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Pelte, Reinhard

Pelte, Reinhard

Titel: Pelte, Reinhard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inselbeichte
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ebenfalls Australien oder Trollinger Gundelsheimer Himmelreich aus Württemberg«.
    »Und zu den Zigarren? Dazu hast du doch wohl was Passenderes?«, wurde er wieder unterbrochen. Das war Pelle. Nur er konnte so direkt und schroff sein. Er saß an Jungs anderer Seite. Sein Spitzname leitete sich aus der gleichen Comicserie ab, der auch Jung seinen Spitznamen zu verdanken hatte. Sie beide hatten ansonsten nicht viel gemeinsam, waren aber auf diese komische Art miteinander verbunden.
    »Selbstverständlich, Pelle alter Schwede. Du kannst dich entscheiden zwischen Single Islay Malt Scotch, einem Bunnahabhain, oder Single Highland Malt Scotch, einem Glenmorangie. Wer es lieber süßer und leichter mag, für den gibt es einen Tawny Port. Nun endlich zufrieden?«
    Das einsetzende beifällige Gemurmel und Immos Handzeichen waren der Startschuss für den Service, mit dem Auftragen des Menüs zu beginnen. Gespräche zwischen Tischnachbarn setzten ein, und als die Suppe aufgetragen wurde und die ersten Gläser leer getrunken waren, schwebte über der Tafel der gesellige Sound aus klimperndem Besteck, Lachen und Reden in allen Tonlagen und Lautstärken.
    »Du bist also bei der Kripo, Tomas«, begann Pelle ein Gespräch. Jung fiel auf, dass er ihn mit seinem Vornamen ansprach und nicht mit seinem Spitznamen.
    »Ja, erstaunlich nicht wahr?«
    »Mich erstaunt das nicht. Es passt zu dir.«
    Die Einsichtigkeit seines Tischnachbarn amüsierte Jung. Er teilte sie nicht, schon gar nicht damals, als sie noch Schüler waren. Er wollte nicht weiter darüber reden und sagte: »Ja, Elmar, nur ich selbst staune noch manchmal über mich.« Sie lachten. Jung fühlte sich gezwungen, ihn ebenfalls mit seinem Vornamen anzusprechen.
    »Und was machst du so? Womit verdienst du dein Geld, Elmar?«
    »Ich bin Meteorologe.«
    »Was? Das hätte ich nie von dir gedacht.«
    »Ich auch nicht.« Sie lachten wieder.
    »Wie bist du denn darauf gekommen? Ist doch ziemlich ausgefallen.«
    »Das ist eine lange Geschichte, und ich will sie lieber nicht erzählen. Übrigens siehst du mitgenommen aus. Bist du krank?«
    »Was? Nein, ich bin nicht krank. Aber ich könnte Urlaub brauchen.« Jung irritierte die brüske Art seines ehemaligen Schulkameraden. Aber sie erinnerte ihn an denjenigen, den er kennengelernt hatte. Pelle umgab als Schüler eine merkwürdige Andersartigkeit. Er war nur in der Schule wahrzunehmen, und da auch nur schemenhaft. Außerhalb der Schule kam er nicht vor. Er verschwand dann in irgendeinem Vorort Husums. Sein Vater war ein hohes Tier in der Politik, und das gab ihm bei den Lehrern einen unübersehbaren Bonus. Sie fassten ihn mit Glacéhandschuhen an. Dessen war er sich überhaupt nicht bewusst, deshalb nutzte er es nicht aus. Ihm fehlte jegliche soziale Kompetenz. Es war ihm völlig egal, mit wem er sprach, er war nur an den Inhalten seiner eigenen Äußerungen und denen seiner Gesprächspartner interessiert. Wenn für ihn klar war, dass zu viel Bier zu Kontrollverlust und einem schmerzhaftem Brummschädel führte, dann war seine Konsequenz aus dieser Erkenntnis, nicht zu viel Bier zu trinken. Und wer es ihm nicht gleich tat und über den Durst trank, war einfach nur ein Idiot. Er machte keinen Unterschied, ob er seine Gedanken der Putzfrau oder dem Direktor der Schule vortrug. Das ließ ihn sowohl arrogant als auch respektlos erscheinen. Außerdem war er der Erste und blieb der Einzige, der aus den Sommerferien mit einem Vollbart an die Schule zurückkehrte. Er wurde vor den Direktor zitiert, und am nächsten Tag war der Bart ab. Aus heutiger Sicht würde Jung sein Verhalten als innere Vereinsamung interpretieren, der er vergeblich mit Vernunft und Verstand beizukommen versuchte. Aber die Reaktionen seiner Umgebung verstärkten nur seine Defizite und versteiften ihn. Er war ein Typ, in dessen Gesellschaft Jung sich beklommen fühlte und in der er vorsichtig wurde, zu viel und von der Leber weg zu reden, aus Angst, er würde ihm sogleich sein Geschwätz um die Ohren hauen. Dennoch mochte er ihn, manchmal bewunderte er ihn sogar, und er rührte ihn zugleich.
    »Ich kann dir eine gute Urlaubsadresse empfehlen«, ging Pelle auf ihn ein. »Ein Bekannter von mir vermittelt Ferienhäuser an der Algarve. Ich war selbst schon dort. Es ist wirklich schön.«
    »Oh, gerne. Portugal hat mich schon immer gereizt.«
    »Ich schreib sie dir auf.« Er sah auf seinen Teller. »Schmeckt übrigens gar nicht schlecht, das Roastbeef, was meinst

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