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Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)

Titel: Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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finden. Weil es hier keine gibt. Aber Sie
sind sicherlich aus einem anderen Grund hier, Herr Polizeiinspektor.«
    »Das stimmt«, erwidert Marcel friedlich. »Es geht um einen Verstoß
gegen die Meldepflicht.«
    Victor, der uns auf einem dickeren Kissen gegenübersitzt, hebt die
Arme. »Ich bitte Sie, wir sind alle im Bevölkerungsregister der Gemeinde
Büllingen und im belgischen Nationalregister erfasst!«
    »Nicht die Frau, die sich Cora nennt«, gibt Marcel zurück. »Könnten
Sie die bitte herrufen? Ich möchte mit ihr sprechen.«
    »Selbstverständlich.«
    Victor greift nach einem goldenen Glöckchen auf dem niedrigen Regal
neben sich. Auf sein Klingeln öffnet sich die Tür, und Gerti huscht herein.
    »Hol sofort Cora«, befiehlt Victor in einem recht unangenehmen Ton.
    Zu gern würde ich Marcel jetzt nach dem ominösen Nationalregister
befragen, aber ich verharre in meiner Rolle als Geist. Der jetzt gern einen
Tee, auch einen afrikanischen Rooibostee, getrunken hätte, aber ein solcher
wird uns nicht angeboten.
    Gerti kommt zurück, sieht Victor an, schüttelt den Kopf und geht
wieder.
    »Sie ist also momentan nicht da«, übersetzt uns Victor den
Blickaustausch.
    »Und wo können wir sie dann finden?«, fragt Marcel freundlich.
    Victor stößt einen tiefen Seufzer aus.
    »Ich bin nicht meiner Schwester Hüter, Herr Polizeiinspektor. Es
enttäuscht mich, Ihr Klischee zerstören zu müssen, aber ich bin nicht der
Oberguru einer Sekte, die ihre Mitglieder gefangen hält. Wir sind eine ganz normale
WG, die in Frieden leben und arbeiten will. Die Tür nach außen steht hier jedem Bewohner jederzeit offen. Kurzum, ich habe keine Ahnung, wo
Cora steckt.«
    »Dann seien Sie doch bitte so freundlich, mir die Personalien der
Dame mitzuteilen«, sagt Marcel.
    »Die soll sie Ihnen lieber selber nennen«, gibt Victor zurück.
»Nicht jede Frau ist beglückt, wenn ihr Alter in die Welt hinausposaunt wird.«
    »Frau Cora erschien mir wenig eitel«, kontert Marcel, »und da Sie
die Dame soeben selbst als Bewohnerin bezeichnet haben, machen Sie sich als
Hausbesitzer ebenfalls strafbar, wenn Sie sie unangemeldet bei sich wohnen lassen.«
    »Von wohnen kann bei Cora keine Rede sein, sie hält sich hier nur
vorübergehend auf.«
    »Seit wann?«
    Victor breitet die Hände aus, als wolle er uns segnen.
    »Haben Sie am Himmel gestern das großartige Schauspiel der Kraniche
gesehen? Sie ziehen nach Süden. Im Frühjahr kehren sie wieder zurück. Sie
pendeln hin und her, sind mal hier, mal dort. Wie Cora, sie ist ein Zugvogel.
Ihre Anwesenheit hat uns geehrt und so bereichert wie der Anblick der
majestätischen Kraniche.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass sie weitergezogen ist?«, setzt Marcel
der verräterischen Poesie – bereichert hat! – seine
spezielle Prosa entgegen.
    »Das glaube ich nicht«, erwidert Victor hastig, »sie hätte von uns
Abschied genommen. Wahrscheinlich besucht sie ihre neue Freundin auf der Kehr,
da hat sie sich in den letzten beiden Tagen öfter aufgehalten, und da sollten
Sie vielleicht nachfragen, falls das noch in Ihren Zuständigkeitsbereich
fällt.«
    Wir alle wissen, dass dies nicht der Fall ist. Und dass die neue
Freundin, falls ich damit gemeint sein soll, jetzt als Geisterwesen auf einem
unbequemen Bodenkissen im Sektenhaus hockt.
    Marcel entknotet seine Beine, greift nach dem Ordner und erhebt
sich, ohne die Hände zu Hilfe zu nehmen.
    »Ich gebe Frau Cora jetzt zwölf Stunden Zeit, für sich auszuweisen.
Ansonsten erfolgt administrative Festnahme zwecks Überprüfung der Identität«,
sagt er, öffnet den Ordner, blättert darin herum und schließt ihn mit einem
lauten Knall. »Auch Sie haben sich strafbar gemacht, Herr Müller«, sagt er
streng. »Sie wissen, dass jeder Übernachtungsbesuch der Gemeindeverwaltung
gemeldet werden muss. Als für Sie zuständiger Beamter erteile ich Ihnen hiermit
eine Verwarnung.«
    Als für Sie zuständiger Beamter? Was ist
das für eine belgische Gepflogenheit? Nationalregister? Ich dachte, wir
Deutschen wären die Meister der Bürokratie!
    Nachdem ich mich irgendwie wieder auf zwei Beine gebracht habe,
wendet sich Victor plötzlich an mich.
    »Kann ich bitte kurz unter vier Augen mit dir sprechen, Katja?«,
fragt er höflich. Erschrocken, nun kein Geist mehr zu sein und wahrgenommen zu
werden, bleibe ich wie erstarrt stehen.
    »Ich warte im Auto«, ruft mir Marcel fröhlich zu und stiefelt dem
Ausgang entgegen. Die wuchtige Eichentür knallt ins

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