Pelbar 6 Das Lied der Axt
Mitternacht, als er im Norden einige Nachzügler erblickte – Verwundete und Leute, die ihnen halfen, sie bewegten sich langsam, weit auseinandergezogen über das Eis.
Er entschied sich für die letzte Gruppe, vier Männer, nur einer davon unverletzt, stürmte hinter einer hoch aufragenden Eisfalte hervor und schlug sie mit schnellen Schwüngen seiner Axt nieder. Dann nahm er einem den langen Pelzmantel ab und legte dabei die schwarze Lederkleidung frei, die sie während des Kampfes alle trugen. Ein zottiger Hut half ihm, seinen hellen Zopf zu verbergen. Er trabte weiter und zog den Schlitten mit einer Leiche darauf hinter sich her.
Bald holte er, während er mit gesenktem Kopf aus-schritt und den Schlitten hinter sich her zog, eine zweite Gruppe aus drei Leuten ein.
Einer der Männer sprach ihn an. Er tat so, als hörte er es nicht, dann ließ er das Seil fallen, schwang die Axt und schlug die drei nieder. Aber so geht es nicht, dachte er. Früher oder später werden sie mich kriegen. Schließlich umfaßte die Streitmacht der Gegner, das hatte er vom Ballon aus geschätzt, mindestens hundertfünfzig Mann.
Tor schob den Schlitten hinter eine Auffaltung in der Gletscheroberfläche und ließ ihn dort stehen. Er trabte in südlicher Richtung weiter und hoffte, daß etwaige Gefangene bei den Nachzüglern sein würden. Nach einiger Zeit wurde er langsamer, denn er sah, daß er den langen Zug schon zum größten Teil überholt hatte. Er wählte sich eine schattige Senke im schneebedeckten Eis, kauerte sich nieder und wartete.
Sieben Gruppen waren vorbei, ehe er sie sah – ein Mädchen mit einem Baby im Arm, und ein kleiner Junge wurden von fünf Männern weitergetrieben. Die Männer schienen alle kräftig und unverletzt zu sein.
Tor merkte, wie sein Herz hämmerte, während er sich vorsichtig den Männern anschloß, gebückt, um seine Größe zu verbergen. Da sich die Abstände zwischen den Männern ständig veränderten, versuchte er, jenen genau passenden Augenblick zu finden, in dem er sie alle erwischen konnte. Von weit hinten kam schwach ein Schrei – Tor wußte, das bedeutete, daß man eine der Leichen entdeckt hatte. Zwei der Männer drehten sich um, dann die anderen. Tor stapfte noch drei Schritte weiter, dann schwang er seine Axt und machte die Männer nieder.
Das Mädchen schrie auf. Tor packte es und sagte: »Renee? Dein Vater hat mich geschickt. Komm!« Er hob den Jungen und das Baby auf und lief voraus nach Süden, immer um die Eiskämme herum. Trotz seiner Last war er ihr weit voraus und mußte auf sie warten.
Endlich holte sie ihn ein. Sie keuchte: »Ich kann nicht. Meine Füße. Meine Füße erfrieren mir.«
Er sah, daß sie nur dünne Sommerschuhe anhatte.
»Vorwärts!« sagte er. »Kannst du bis vierhundert zählen?«
»Ja.«
»Geh noch vierhundert Schritte weiter. Dann kann ich etwas für deine Füße tun.«
Tor blieb hinter ihr und schaute zurück. Niemand kam unmittelbar hinter ihnen her, aber bald, nachdem er angefangen hatte, den Mantel in Streifen zu reißen, um ihr damit die Füße einzubinden, hörte er den Schrei, als man sie entdeckte. Er bemühte sich, ruhig zu bleiben und umwickelte erst ihre Füße, dann die des Jungen. Schließlich reichte er ihr das Baby und sagte: »Siehst du die Eisspitze dort? Da unten?
Geh dorthin! Versteck dich dahinter. Ich komme nach. Und jetzt lauf! Ich weiß, es ist schwer, aber es geht um dein Leben.« Er sah ihnen nach, folgte ihnen dann und zog den Rest des Mantels hinter sich her, um die Spuren im Mondlicht einigermaßen zu verwi-schen. Dann glättete er sie ein Stück weit völlig und legte eine Nebenspur, zog den Mantel aber immer noch hinter sich her. Die Nebenspur führte er um eine Senke im Eis herum, sprang von oben in die alten Spuren zurück und lief ungefähr zwanzig Armlängen weit rückwärts. Dann sprang er in eine andere Eisrinne hinunter und glättete den Schnee hinter sich, bis er um einen Eisvorsprung bog. Er drehte sich um, schaute und raste dann davon, während die Schreie der Verfolger hinter ihm lauter wurden.
Er fand die Kinder, die zitternd hinter der hohen Eisspitze kauerten. »Ich habe sie für kurze Zeit in die Irre geführt«, sagte er. »Kommt! Wir müssen weiter nach Süden.«
»Zu Hause liegt im Osten«, widersprach der Junge.
»Der Weg nach unten liegt im Südosten«, entgegnete Tor. Als sie gingen, zerteilte er den Mantel noch weiter und legte jedem Kind einen breiten Streifen davon um die Schultern. Dann nahm
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