Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
Kuppel retten und daß sie einflußreiche Mitglieder unserer Gemeinschaft werden. Natürlich würde man ihre Anschauungen respektieren. Sie hätten keine Ahnung von unserem Eckstein – unserem Fundament –, nämlich der Verehrung Avens in der Weise, die unsere Geistlichen seit vielen Jahrhunderten als richtig entwickelt haben. Diese Art der Verehrung hat sich nicht nur wegen ihrer Wahrheit, sondern auch wegen ihrer positiven Auswirkung auf die Gemeinschaft als vorteilhaft erwiesen, indem sie diese zu dem einzigen Ziel von Güte und Ordnung verbunden hat, wie es allein die Herrschaft von Frauen zuläßt. Ich fürchte, daß das verlorengehen würde. Die Wirkung auf die Völker des Heart-Flusses wäre ernst, ja katastrophal.
Man könnte tatsächlich sagen, sie würde uns zu-rückwerfen, weit zurück auf der Straße des Fortschritts, und die wahrhaft treuen Pelbar würden, wenn sie nicht im Besitz dieser Stadt bleiben könnten, sicher fortgehen und ihre eigene Stadt gründen, um die wahre und gerechte Gesellschaftsform fortzuführen, derer sie hier beraubt wären. Es wäre in der Tat eine tragische und ungerechte Entwicklung, die die rechtmäßige Ordnung in jeder Weise zerstören wür-de.
Ich möchte, von vielen unterstützt, wirklich dazu raten, den Menschen in der Kuppel nicht nur nicht zu helfen, sondern alles zu tun, was möglich ist, um die Zerstörung der Kuppel herbeizuführen, mit Menschen und allem, ehe ihr verderblicher Einfluß sich ausbreiten kann.«
Protestgemurmel ging durch den Saal, und die Gardisten der Protektorin klopften mit den Griffen ihrer Langschwerter auf den Boden, um die Ruhe wiederherzustellen.
»Ist deine Darlegung damit vollständig, Dahmena?« fragte die Protektorin sanft.
»Im Augenblick ja, wenn es sein muß. Wir werden in dieser Sache nicht nachgeben.«
»Das werdet ihr natürlich doch tun, wenn die Mehrheit es so will, Dahmena.«
Die Nordrätin antwortete nicht, sondern nahm einigermaßen erregt ihren Platz wieder ein.
»Nun wird noch jemand um seine Meinung gebeten, nämlich Plaat, die Leiterin der Manufakturen und der Lager. Bitte ergreife das Wort, Plaat!«
Sie war eine kleine, breit gebaute Frau, die einen etwas watschelnden Gang hatte, sich aber flink und geschickt bewegte.
Auch sie verneigte sich, als sie das Wort ergriff.
Auch sie begann mit dem üblichen Dank an die Protektorin. »Meine Stellungnahme ist kurz und enthält keine hochgestochene Philosophie«, fuhr sie fort. »Es geht nur um folgendes: Was wir auch tun, alles wirkt sich auf unsere Vorräte, auf unsere Manufakturen, auf unseren Handel aus. Der Handel hat sich erweitert. Nordwall ist über uns hinausgewachsen, hauptsächlich, weil es so viele Shumai in seine Unterneh-mungen integriert hat. Sie haben dort auch mehr Nutzen aus Energiequellen wie Wasser und Wind gezogen. Wir brauchen Technologie. Celeste hat uns schon von Methoden zur Holzkonservierung erzählt, obwohl sie ihr ganzes Leben lang fast kein Holz zu sehen bekommen hat. Das Wissenspotential dieser Leute ist zu groß, als daß wir darauf verzichten könnten. Unsere Männer sollten zu Arbeiten eingesetzt werden, die Geschicklichkeit erfordern, und nicht wie Tiere schuften müssen, wenn es nicht notwendig ist. Wir brauchen von diesen Menschen, was wir bekommen können.« Sie ging unvermittelt an ihren Platz zurück.
Die Protektorin hob ihren Stab, aber nur eine Stimme unterbrach sie. »Noch ein Wort, Protektorin, wenn es möglich ist.«
»Ja, natürlich, Westrätin, bitte sprich – aber nur, wenn du neue Ansichten, völlig neues Material zu bieten hast.«
»Ich glaube, das ist der Fall, ja. Danke, Protektorin.« Sie stand auf, eine große, schlanke Frau, alt aber aufrecht. »Auch was ich sagen will, ist kurz, aber sehr wichtig. Es ist ebenfalls eine durchaus profane Ansicht. Sie hat mit den Männern zu tun. Vor dem gro-
ßen Waffenstillstand wurden unsere Städte durch die alte Ordnung erhalten, wie es sich gehörte, vom Urteil von Frauen geleitet, weil die Männer keine Alter-native hatten. Nun ist die Lage anders. Soviel ich hö-
re, heiraten in Nordwall Pelbarmänner oft Shu-maifrauen – wie Jestak es tat. Das gibt ihnen mehr Freiheit. Sie leben außerhalb der Mauern, treiben Landwirtschaft, Handel, gehen auf Reisen. Sie fühlen sich nicht länger durch Avens Gesetz gebunden, wie wir es kennen.
Wir spüren hier eine erste Unruhe. Erst im letzten Hirschmonat hat Awkem, wie ihr wißt, seine Frau und seine Familie nach einem ernsten Streit
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