Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
unausgeschlafenen Marcel im sehr verkrumpelten Hemd. Das
trug er, als er mich vor anderthalb Jahren zu meiner ersten Vernehmung in den
Gastraum dieses Hotels beorderte. Richtig unsympathisch war mir der belgische
Polizeiinspektor aber schon damals nicht gewesen.
»Und von diesem Hotel aus ist er vor drei Tagen auch angerufen
worden.«
»Buchungsbestätigung?«, schlage ich ungeduldig vor. Herr Eichhorn
mag mir ja irgendwie verdächtig vorgekommen und eines merkwürdigen Todes
gestorben sein, aber mich interessieren der Tod von Hans-Peter und die
irrsinnige Wanderung von seiner Frau erheblich mehr.
»Nein«, sagt Marcel, »der Mann hat sich am Tag danach ganz spontan
ein Zimmer geholt. Ohne Voranmeldung. Und gestern Mittag hat er wieder ausgecheckt.«
»Bevor er bei mir auf der Kehr erschien.«
»Genau. Nachdem du ihn zu dir bestellt hast. Wahrscheinlich sogar,
weil du ihn zu dir bestellt hast.«
»Wie bitte?«
Marcel blickt mich traurig an.
»Nicht schon wieder, Katja«, sagt er müde und fasst über den Tisch,
als wolle er mir die Hände streicheln. Aber er greift nur nach einem Stück
Gouda. »Das hat dich letztes Jahr auch in Schwierigkeiten gebracht. Mir
wichtige Dinge zu verschweigen.«
»Ich habe dir alles erzählt! Bis auf …«
»Bis auf?«
»… die Tatsache, dass ich gestern nach der Sache in Krewinkel nicht
gleich nach Hause, sondern noch in der Gegend herumgefahren bin«, gestehe ich
schließlich. »Nach all dem Drama hatte ich keine Lust auf ein schreiendes Kind
und eine glückselig plaudernde Gudrun, das musst du doch verstehen.«
»Darum geht es hier jetzt nicht, Katja«, sagt Marcel. »Wir haben
Herrn Eichhorns Handy ausgewertet. Der letzte Anruf, ganz kurz vor seinem Unfall, kam aus der Einkehr .
Jetzt gib schon zu, dass du den Mann gekannt und angerufen hast, Katja. Ein
Privatdetektiv aus Berlin. Den hast du doch engagiert. Wem sollte der hinterherschnüffeln?
Deinem Hans-Peter? Der verschwundenen Gattin? Das kannst du mir doch sagen!«
Ich schüttele den Kopf.
»Da muss ein Irrtum vorliegen, Marcel.«
»Nein, Katja, tut es nicht. Holger Eichhorn ist eindeutig von der
Festnetznummer der Einkehr angerufen worden. Jetzt
rück doch endlich mit der Wahrheit raus! Was hast du denn zu verlieren?«
Dich, denke ich, hebe verzweifelt die
Schultern und beschwöre ihn: »Ich war das nicht, Marcel, wirklich nicht, du
weißt doch, dass ich fast immer nur mein Handy benutze.« Fieberhaft denke ich
nach. »Vielleicht hat Gudrun ihn angerufen? In Hans-Peters Auftrag?«
»Oder Jupp. Oder Hein«, sagt Marcel kopfschüttelnd. »Mit denen wirst
du mir auch noch kommen. Genau wie letztes Mal. Gudrun habe ich übrigens schon
gefragt, die hat zu dem Zeitpunkt Windeln aus Kronenburg geholt. Das konnten
wir verifizieren, weil Hans-Peter sie fast auf die Minute zur gleichen Zeit aus
Euskirchen angerufen hat. Außerdem ist sie an der Rezeption des Burghauses
gesehen worden, als sie sich den Zimmerschlüssel ausgebeten hat.«
Ich will gerade spitz anmerken, seit wann er in Deutschland denn
selbst ermitteln dürfe, als mir etwas einfällt.
»Cora!«, rufe ich aufgeregt. »Die war allein im Haus, die hatte sich
da hineingestohlen. Und sich mit dem Baby vor mir versteckt, als ich wieder
reinkam! Cora muss ihn angerufen haben!«
Als ich beim Stall war. Wenn sie gleich nach meinem Weggang die Einkehr betreten hat, wäre ihr für einen Anruf reichlich
Zeit geblieben.
»Woher sie ihn kennt und warum, weiß ich nicht, aber irgendwie hängt
die ganz tief in der Sache mit drin«, sage ich. »Das spüre ich einfach! Und sie
hat auch mal in Berlin gelebt. Vielleicht ist es gar kein Zufall, dass ich sie
kennengelernt habe. Kann durchaus sein, dass sie es drauf angelegt hat.«
»Du meinst, dass sie noch eine Rechnung mit deiner alten Liebe offen
gehabt haben könnte?«
Die Hoffnung, das Wort Liebe von Marcel in einem anderen
Zusammenhang zu hören, begrabe ich endgültig, angesichts dieses eiskalt
unterfragenden belgischen Beamten.
»Vielleicht, auch wenn sie so gar nicht sein Typ war.«
»Wer war das schon?«, fragt Marcel. »Du oder seine Frau?«
Wahrscheinlich sollte ich dankbar dafür sein, dass er sich den
Zusatz schön verkniffen hat. »Aber vielleicht ging es
ja gar nicht um die Liebe. Trink deinen Kaffee fertig, Katja. Wir werden uns
deine Igelfrau in Krewinkel gleich mal vorholen. Über sie habe ich nämlich noch
etwas anderes Interessantes herausgefunden.«
»Und was ist das?«, frage ich
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