Männern. Jetzt brauchte er nur noch abzuwarten. Tor blieb bei Stel stehen, und der sagte: »Sie haben mein Boot gespeert. Sie wissen nicht einmal, daß wir Frieden haben.« Tor ging auf die aufgestellten Speere zu, die linke Hand erhoben.
»Tor Vison, ursprünglich von der Großen Schleife«, sagte er. »Was ist los? Hat Stel euch angegriffen?«
Der Axtschwinger trat vor. »Disdan. Wir kommen vom Eisland.«
»Eisland? – Egal. Tristal, ruf Raran zurück! Ihr kommt besser mit uns. Wo immer ihr auch gewesen seid, anscheinend wißt ihr nicht, daß wir Frieden haben. Wir haben einen Eintopf auf dem Feuer stehen.
Schickt jemanden, der Stels Boot holt! Vermutlich muß er es reparieren.« Tor wandte dem Shumai den Rücken zu und ging flußaufwärts zu den wartenden Holzfällern. Stel folgte ihm. Stel hörte den Schnee hinter sich knirschen, als die Shumai nachkamen. Raran trottete neben ihm her.
Sie brachten das Boot tatsächlich mit, wieder mit allem, was darin gewesen war und auch mit ihren eigenen Rucksäcken beladen schleiften sie es über den Schnee. Als sie bei den Shumai Sentani und Pelbar fanden, waren sie überrascht. Tor sagte, sie sollten sich setzen, gab ihnen zu essen, und sie redeten den ganzen Tag miteinander, während Stel die zerbro-chenen Bootsbretter herausschnitt und neue passend hobelte, dann klebte er sie fest, ließ alles trocknen und goß geschmolzenes Bienenwachs darüber.
Disdan hatte nichts vom Frieden gewußt. Er und seine Männer waren fünfzehn Jahre lang nicht mehr in dieser Gegend gewesen, sondern weit im Norden und Westen. Sie erzählten Tor von einem Land voller Flachhornhirsche, von Bergen aus Eis mit schmalen Tälern dazwischen, von Herdentieren und Wölfen und von großen weißen Tieren. Ilders Mantel, ein großes, dickes Kleidungsstück, war aus einem Teil eines Fells gemacht.
»Es hört sich an wie das, was die Pendler Bären nennen«, rief Stel herüber. »Ich bin in den westlichen Bergen einem begegnet. Der war zwar auch groß, aber grau.«
»Das stimmt«, sagte Tor. »Stel war dort und noch weiter. Die Welt hat sich verändert. Jetzt erzählt mir mehr von diesem Land aus Eis.«
Stel sah, wie Tors Augen aufleuchteten. Disdans Männer redeten bis in den Abend hinein über diese Gegend. Nirgends lebten dort Menschen. Nach Westen zu versperrte eine Kette aus großen, ständig schneebedeckten Bergen den Weg. Sie hatten die Berge niemals überquert. In sorgloser Selbstvergessen-heit hatten sie gelebt, frei von Ängsten, wie sie sagten. Tor wußte, daß sie noch etwas zurückhielten.
Schließlich, lang nach Sonnenuntergang, als sie wieder Eintopf aßen, kam es heraus. »Die Wahrheit ist«, sagte
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