Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
Natürlich ist dazu das Einverständnis der Sentani-Delegation erforderlich. Wir halten dieses Angebot für großzügig, da wir immer noch der Ansicht sind, daß das ganze Territorium traditionell uns gehört.« Igant setzte sich.
Ahroe schaute zu den Sentani hinüber. Desdaan wirkte völlig verblüfft. »Wünscht die Sentani-Delegation auf das Angebot zu antworten?« fragte sie.
Desdaan stand mit einigermaßen rotem Gesicht auf. »Ich ... im Augenblick nicht, Vorsitzende. Der Vorschlag ist sicher sehr verdienstvoll, aber wir müssen ihn gemeinsam überprüfen – was wir heute abend tun werden. Wir werden zu gegebener Zeit darauf antworten.«
Als Ahroe zu Igant zurückschaute, glaubte sie, auf seinem Gesicht ein leichtes Feixen zu sehen. Was hatte das zu bedeuten? Waren die Sentani nicht zu einem Kompromiß bereit? Warum nicht? Das Angebot schien großzügig, und es würde aus einer Sack-gasse herausführen, in die diese Beratungen wiederholt gekommen waren.
Sie würde Desdaan am Abend danach fragen, wenn sich eine Gelegenheit ergab. Sie hatte gespürt, daß sich die Sympathien ein wenig verschoben hatten. Wenn sie weiterhin von Nutzen sein wollte, mußte sie makellos neutral bleiben. Wieder schaute sie zu Desdaan hinüber. Sein schlanker, wie gemei-
ßelt wirkender Kopf erschien ihr als der Inbegriff männlicher Feinheit, Empfindsamkeit und Einsicht.
Ein jungenhaftes Grinsen konnte sie sich bei ihm nicht vorstellen – so wie Stel es gerne aufsetzte, um jede Gelegenheit lächerlich zu machen. Aber hier stimmte etwas nicht. Was war es?
ZWEIUNDZWANZIG
Zwei Tage später, nach Sonnenhochstand, verkündete Ahroe den versammelten Abgeordneten: »Wir haben unsere Vorschriften in bezug auf den Handel recht mühelos zum Abschluß gebracht. Morgen werden wir einen Antrag bezüglich eines gemeinsamen Währungssystems behandeln – die Ergebnisse einer Ausschußstudie. Jetzt ist noch ein Punkt aus unseren vor kurzem getroffenen Gebietsentscheidungen übrig: Ist die Sentani-Delegation in der Sache des Binhan-Territoriums zu einer Entscheidung gelangt?« Sie blickte zu Desdaan hinüber, der ihr die Ansichten der Sentani in dieser Sache nicht anvertraut hatte.
Desdaan stand auf. »Leiterin, wir sind nicht bereit, die Angelegenheit zum jetzigen Zeitpunkt zu besprechen. Bei dem Vorschlag der Peshtak tauchen einige Probleme auf, hauptsächlich, daß das beste Land in ihrem Sektor liegen würde, und daß wir ihnen mit großem Verlust drei Sommersiedlungen überlassen müßten. Falls es dazu käme, müßte irgendeine Entschädigung vorgesehen werden. Wir arbeiten gerade an einer anderen Formel. Die Angelegenheit wird am Ende sicher gerecht entschieden werden, und wir wollen die Konferenz damit nicht aufhalten. Wir empfehlen daher, wie schon einmal, die Grenze im Augenblick noch unbestimmt zu lassen.«
Ahroe warf Igant einen schnellen Blick zu und fing ein leichtes, sarkastisches Lächeln auf. »Wünscht die Peshtak-Delegation die Angelegenheit zu besprechen?« fragte sie. Igant hob beide Hände, das Zeichen der Peshtak für Verneinung.
»Schön«, sagte Ahroe. »Dann müssen wir zur Unterstützung der Ausbildung übergehen. Hier wurde die Frage nach einer von allen unterstützten Bil-dungseinrichtung aufgeworfen. Möchte sich jemand zu diesem Thema äußern?«
Um diese Zeit trat auch in Pelbarigan der Rat zusammen. An der Spitze einer sehr erstarkten konser-vativen Partei hatte wieder Sobri das Wort ergriffen.
»So will ich nun die Protektorin fragen, ob sie tatsächlich schriftlich oder, was dasselbe ist, über Funk, unserer Chefabgeordneten Ahroe Westläufer mitgeteilt hat, sie unterstütze das Verhalten dieser Abgeordneten – ihr persönliches Verhalten – während der Beratungen in Threerivers.«
Sagan zögerte. Sie hatte den Verdacht, daß Sobri sich irgendwie eine Kopie des Funkspruchs beschafft hatte. Dessen Sinn war anders, als es den Anschein hatte. So, wie die Diskussion gelaufen war, konnte es den Konservativen durchaus gelingen, der Konferenz die Unterstützung Pelbarigans völlig zu entziehen.
Sobri hatte abgewartet, bis die hohen Kosten offenbar geworden waren. Darauf hatte sie dann noch die religiöse Frage gesetzt, die Frage der Integrität der Pelbar und ihrer Gebietsrechte, und Ahroes geteilte Loyalität. Ohne den letzten Punkt konnte Sagan, da war sie ganz sicher, den anderen standhalten.
Es war gewiß übertrieben. Sie war überzeugt davon, daß Ahroe keine gräßliche Ungehörigkeit be-gangen
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