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Pelbar 4 Der Fall der Muschel

Pelbar 4 Der Fall der Muschel

Titel: Pelbar 4 Der Fall der Muschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Williams
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ausdrücken. Ich spüre eine unbestimmte Vorahnung, die in diesen Rat hineinragt wie die Spitze von Craydors Grabmal. Wir sind auf dem Weg, ein geteiltes Volk zu werden, wir, die wir von Einigkeit so abhängig sind. Ich habe Angst um uns. Die wahren Bindemittel dieser Gesellschaft waren immer Gerechtigkeit, gegenseitige Rücksichtnahme und Liebe. Jetzt werden daraus Gewalt und Einschüchterung. Das wird uns spalten. Keine Feindseligkeit von außen hält uns mehr zusammen. Schon haben wir die jungen Gardisten verloren, die Gamwyn nach Pelbarigan gebracht haben. Ihre Unzufriedenheit ist sicher kein Einzelfall. Diese Vorahnung habe ich, sie hängt über mir wie Herbstnebel über dem Fluß. Sicher haben auch einige von euch sie gespürt.«
    »Eine Vorahnung, Ardena? Ich spüre nichts dergleichen. Ich sehe nur die klare Flamme reiner Gerechtigkeit am Werk, die Unreinheiten wegbrennt«, sagte die Protektorin. »Ich möchte noch hinzufügen, Ardena, daß wir in Craydors Augen wohl sicher sind, denn eine Inschrift am Eingang zu Craydors Grabmal lautet: ›Diese Stadt wird erst fallen, wenn ich mich aus ihr erhebe.‹ Der Eingang ist endgültig verschlossen, und sie scheint wie immer sicher an ihrem Platz zu liegen.« Die Protektorin lächelte matt und warf einen prüfenden Blick durch den Raum. »Gibt es noch weitere Bemerkungen?«
    Bival erhob sich. Die Protektorin machte ein überraschtes Gesicht. »Protektorin, wenn du gestattest, möchte ich nur sagen, daß ich es zuftiefst bedauere, der Ursache all dieser Schwierigkeiten so nahe zu sein. Jeglicher Zorn, den ich auf den Jungen hatte, ist verflogen, aber ich möchte doch dem Gesetz gehorchen, das die Protektorin um meinetwillen beschwo-ren hat. Sie hat mich darauf hingewiesen, daß es falsch von mir war, dem Jungen eine besondere Ausbildung in Mathematik und Geometrie zuteilwerden zu lassen, als ich glaubte, ein vielversprechendes Talent in ihm zu entdecken. Zweifellos nahm ihm das seine Hemmungen, so daß er sich solch schockieren-de Freiheiten herausnahm.«
    Während Bival sprach, starrte sie auf das Dreieck im Fußboden, das einmal die Spitze von Craydors Grabmal gewesen war. Steckte hinter diesem Entwurf mehr, als sie begriffen hatte? Sie beschloß, weiter darüber nachzudenken.
    Die Protektorin hüstelte, und Bival merkte, daß sie immer noch stand, obwohl sie aufgehört hatte zu sprechen. »Du kannst dich wieder setzen, Bival«, sagte die Protektorin: »Wenn jetzt keine Äußerungen des Bedauerns und keine poetischen Betrachtungen mehr anstehen, können wir uns wohl vertagen.« Sie klatschte in die Hände. Als sie sich zum Gehen erhob, erschien die Ardena an ihrer Seite.
    »Ich bitte dich um eine Gunst, Protektorin.«
    »Du hast doch deine Ansicht deutlich genug kund-getan. Jetzt willst du noch mehr Vergünstigungen?«
    »Ich möchte nur den Jungen im Gefängnis besu-chen und ihm deine Entscheidung mitteilen – um ihn zu überzeugen, daß Reue angebracht ist.«
    Die Protektorin zögerte. Sie konnte an der Bitte nichts Schlimmes finden. »Gut, Ardena. Das kannst du machen.« Sie wandte sich lächelnd ab, denn sie spürte, welche Verpflichtung sie der Ardena damit auferlegte.
    Ein volles Tagesviertel später hörte Brudoer, der die seltsamen, geometrischen Muster an der Mauer anstarrte, überzeugt, daß Craydor damit etwas sagen wollte, das Knirschen der Tür. Er stand auf, drehte sich um und sah zu seinem Erstaunen die Ardena eintreten. Er verneigte sich nicht, wie es die Höflichkeit eigentlich verlangt hätte. Sie versteifte ihren Rük-ken.
    »Junge«, begann sie. »Bin ich bei dir sicher, wenn der Gardist weggeht?«
    »Du, Ardena? Natürlich. Du hast mich nicht geschlagen, und du hast meinem Bruder nicht das Gesicht zerschnitten.«
    Die Ardena gab dem Gardisten einen Wink, der ging hinaus und schloß die Tür. Brudoer und die Ardena blickten zur Tür und sahen dort den Schatten des Wächters, dicht genug, um alles zu hören.
    »Du bist ein halsstarriges Kind, mein Junge. Du weißt, was Höflichkeit ist. In deiner Lage tätest du gut daran, sie auch zu üben.«
    »Bist du hergekommen, um mich Höflichkeit zu lehren, Ardena?«
    »Auf deine Ironie kann ich verzichten. Ich bin gekommen, um dir zu raten und zu helfen, und du machst es mir sehr schwer.«
    »Ich?« Brudoer lachte.
    »Anscheinend hängst du also an deiner schmud-deligen Zelle. Vielleicht möchtest du gar nicht hören, was ich dir sagen will.«
    »Das liegt bei dir, Ardena.«
    Die alte Frau war sprachlos.

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