Pendelverkehr: Ein Eifel-Krimi (German Edition)
hat. Sie hat unsere ganze Affäre einfach weiterlaufen lassen.
Warum nur? Weil sie in mir keine Gefahr für ihre Ehe sah? Weil sie mir nicht
zutraute, ihr den Mann gänzlich wegzunehmen? Weil sie vielleicht selbst eine
Affäre hatte? Weil ich einfach nicht wichtig genug war?
Das ist sehr wenig schmeichelhaft und …
»… schon unendlich lange her«, beende ich den Gedanken laut, nachdem
ich mir die geschmolzenen Tomaten auf der Zunge habe zergehen lassen. »Was hat
das bloß mit den Sachen von heute zu tun, mit Herrn Eichhorn, Gabys Verschwinden
und Wiederauftauchen, mit Hans-Peters Tod?«
»Die Dame hat Herrn Eichhorn wieder engagiert, noch in Berlin, vor
etwa zwei Monaten.«
»Natürlich wieder wegen Hans-Peters ewiger Fremdgeherei«, sage ich
nickend. »Der Mann konnte gar nicht anders. Damals gab es ganz bestimmt nicht
nur mich.«
»Das weiß ich nicht, ich habe die alten Dossiers nicht gründlich
studiert. Aber diesmal ging es nicht um eine Liebesgeschichte, sondern um die
Stiftung seiner Ehefrau. Zum Schutz bedrohter Arten oder so ähnlich. Der
liebende Gatte war Kassierer des Stiftungsrats. Er hat im Laufe der Jahre
offensichtlich Summen in Millionenhöhe unterschlagen und in Luxemburg
gebunkert. Dahinter ist Herr Eichhorn schon in Berlin gekommen.«
»Luxemburg liegt sehr nah«, sage ich, nachdem ich mich auch von der
Idee verabschiedet habe, dass Hans-Peter meinetwegen auf der Kehr aufgetaucht ist. »Einmal durch Krewinkel, nach Sankt Vith und dann
noch ein paar Kilometerchen.«
»Genau.«
»Vielleicht hat Herr Eichhorn die gestohlene Kohle in seinem
Kofferraum gesucht«, überlege ich laut weiter, »weil Hans-Peter das Geld schon
in Luxemburg abgehoben hat. Und vielleicht ist seine Frau …«
»… auch aus genau diesem Grund verschwunden«, fährt Marcel fort. »Um
ihm die Gelegenheit zu geben, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen, und ihn
dann zu stellen. Um sich heimlich mit Holger Eichhorn zu treffen und mit ihm
und seinen Informationen den Gatten hier in der Eifel zu überführen und die
ganze Sache quasi im kleinen Familienkreis zu regeln. Tut keiner Stiftung gut,
wenn ans Licht kommt, dass der Kassierer, noch dazu der Ehemann der
Stiftungsgründerin, die Gelder veruntreut hat.«
»Aber er ist nie weggefahren, war immer bei Gudrun«, gebe ich zu
bedenken.
»Weißt du das wirklich so genau? Vielleicht hat er Gudrun ja
mitgeholt. Vielleicht hat sie das Geld abgehoben.«
Ich versuche, mir die letzten Gespräche mit Gudrun ins Gedächtnis zu
rufen. Von Geld war da des Öfteren die Rede. Ihre Versicherung, Hans-Peter habe
genug, für sich mit ihr in der Eifel niederzulassen.
Aber eine Summe in Millionenhöhe? Hätte er sich da
nicht eher für die Karibik entschieden oder zumindest für eine Gegend, in der
die Sonne lange genug scheint, um Hautkrebs zu bekommen? Und so liebenswert und
attraktiv Gudrun auch ist und wie sehr sie seinen Bedürfnissen auch entgegengekommen
sein mag – wie lange hätte sie den Ansprüchen des reichen Mannes aus der
Metropole genügt?
Ich schüttele den Kopf.
»Nein, ganz bestimmt nicht«, beantworte ich Marcels Frage. »Das wäre
mir aufgefallen. Dazu war die Zeit auch zu kurz. Und außerdem hat er sein Auto
gar nicht bewegt. Das stand immer an der gleichen Stelle vor der Einkehr. Von der aus übrigens Herr Eichhorn angerufen
wurde, wie du so freundlich warst, mir vorzuwerfen. Wahrscheinlich von Cora«,
sage ich mit besonderer Betonung. »Die muss dann irgendwie mit Gaby zusammengearbeitet
haben.«
»Ist eine Möglichkeit, die ich aktuell untersuche.«
»Mithilfe des Nationalregisters.«
»Unter anderem.«
»Finde ich schon heftig bei euch in Belgien. Dass man sogar sein
Einkommen angeben muss!«
»Wir wollen eben niemanden in unser Land aufnehmen, der dem ÖSHZ,
unserem öffentlichen Sozialhilfezentrum, zur Last fallen könnte«, bemerkt er
gänzlich ungerührt. »Es gibt auch den umgekehrten Fall, wo sich jemand in
Belgien anmeldet, aber aus irgendwelchen dubiosen Gründen, wie
Steuerhinterziehung in Deutschland zum Beispiel, da nicht wirklich wohnt.«
»Und wie kommt ihr dahinter? Durch Befragung der Nachbarn?«
»Sicher. Aber hauptsächlich durch die niedrige Stromrechnung und im
Winter auch durch fehlende Spuren im Schnee.«
Spuren im Schnee! Warum nur erinnert mich
das an Asterix?
»Staatsschnüffler!«, halte ich ihm vor, was er achselzuckend und mit
der Bemerkung: »Im Dienste aller Bürger, also auch in deinem« quittiert.
»Da bedanke
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