Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
konnte es nicht ertragen.«
»Ahroe, ich bin noch nicht sicher, ob ich es ertragen kann. Was soll ich tun?«
»Aven wird es dir sagen«, meinte Stel. »Alle Dinge und alle Menschen haben eine Aufgabe, sie müssen sich ihr nur überlassen. Das klingt vielleicht wie Unsinn, aber ich habe gelernt, daß es so ist.«
»Ich habe den Eindruck, Tor, daß die Menschen bisher immer deinem Geist gefolgt sind, nicht deinem rechten Arm«, sagte Ahroe.
»Ohne rechten Arm hat der Geist draußen auf den Ebenen kein Werkzeug.«
»Der linke ist auch noch da«, sagte Stel. »Ich bin selbst Linkshänder, jetzt bist du es auch.«
Ahroe umarmte ihn noch einmal, dann verließ das Paar gebückt die Hütte. Ruthan stand bei Blu, und die beiden gingen zu ihnen hin. »Blu, ich mache mir Sorgen. Sicher, er beschäftigt sich mit uns, aber er ist zutiefst niedergeschlagen. Ich glaube, jemand sollte dauernd bei ihm sein, besonders heute nacht«, sagte Stel.
»Ich bleibe bei ihm«, gab Ruthan zurück. »Ich habe es getan. Ich werde bei ihm bleiben.«
Blu warf ihr einen Blick zu: »Er wird körperliche Hilfe brauchen«, sagte er.
»Ich werde ihm alle Hilfe geben, die er braucht.«
»Dazu gehört auch ...«
»Ich weiß. Das ist nichts. In Kuppel und Ebenen ging es nicht sehr zeremoniell zu, wißt ihr. Wir haben sogar ... alles wiederaufbereitet.«
»Nun«, sagte Blu, »ich komme auch mit.«
»Nein. Ich bleibe bei ihm. Du hältst dich nur in der Nähe auf. Wenn er irgendwie besondere Hilfe braucht, werde ich dich rufen.«
»Ich werde ...«
»Blu«, sagte Stel. »Sie schafft das schon. Laß sie!«
Der Shumai war verärgert, sah aber, daß Stel ihm neckisch zulächelte. Er glaubte zu verstehen, was Stel ausdrücken wollte, war aber nicht sicher. Es gefiel ihm nicht besonders. Was wußte Stel? Ahroe wirkte leicht schockiert. Sie schüttelte den Kopf. Ruthan schlug die Hände vors Gesicht, ging aber in die Hütte.
»Ich ... aber ... so kann man doch nicht ... Es ...«
»Ich bin sicher, daß Tor nicht über sie herfallen wird, wenn er bei Bewußtsein ist, Blu«, sagte Ahroe und wandte sich ab. »Das würde er ohnehin nicht tun, auch nicht, wenn er gesund wäre. Laß sie ihren Frieden mit ihm machen!«
Spät in dieser Nacht, zwei Feuer flackerten drau-
ßen, und nur die beiden Shumaiwachen und ein Komp sprachen leise miteinander, spürte Tor, wie das Gewicht seines Verlustes sich wieder über ihn senkte und ihn niederdrückte, als sinke er in Spiralen langsam im Wasser unter wie ein Stein, träge und hilflos.
Der Hund der Dunkelheit war zurückgekommen. Tor schrie auf in seinem Traum, ein leises Stöhnen. Dann zog etwas an ihm, hob ihn hoch. Ein langer, seltsamer Kampf folgte zwischen dem Gewicht und der nach oben ziehenden Kraft, als ob ihn zwei Arme hielten, die zu Vogelklauen wurden und ihn hinauf durch das tiefe Wasser hoben, hinaus in die Nacht, wo er den Sternenkreis und die Jägergruppe sehen konnte, sie sich langsam über ihm drehten. Starke Hände und der Rhythmus von Flügeln, die schlugen und schlugen, trugen ihn nach oben in ein blendendes Licht. Er schloß die Augen davor, kniff sie zu. Das Licht schien stärker zu werden und von innen herauszuplatzen.
Dann schwebte er, immer noch mit Schmerzen, immer noch festgehalten, immer noch hoch und frei, glitt hinaus, weit weg vom Hund der Dunkelheit, glitt zu einer Hügelkuppe auf den Prärien, steinig, mit einer verwitterten Felsnase, Blumen nickten in der Dämmerung. Schließlich verblaßte das alles, und er war wieder zurück in Stels Hütte, ein Gewicht lag auf seiner Brust. Als er danach tastete, entdeckte er, daß es Ruthans Kopf war. Sie schlief. Er verstand es nicht, aber sie war ihm keine Last. Ihr Haar war so fein wie Quellwasser. Er befühlte es mit seinen Fingern und schaute in das schwache Flackern des Feuerscheins jenseits der geflochtenen Wand.
Dann wurde er schläfrig. Sein Traum erinnerte ihn an eine der Rollen Pells. »Aven«, flüsterte er vor sich hin. »Aven, Mutter allen Lebens, schütze uns alle, he-be uns über diese Schranken hinweg. Laß uns frei schweben auf den Flügeln deiner Gedanken, führe uns in der weglosen Luft über dem Fluß mit Deiner Sicherheit, freundlich und sanft!« Die Haframa hatte diesen Text Celeste vorgelesen, aber das Mädchen gab nicht zu erkennen, daß sie ihn verstand. Tor gefiel die Stelle, aber auch er hatte keine Ahnung, was sie bedeutete. Dann schlief er, zum erstenmal seit seiner Verwundung, und gewann ein gewisses Gefühl
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