Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
aber ziemlich entschlossen an. »Stel. Ich wollte gerade nach dir schicken. Wir haben uns folgender-maßen entschieden: Wir haben abgestimmt und herausgefunden, daß mehr als die Hälfte von uns an euren neuen Ort gehen wollen. Wir glauben, daß wir dort größere Chancen haben. Wahrscheinlich geht es dort freier zu.«
»Iver.«
»Ja. Iver. Wir haben sogar Karten aus dem Vorrat des Flottenmeisters, auf denen man sieht, wie man dahin gelangt. Die anderen aber wollen den Heart hinunter ins Pelbar-Gebiet.«
»Aber ...«
»Ich gehe nach Iver. Du mußt die anderen zur Portage bringen. Du kannst die ›Flucht‹ nehmen. Wir nehmen die ›Sturmwolke‹ und die ›Tanwolf‹. Wenn du das Schiff nicht durch die Portage bringst, mußt du es dort verbrennen.«
»Ich ...«
»Wir nehmen die Frau des Informationsmeisters mit. Du nimmst die Tochter – und natürlich Fenn.
Wir geben dir die Tochter, wenn du uns nicht danach fragst, was mit der Mutter passiert.«
»Wie kann ...«
»Du bekommst das Buch und die Maschinen aus dem Museum.«
»Die gehören deinen Leuten. Ich will nur das Buch.«
Ein Peshtak griff in die Truhe, holte es heraus und reichte es Stel. Der nahm es, glättete den Einband, betrachtete es einen Augenblick lang und schaute dann wieder Sufy an.
»Morgen früh werden wir uns trennen. Von Ver-folgerschiffen haben wir nichts mehr gesehen. Wenn wir viele Segel setzen, sind wir ohnehin vor den Tantal dort. Du mußt uns einen Brief geben. Habt ihr eine Fahne, die wir aufziehen können?«
»Ich zeige euch, wie man sie zeichnet. Sie ist aus braunem Tuch, spitz zulaufend, darauf sind Sonnen-blumen in der Form von Pells Sternen angeordnet, der Gruppe, die die Shumai die Wildgans nennen. Ich verstehe immer noch nicht ...«
»Ich würde dir raten, die beiden Mädchen auseinanderzuhalten, sonst behinderst du die Fortschritte bei der Befreiung deiner Tochter. Vielleicht probieren wir es bei dem Tantal-Mädchen aus.«
Stel schauderte. »Nein. Bitte, das nicht! Laßt sie, wie sie ist.«
»Du bist weich, Stel. Zu weich.« Sie hielt inne.
»Andererseits bist du der Mann, dem wir die Zerstö-
rung von Ginesh verdanken.«
Er lächelte wehmütig. »Das war offenbar leichter, als das Denken eines einzigen Kindes zu ändern. Ich verstehe jetzt, wie es einst zur Zeit des Feuers kommen konnte – genau auf diese Weise. Es ist so schwer, zu einer Übereinkunft zu gelangen. Neue Waffen zu entwerfen ist so einfach, so mechanisch.«
»Ja. Nun, im Augenblick haben wir genug zu tun.
Für Philosophie ist keine Zeit. Laßt ihr mich jetzt alle einen Augenblick lang mit Stel allein? Ich muß zum Abschluß noch ein paar Dinge mit ihm besprechen.«
Die Peshtak verließen schweigend den Raum.
»Setzt du dich zu mir?« fragte Sufy. Stel gehorchte.
»Weißt du noch, wie wir uns unter Ginesh umarmt haben, alte Kanalratte? Einmal müssen wir das noch tun.« Sie streckte die Arme nach ihm aus und flü-
sterte: »Vorsichtig. Ich bin immer noch ziemlich wund.« Als sie sich umarmten, sagte sie: »Ich wünschte, du gehörtest mir – wirklich mir.«
Stel antwortete nicht, aber er streichelte das Haar, das ihr über die Ohren fiel, und glättete es.
»Wenn du deine Frau nicht zurückbekommst, Stel, besuchst du mich dann?«
»Ja.«
»Du bist ein Mann mit Ehrgefühl, Stel.« Sie hielt inne. »Ich glaube aber schon. Du bekommst sie zu-rück. Wenn nicht, ist sie nicht viel wert.«
»Sie ist viel wert, Sufy. Wenn du nach Süden kämst und sie kennenlerntest, würdest du es sehen.«
»Aber du mußt verstehen, daß ich das nicht kann.
Es sei denn, du kommst gleich mit mir. Wie es jetzt ist, bin ich im Norden besser aufgehoben.«
»Ich kann nicht ...«
»Ich weiß. Aber du möchtest, nicht wahr?«
»Ja.«
»Nun, das reicht. Und jetzt müssen wir anfangen, die Leute aufzuteilen. Du mußt gehen, Stel. Küß mich noch einmal.«
Das tat er, dann erhob er sich und nahm sein Buch.
»Noch etwas, Stel.« Er drehte sich um. »Ich glaube nicht, daß sie die Frau foltern werden. Sie kann uns von Nutzen sein, wenn sie am Leben bleibt – das ha-be ich ihnen gesagt. Ich glaube, die Tantal fahren nach Iver. Was noch von ihnen übrig ist. Ich glaube auch nicht, daß eure Peshtak das Kind foltern werden. Das macht keinen Spaß, wenn die Mutter nicht zusehen kann.« Sie lächelte säuerlich. Stel lächelte zu-rück und fragte sich dabei, wie ironisch sie diese Feststellung wohl gemeint hatte. Dann ging er.
Bis zum späten Nachmittag waren alle
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