Pelbar 3 Die Kuppel im Walde
Auswirkungen der Ernährung in der Außenwelt zeigten. Blu blieb, weil Ruthan blieb, das sagte er wenigstens. Er hatte nicht nur verschrobene, konventionelle Vorstellungen von Schicklichkeit, sondern machte sich ehrliche Sorgen um Tor.
Die Gruppe brach auf, hoffte, bei Einbruch der Dunkelheit den langsam fließenden Raimac zu erreichen. Blu und Ruthan sahen ihnen nach, so wie Dailith und Stel früher den Gardisten nachgesehen hatten, die Susan auf ihrer Bahre wegtrugen. Blu legte den Arm um Ruthans Schulter. Sie schaute ihn überrascht an.
»Komm mit nach oben auf die Felsen!« sagte er.
»Wir müssen ein wenig miteinander reden.«
Sie verspürte Widerstreben, ein bißchen Angst, aber er lächelte. Sie merkte, daß sie kaum eine Wahl hatte. Als sie einen Pfad südlich des Überhangs hin-aufstiegen, wurde sie immer sicherer. Sie begann ihn nach den Namen der Pflanzen zu fragen, entdeckte aber, daß seine Kenntnisse entweder unsystematisch oder lückenhaft waren. Er kannte jedoch die Eigen-heiten und den Verwendungszweck von Pflanzen, für die er keine Namen hatte. Manche kannte er genau. Schließlich erreichten sie die Hügelkuppe. Als sie nach Westen schauten, sahen sie, daß von der zerstörten Kuppel noch immer schwach dunkler Rauch aufstieg.
»Ruthan«, begann Blu. »Ist das dein einziger Na-me? Ruthan?«
»Ich habe noch einen, den ich nie verwende.
Ruthan Tromtrager. Aber ich habe keine Familie.
Keiner von uns. Wir ... wir wurden ... nun ja, in einem Labor geboren.«
Blu schaute sie verständnislos und schockiert an.
»Was meinst du damit?«
»Ich hatte ganz wörtlich genommen keine Mutter.
Ich war das Produkt einer Verbindung biologischer Stoffe in einem genetischen Speziallabor.«
»Das verstehe ich nicht. Es ist auch nicht wichtig.
Du siehst so aus, als wärst du ganz in Ordnung.«
»Was möchtest du von mir?«
»Nur, daß du dich nicht in Tor verlieben darfst.«
Sie wandte sich um. »Was? Was meinst du damit?
Ich ...«
»Setz dich!«
»Ich will nicht ...«
»Setz dich einfach hin! Bitte!« Sie gehorchte. »Wir müssen dir etwas Anständiges zum Anziehen besorgen«, sagte Blu.
»Hast du mich hier heraufgebracht, um mir das zu sagen? Sag mir doch, was du sagen willst. Um meine Kleidung kümmere ich mich schon selbst. Vielleicht ...« Sie hielt inne.
Blu schaute sie spöttisch an. »Nun, es ist so. Es ist eine Sache, wenn du dich aus Reue um Tor küm-merst, weil du ihn verletzt hast. Es ist etwas anderes, wenn du ihn ...«
»Wenn ich ihn liebe?«
Blu schluckte. »Vielleicht ist es müßig. Ich weiß es nicht. Tor ist ein seltener Mensch. Er wurde als Kind von den Tusco entführt, und die verkauften ihn weit in den Süden an die Alats. Irgendwie hat er das alles überlebt, ist entkommen und zu einem ungewöhnlichen Axtschwinger herangewachsen. Aber noch ehe er seine volle Reife erreichte, fand der Kampf um Nordwall statt – einer der Pelbarstädte. Und das war das Ende der Feindseligkeit zwischen Shumai und Pelbar. Und sogar mit den Sentani. Jestak – du hast ihn soeben kennengelernt –, er war dafür mehr verantwortlich als sonst jemand. Er hat begonnen, ein Volk aus uns zu machen. Alle Shumai scheinen seß-
haft zu werden. Ich gebe zu, daß die alte Lebensweise hart ist. Aber es fällt uns schwer, sie aufzugeben. Und doch sind auch diesen Sommer zwei von den Banden ausgestiegen, um sich einer Rinderfarm oben am Isso-Fluß anzuschließen. Ich spüre, wie ruhelos die anderen sind. Diesen Sommer hat nicht Tor die Bande ge-führt. Ich habe es getan. Aber ich bin nicht Tor. Er ist ganz Axtschwinger.«
»Ganz Axtschwinger?«
»Sie sind mit dem Land verheiratet, mit Frauen haben sie gewöhnlich nichts im Sinn. Oft sind sie sonderbar still und zerstreut wie Tor. Oft wirken sie un-tätig. Aber sie haben so eine Art, Dinge zu wissen, wie die Tanwölfe, durch Instinkt. Oft sind sie sehr ge-schickte Redner. Und sie sind zu großen, körperli-chen Leistungen fähig.«
»Und du fürchtest, daß ich das alles verderben könnte.«
»In gewissem Sinne ja. Aber das ist nicht das Problem. Auch du würdest nicht glücklich werden. Tor grübelt schon die ganze Zeit über das Verschwinden der Läuferbanden nach. Das kann man sehen. Er weiß, daß er niemals Farmer sein oder in einer Siedlung leben wird. Nun wird sein Leben dreimal so schwer, weil er seinen Arm verloren hat. Aber ich bin sicher, daß er im Herzen Axtschwinger bleibt, ganz gleich, was kommt. Tristal war krank, aber jetzt, wo es ihm
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